Geschadet haben die beiden Hassbrüder mit ihrer Dauerfehde jedoch nicht nur dem eigenen Ruf, sondern auch dem Unternehmen, das hinter Reissdorf den zweiten Platz im stark regionalen Kölsch-Markt belegt. Die Verfassung der Firma konterkariert arg ihr aktuell trendiges Image. Das erwarb sich die Brauerei, als sie im April 2010 das alte Getränk Fassbrause neu erfand, das mittlerweile fast alle Wettbewerber anbieten.
Gegen den jungen Durstlöscher wirken die Brau- und Abfülltechnik sowie die Standortpolitik geradezu museal. Die Betriebsstätten sind auf unnötig viele Standorte in der Stadt am Rhein verstreut. Im engen Eigelstein-Viertel unweit des Doms wird ausschließlich gebraut. Tankwagen bringen den Gerstensaft anschließend entweder ins 60 Kilometer entfernte Krefeld, wo er in Flaschen gefüllt wird. Oder aber sie karren das Bier in den benachbarten Stadtteil Bilderstöckchen, wo es in Fässer gebunden wird.
Die veraltete Technik und umständlichen Transportwege verursachen schmerzhafte Mehrkosten, und das in einer Branche, die eher als margenschwach gilt. Gaffel will sich dazu nicht äußern und veröffentlicht keine Zahlen. Auch Heinrich Becker und sein Sohn verweigern dazu die Stellungnahme. Besserung brächte eine Zusammenfassung der Standorte auf dem Gelände der stillgelegten Richmodis- Brauerei in Köln, die Gaffel 1998 für 8,3 Millionen Euro übernommen hatte.
Kein Ende ohne Intervention
Allerdings müsste dazu nach Meinung eines Insiders eine zweistellige Summe investiert werden. Johannes Becker aber denkt nicht daran, Geld lockerzumachen, aus Sorge, das Investment könnte schiefgehen. "Ich habe keine Lust, hinterher zu bluten", sagte er der WirtschaftsWoche. Heinrich Becker und sein Sohn wollen sich dazu nicht äußern.
Ob vor diesem Hintergrund der Versuch gelingt, Gaffel per Gerichtsbeschluss als Familienunternehmen zu erhalten, ist zweifelhaft. "Die Streithähne von dem Unternehmen abzuspalten ist sicherlich ein interessanter Ansatz, aber er taugt in diesem Fall nicht", glaubt Tom Rüsen, geschäftsführender Direktor des Instituts für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke. "In der Gaffel-Brauerei wird der Familienknatsch ohne radikale Intervention vermutlich niemals aufhören, denn beide Brüder sitzen als Eigentümer nach wie vor in einem Boot."
Einen weiteren Grund für geringe Erfolgsaussichten sieht Rüsen in der gerichtlich erzwungenen Nachfolge an der Spitze. Dadurch würden Feindbilder der Eltern automatisch auf die nachfolgende Generation übertragen. Zudem könnte der Richterbeschluss neue Brandherde auslösen. "Vater Heinrich Becker fühlt sich möglicherweise von seinem Sohn zwangsweise abgelöst und als Hauptanteilseigner übervorteilt", meint Rüsen. "Und sein Bruder Johannes wird sich sagen, toll, jetzt hat der seinen Sohn installiert und die Richtung der nächsten 30 Jahre vorgezeichnet."