Ferdinand Piëch Der Patriarch ist wieder da

Zwei Jahre hatte Ferdinand Piëch einen Bogen um das Aktionärstreffen der Porsche SE gemacht. Zu seiner Wiederwahl in den Aufsichtsrat des VW-Großaktionärs ist er wieder da. Aber wie lange bleibt er?

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Der im Groll aus fast allen Volkswagen -Gremien ausgeschiedene frühere Firmenpatriarch nahm an der Hauptversammlung des VW-Großaktionärs Porsche SE persönlich teil. Quelle: dpa

Stuttgart In diesem Jahr ist das Familientreffen perfekt. Die beiden vorangegangenen Hauptversammlungen der Porsche SE hat Ferdinand Piëch ausfallen lassen. Doch an diesem Tag ist er wieder da: Der 80-Jährige betritt die Stuttgarter Arena und nimmt auf der Bühne in der hinteren Reihe Platz, zwischen Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück und seinem Vetter Hans-Peter Porsche. „F.K. Piëch“ steht auf dem Namensschild, „K“ für seinen selten benutzten zweiten Vornamen Karl. Auf der Hauptversammlung muss alles korrekt sein. Ferdinand Piëch ist nicht allein gekommen, er hat auch seine Ehefrau Ursula mitgebracht: Sie setzt sich ins Publikum, gleich vorn in der dritten Reihe.

Der Sitz im Aufsichtsrat der Porsche-Familienholding ist das letzte Mandat von Ferdinand Piëch im Volkswagen-Imperium. Nach dem Streit mit dem damaligen VW-Konzernchef Martin Winterkorn hatte er sich schon vor zwei Jahren aus den Führungsgremien in Wolfsburg zurückgezogen.

An diesem Dienstag stellt sich der Volkswagen-Patriarch zur Wiederwahl, für fünf weitere Jahre soll er den Aufsichtsrat der börsennotierten Porsche SE gewählt werden. In der Holding haben die Familien Piëch und Porsche ihre Anteile an Volkswagen gebündelt, in Wolfsburg halten sie 52,2 Prozent der Stimmrechte und sind dort deshalb die entscheidenden Anteilseigner. Nicht nur die Rückkehr von Ferdinand Piëch ist ein Thema in Stuttgart. Auch der Diesel-Skandal wird auf der Hauptversammlung lebhaft diskutiert.

Doch es kann gut sein, dass Ferdinand Piëch nicht mehr allzu lange im Aufsichtsrat der Porsche-Holding sitzen wird. Seinen Anteil von knapp 15 Prozent am Familienunternehmen hatte er im April zum überwiegenden Teil an seinen Bruder Hans Michel Piëch verkauft. So lange die Transaktion nicht förmlich abgeschlossen ist, will der langjährige Volkswagen-Chef dem Aufsichtsrat weiter angehören und stellt sich deshalb zur Wiederwahl bei der Porsche SE. In Stuttgart wird damit gerechnet, dass der Verkauf zum Jahresende unter Dach und Fach ist. Danach könnte Ferdinand Piëch auch sein Mandat bei der Porsche-Holding niederlegen – und seinen Rückzug perfekt machen.

Die Familien-Holding ist nur ein kleines Unternehmen, gerade einmal 30 Beschäftigte arbeiten für die Porsche SE. Die Anteile an Volkswagen sind fast die einzige wesentliche Beteiligung. Wohl und Wehe hängen deshalb auch in Stuttgart ganz entscheidend an der Entwicklung des Volkswagen-Konzerns – und in der aktuellen Situation dreht sich auch bei Porsche alles um die Folgen der Dieselaffäre. Auch personell gibt es eine enge Verbindung zwischen Volkswagen und der Porsche SE. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch ist Vorstandsvorsitzender der Familien-Holding, Volkswagen-Chef Matthias Müller sitzt in Stuttgart ebenfalls im Vorstand.

