Fresenius Medical Care Wie Deutschlands nächste Dax-Chefin tickt

Künftige FMC-Chefin Carla Kriwet Quelle: dpa Picture-Alliance

Vom 1. Januar an führt Carla Kriwet den Dax-Konzern Fresenius Medical Care. Dabei galt Fresenius bislang als Männerdomäne. Was bringt die 51-Jährige für den neuen Job mit?

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Ohne eine Frau würde es Fresenius so nicht geben: Else Kröner. Die langjährige Matriarchin, Ziehkind des Frankfurter Apothekers Eduard Fresenius, baute das Medizinunternehmen aus Bad Homburg nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Doch seit Kröners Tod im Jahr 1988 waren es vor allem Männer, die im Unternehmen das Sagen hatten. Ausnahmen wie Finanzchefin Rachel Empey bestätigen die Regel.

Nun hat es wieder eine Frau nach oben geschafft: Die 51-jährige Carla Kriwet übernimmt zum 1. Januar 2023 die Leitung der Tochtergesellschaft Fresenius Medical Care (FMC). Vorgänger Rice Powell geht in den Ruhestand. FMC fertigt Dialysegeräte inklusive Zubehör und betreibt weltweit über 4000 Dialysezentren. Wie der Mutterkonzern Fresenius ist auch FMC im Dax notiert. Kriwet wird damit Chefin eines Dax-Konzerns – die zweite erst nach Merck-Leiterin Belen Garijo. Erst vor wenigen Tagen hatte sie bei ihrem bisherigen Arbeitgeber Bosch Siemens Hausgeräte gekündigt.

Wie tickt Deutschlands nächste Dax-Chefin? Welche Voraussetzungen und Erfahrungen bringt sie mit? Kriwet gilt als nahbar und empathisch. Und – zumindest vordergründig – erfolgreich. Mutig und erfahren sei sie auch, sagt Fresenius-Chef Stephan Sturm über seine neue Top-Managerin.

Else Fernau (später Kröner) baut das Unternehmen Fresenius in der Nachkriegszeit auf. (Aufnahme aus dem März 1969) Quelle: Archiv Fresenius SE & Co KGaA


Von der Entwicklungshilfe zur BWL

Die künftige FMC-Chefin ist die Tochter des ehemaligen Thyssen-Chefs Heinz Kriwet. Zu Hause am Abendbrottisch sei jedoch nicht viel über das Unternehmen gesprochen worden, erzählte sie vor einigen Monaten im WirtschaftsWoche-Podcast „Chefgespräch“: „Mein Vater war bescheiden und hat sich nicht so wichtig genommen.“ Als viertes von fünf Geschwistern habe sie  früh gelernt, sich durchzusetzen.  Als junge Frau engagierte sie sich in einem  SOS Kinderdorf in Burundi. Sie wollte Entwicklungshelferin werden. Aber das Studium war ihr dann doch zu technisch. Also sattelte sie um auf Betriebswirtschaft, machte ihren Abschluss in St. Gallen.

Hören Sie hier den ganzen Podcast mit der bisherigen BSH-Hausgeräte-Chefin Kriwet: „Ich wurde viel unterstützt, auch von weißen deutschen Männern“

Mittlerweile kann sie eine ganze Reihe von Arbeitgebern vorweisen: Boston Consulting Group (BCG) , Daimler, Linde, Dräger, Philips und zuletzt Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Bei BCG leitete sie Beratungsprojekte im Gesundheitsbereich. Bei Dräger und Philips konnte sie bereits Erfahrungen in der Medizintechnik sammeln – was sie für ihren künftigen Arbeitgeber FMC interessant macht. Zu BSH war sie erst im Juli 2020 gekommen. Keine zwei Jahre später ist sie schon wieder weg, was intern für einige Verärgerung gesorgt haben soll. Erst vor wenigen Wochen präsentierte sie dort einen Rekordumsatz von 15,6 Milliarden Euro. Zumindest vordergründig klingt das nach einem Erfolg – Kriwet dürfte jedoch zugute gekommen sein, dass die Verbraucher während der Corona-Pandemie ihre Haushalte neu aus- und aufgerüstet haben. BSH lieferte dazu die passenden Küchenmaschinen und Kochfelder.

Nicht alles scheint Kriwet geglückt zu sein. Kurz bevor sie bei BSH anheuerte, hatte das Unternehmen die Küchenmaschine Cookit, einen Thermomix-Konkurrenten auf den Markt gebracht. Thomas Stoffmehl, Geschäftsführer des Thermomix-Erfinders Vorwerk, konnte dem Konkurrenzprodukt allerdings wenig abgewinnen. Der Cookit sei zwar „zweifelsohne ein gutes Gerät“, sagte er vor wenigen Wochen der WirtschaftsWoche, aber kein wirtschaftlicher Erfolg: „Ich kenne die Verkaufszahlen. Das ist ein Witz.“ BSH mochte sich auf Nachfrage nicht zu den Verkaufszahlen äußern, betone aber, dass man „schon viele Konsumenten“ für den Cookit habe begeistern können. Kriwet verfolgte auch die Idee, Haushaltsgeräte zu vermieten statt zu verkaufen. Zwar steigen die entsprechenden Umsätze stark, bewegen sich aber noch auf sehr niedrigem Niveau.

„Was soll ich als CEO machen?“

Bei BSH veranstaltete sie regelmäßig Hangout-Sessions – informelle, offene Austauschrunden mit Mitarbeitern. Viele Beschäftigte hätten sich so erst kennengelernt. Dabei sei es durchaus auch mal hart zur Sache gegangen, berichtet sie. Ihre Standardfrage lautete: „Was soll ich als CEO machen?“ Ob sie die Hangout-Sessons künftig auch bei FMC einführt, wird sich zeigen. Diskussionsstoff gibt es jedenfalls reichlich. Im ersten Quartal 2020 ist der Gewinn des Dialyseanbieters um fast 40 Prozent eingebrochen – wegen hoher Kosten und der „Übersterblichkeit“. Was bedeutet: Viele Dialysepatienten haben die Corona-Pandemie nicht überlebt. Zudem haben auch der Krieg in der Ukraine und Engpässe in den Lieferketten das Geschäft belastet.

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An der Spitze von FMC wird Kriwet jedenfalls nicht die einzige Frau sein. Ihr zur Seite steht Helen Giza als Finanzchefin und stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Ein solches weibliches Spitzenduo hat ansonsten kein Dax-Konzern zu bieten. Bei Merck ist Belen Garijo immer noch die einzige Frau im Vorstand.  

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