
München Handelsblatt: Herr Behle, wie wichtig ist der chinesische Luftfahrtmarkt für die Branche?
Egon Behle: Enorm wichtig. Mittlerweile geht jeder fünfte ausgelieferte Airbus nach China. In den kommenden 20 Jahren werden in China rund 4 000 neue Flugzeuge gebraucht, an jedem hängen Triebwerke. Wir sind frühzeitig in das Instandsetzungsgeschäft eingestiegen und haben seit zehn Jahren ein Joint Venture mit China Southern zur Triebwerkswartung.
Bislang kennt man China aber nur als Abnehmer der Flugzeugindustrie. Wann wird das Land Produzent?
China hat schon einige Anläufe genommen, bislang noch nicht richtig erfolgreich. Das ändert sich jetzt. Airbus fertigt die A320 in China, davon lernt man. Die von Comac entwickelte C919 soll nach letzten Informationen 2017 als Konkurrent zur A320 auf den Markt kommen. Da wird zunächst ein Triebwerk von General Electric und Snecma verwendet. Aber klar ist: Es soll rasch ein chinesischer Antrieb entwickelt werden.
Dafür leisten Sie Schützenhilfe. Die MTU will mit der staatlichen Acea den Bau eines Triebwerks prüfen.
Man braucht einen sehr langen Atem im Triebwerksbau, aber an der Ernsthaftigkeit besteht kein Zweifel. China will in den kommenden zehn Jahren einen zweistelligen Milliarden-Dollar-Betrag in die Hand nehmen, um eine eigene Triebwerksfamilie zu entwickeln. Da entsteht ein neues Konsortium neben den bereits bekannten westlichen Anbietern. Wir wollen sehr frühzeitig als Technologiepartner an der Entwicklung teilhaben.
Wann wird das chinesische Triebwerk einsatzbereit sein?
Die Chinesen sagen 2020, wir sind etwas vorsichtiger. Im Moment prüfen wir den Bedarf und die Voraussetzungen. Es geht um die technologischen Grundlagen, den Bedarf an Prüfständen, Zulieferungen und Zertifizierungen. Schließlich will man eine Zulassung der US-Luftfahrtbehörden.