
Gemessen an der Forderung von über einer Milliarde Euro, die die Stadt Dresden einklagen wollte, erscheinen die 40 Millionen, die der Wohnungskonzern Gagfah nun an die Elbmetropole im Rahmen eines Vergleichs zahlen wird, wie Peanuts. Die Aktie machte am Freitag nach Bekanntwerden der Einigung ja auch einen Freudensprung.
Doch alles ist relativ. Relativ schlecht ist und bleibt der Ruf des Gagfha-Konzerns als Vermieter. Daran ändert sich durch den außergerichtlichen Vergleich nichts. Im Gegenteil: der Dresdener Millionen-Kompromiss manifestiert diesen schlechten Ruf. Der Vermietungsriese hat bei der Übernahme offensichtlich Zusagen gemacht, die er später nicht einhielt, und dafür zahlt er.
Dass er nun im Rahmen des Vergleichs gezwungen wird, künftig mehr Geld in den Erhalt der Gebäude und in die Beseitigung von Mängeln bis hin zu verschleppten Schimmelschäden zu investieren, ist das eigentliche Armutszeugnis für Gagfah. Der Vorwurf, von Finanzinvestoren gesteuerte Immobilienkonzerne ließen die Wohnsubstanz verkommen, um stattliche Dividenden an die Aktionäre ausschütten zu können, betraf zwar auch andere Unternehmen der Branche, vor allem aber Deutschlands zweitgrößten Wohnungskonzern.
Der Schlecker der Wohnungswirtschaft
„Bei 155 000 Wohnungen in 350 deutschen Städten werden Sie immer eine schimmelige Wand finden“, versuchte Unternehmenschef William Brennan den katastrophalen Eindruck im WirtschaftsWoche-Interview 2011 zu verwischen.
Doch bei den Mietern und Mietervereinigungen hat Gagfah einen Ruf wie einst Schlecker bei den Arbeitnehmern im Einzelhandel.
Verkäufer großer öffentlicher Wohnungspakete wie die Landesbanken in Baden-Württemberg und Bayern würden für einen Privatisierungsverkauf an die in Essen sitzenden Schimmel-Reiter der Wohnungswirtschaft schärfste Prügel einstecken. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Brennan heute einen Gagfah-Malus zahlen müsste, um in irgendeiner Stadt - wie 2006 in Dresden - noch einmal den Zuschlag beim Verkauf kommunaler Wohnungen zu bekommen.