Fusionsgespräche Lindes 60 Milliarden-Dollar-Coup

Ein Zusammenschluss des Münchner Gasekonzerns mit dem US-Konkurrenten Praxair könnte gleich mehrere Probleme lösen. Die kartellrechtlichen Hürden sind allerdings extrem hoch.

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Das Logo der Linde AG Quelle: dpa

Linde hat Verhandlungen mit dem US-Rivalen Praxair über eine Fusion offiziell bestätigt. "Die Gespräche laufen und haben noch zu keinen konkreten Ergebnissen oder Vereinbarungen geführt. Entsprechend ist derzeit noch nicht abzusehen, ob es eine Transaktion geben wird", teilten die Münchner am Dienstag mit. Sollten die Gespräche fortgesetzt werden, wolle das Unternehmen die Öffentlichkeit entsprechend informieren.

Mehrere Insider aus Finanzkreisen, die mit den Gesprächen vertraut sind, berichten, dass beide Unternehmen seit einigen Wochen miteinander verhandeln. Die Gespräche, heißt es, gingen mal schneller, mal langsamer voran. Angestrebt werde eine Fusion „unter Gleichen“.

Ein Befreiungsschlag für Linde

Praxair und Linde sind derzeit mit jeweils 30 Milliarden Dollar an der Börse bewertet. Allerdings ist Linde mit zuletzt fast 18 Milliarden Euro Umsatz und knapp 65.000 Mitarbeitern etwa doppelt so groß wie der US-Konkurrent. Praxair dagegen ist profitabler: Bei einem Umsatz von 9,6 Milliarden Euro kam das Unternehmen zuletzt auf einen Gewinn von 1,5 Milliarden Euro; Linde brachte es nur auf 1,15 Milliarden Euro. Beide Konzerne verdienen ihr Geld in erster Linie mit Industriegasen wie Sauerstoff, Stickstoff, Acetylen oder Kohlendioxid.

Die weltweit größten Industriegasekonzerne

Für Linde wäre der Deal, sollte er denn am Ende wirklich zustande kommen, gleich in mehrerer Hinsicht ein Befreiungsschlag. Als im Frühjahr Konkurrent Air Liquide aus Frankreich das US-Unternehmen Airgas kaufte, war der Schock in München groß. Auf einmal war der Linde-Konzern, den der frühere Chef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Reitzle zu beinahe beispiellosen Erfolg geführt hatte, nicht mehr die Nummer Eins im weltweiten Gasemarkt.

Sollte der Deal mit Praxair durchgehen, fiele die Pole-Position zurück an die Münchner. Der deutsch-amerikanische Zusammenschluss könnte aber auch den monatelangen Führungsstreit zwischen Linde-Chef Wolfgang Büchele und seinem Finanzvorstand Georg Denoke beenden. Die Fusion wäre für Denoke ein guter Zeitpunkt zu gehen; Bücheles Position wäre gefestigt. Oder aber Praxair-Chef Stephen Angel wird Chef des neuen Mega-Konzerns – auch damit wäre der Führungsstreit in München beendet.

Umsatz und operativer Gewinn der Linde AG weltweit

Das Problem bei dem deutsch-amerikanischen Projekt sind die kartellrechtlichen Hürden. Die Top-Vier der Branche kontrollieren 70 Prozent des weltweiten Gasemarktes. In allen Teilen der Welt, außer in Korea, Japan und China sind die Anteile sogar noch größer. In Europa kontrollieren alleine Linde und Air Liquide 70 Prozent des Marktes. Eine Fusion dürften die Kartellbehörden daher wohl nur unter strengen Auflagen genehmigen.

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