
Bei dem Weltfußballverband geht es drunter und drüber. Unmittelbar vor Beginn des Weltkongress der FIFA, auf dem auch die Präsidentenwahl stattfinden wird, hat die Schweizer Polizei einige namhafte bzw. notorisch bekannte Funktionäre verhaftet und Ermittlungen wegen Korruptionsvorwürfen gegen die FIFA eingeleitet. Dahinter stehen offenbar vor allem die Vereinigten Staaten, deren Regierung im Zusammenhang mit der Vergabe der Copa America 2016 in den Vereinigten Staaten Ermittlungen einfordert.
Gewohnt kaltblütig begegnet der FIFA-Präsident Sepp Blatter der Lage. Da er nicht betroffen ist, so kann man die Aussagen aus der FIFA-Chefetage verstehen, wird es keine Änderung des Zeitplanes für den heutigen Freitag geben. Die Wiederwahl des Herrschers über den Fußball soll wohl nicht gestört werden.
Es ist in der Tat erstaunlich: Seit der Kolumnist sich für Sport interessiert (also den frühen 1970er Jahre), ist Sepp Blatter eine zentrale Figur. Obwohl es im Weltfußball eine Reihe von Korruptionsskandalen und anderer Verfehlungen gab, ist es niemandem gelungen, die Strukturen in der FIFA nennenswert zu ändern.





Warum ist das so?
Die erste Antwort dürfte eng mit der Kommerzialisierung des Sports zusammenhängen. Es geht nicht mehr um erster Linie um den Spaß und den sportlichen Wettbewerb – Fußball ist ein extrem umsatzstarkes und ertragreiches Business geworden. Die jährlichen Budgets der größten Vereine bzw. deren gewerblicher Träger liegen im mittleren dreistelligen Millionenbereich (in Euro, wohlgemerkt), und die Ablösesummen für Top-Spieler oder solche, die man in Madrid dafür hält, sind auf über 100 Millionen Euro gestiegen.
Es ist verständlich und nachvollziehbar, dass dieses Geschäftsmodell eine professionelle Verwaltung mit gutbezahlten und kompetenten Funktionären voraussetzt. Das Ehrenamt des Sportfunktionärs – ob auf Vereins- oder Verbandsebene – findet man nur noch in der Provinz und auf Landes- oder Bezirksebene, also im Amateurbereich. Viele Vereine und Verbände sind professionell und erfolgreich gemanagt, man denke nur an Bayern München oder Werder Bremen, um nur zwei zu nennen.
Es leuchtet aber auch ein, dass die enormen Summen, die der Fußball generiert, auch weniger professionelle, dafür aber eher kriminelle Akteure anzieht – dies scheint bei der FIFA regelmäßig der Fall zu sein. Einige der in dieser Weise Verhafteten haben eine Reputation als durch und durch korrupt vorzuweisen. Dieses Mal geht es um Bestechungen bei der Vergabe der beiden Weltmeisterschaften. Man darf gespannt sein, was die Untersuchungen zutage fördern werden.
Das reicht aber noch nicht aus. Es gibt sehr viele Sektoren, in denen die Umsätze hoch und die potentielle Gewinne groß sind, ohne dass diese Sektoren von Korruption durchdrungen oder gar zerfressen zu sein scheinen.
Möglicherweise liegt die Erklärung in der enormen Bedeutung, die der Fußball in der Öffentlichkeit heutzutage genießt. Er beherrscht die Medien, sogar bisweilen das Feuilleton, er bestimmt die Seminarpläne an Universitäten, er diktiert die Gespräche auf privaten Feiern. Es scheint bisweilen so, dass Fußball Opium der Massen geworden ist – Brot und Spiele! Das würde erklären, warum die Öffentlichkeit zwar die Korruption beklagt, ihr Nachfrageverhalten aber nicht ändert. Zu wichtig ist die WM, sind die Bundesligaspiele!