Seit Mitte des Monats interessieren sich die Stuttgarter Staatsanwälte für Pötsch und Müller. In ihrer Rolle als Porsche-Vorstandsmitglieder könnten sie die Aktionäre der Familienholding zu spät über die Diesel-Probleme bei Volkswagen informiert haben. An der Börse war das Porsche-Papier wie die VW-Aktie nach dem Bekanntwerden des Skandals massiv eingebrochen.

Auf der Hauptversammlung stellt sich Hans Dieter Pötsch gegen die Ermittlungen der Stuttgarter Staatsanwälte. „Die Porsche SE ist davon überzeugt, dass keines ihrer Organmitglieder gegen kapitalmarktrechtliche oder strafrechtliche Vorschriften verstoßen hat“, sagte der Vorstandschef der Porsche SE. Näheres zum Gegenstand der Strafanzeige und des Ermittlungsverfahrens sei der Porsche-Holding bis heute nicht bekannt, ergänzte er. Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Anzeige der Finanzmarktaufsicht BaFin.


„Das letzte Jahr war für mich selbst ein schweres Jahr“

Wegen der strafrechtlichen Ermittlungen wandte sich Hans Dieter Pötsch direkt an die Porsche-Aktionäre: „Erlauben Sie mir an dieser Stelle ein persönliches Wort. Das letzte Jahr war nicht nur für Volkswagen und für die Porsche SE, sondern auch für mich selbst ein schweres Jahr“, sagte er. Nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Braunschweig wird gegen ihn in seiner Funktion als VW-Aufsichtsratschef wegen des Verdachts der Marktmanipulation ermittelt. Aber auch für das Braunschweiger Ermittlungsverfahren gelte: Bei Volkswagen sei nicht gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften verstoßen worden.

Die Porsche SE muss sich wegen der VW-Dieselaffäre auf langjährige Gerichtsverfahren einstellen, nicht nur wegen der strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihre aktiven Vorstände. Auch viele Aktionäre klagen wegen des Kurseinbruchs von September 2015. Beim Stuttgarter Landgericht sind fast 1000 Klagen eingereicht worden, der Streitwert erreicht fast eine Milliarde Euro.

Wirtschaftlich läuft es bei der Porsche SE ähnlich wie bei Volkswagen wieder besser. Im vergangenen Jahr hat die Familien-Holding nach Steuern rund 1,3 Milliarden Euro verdient. Für 2015 steht ein Verlust von fast 300 Millionen Euro in den Büchern. Im laufenden Jahr könnte es noch mehr werden: Sollte Volkswagen keine neuen Rückstellungen für den Dieselskandal verbuchen, könnte die Porsche SE bis zu drei Milliarden Euro verdienen. Mit einer großzügigen Dividende können die Aktionäre nicht rechnen: Wie im vergangenen Jahr gibt es 1,004 (Stammaktie) und 1,010 Euro (stimmrechtslose Vorzugsaktie).

Im Aufsichtsrat werden künftig nur noch die Kapitaleigner vertreten sein. Die Arbeitnehmerseite verzichtet auf ihre Mitbestimmungsrechte. IG Metall und Betriebsräten reicht es aus, dass sie in den Aufsichtsräten bei Volkswagen, Audi und beim Sportwagenhersteller Porsche (eine eigene AG und nicht teil der Familien-Holding) vertreten sind. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, sein Porsche-Kollege Uwe Hück und der frühere IG-Metall-Chef Berthold Hubert ziehen sich aus dem Aufsichtsrat der Holding zurück.

Am Nachmittag soll der verkleinerte und allein mit Vertretern der Kapitalseite besetzte Aufsichtsrat gewählt werden. Die Familien Porsche und Piëch halten ausschließlich die Stammaktien mit Stimmrecht. Ihre Wahlvorschläge sind deshalb als sicher. Im neuen Porsche-Aufsichtsrat werden sitzen: Wolfgang Porsche, Ulrich Lehner, Hans Michel Piëch, Oliver Porsche, Hans-Peter Porsche – und eben Ferdinand Piëch. 

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