
Der Stein des Anstoßes ist aus Quarzglas, zwei Zentimeter breit, 1,20 Meter lang und enthält in seinem Inneren ein Gasgemisch, das ultraviolettes Licht ausstrahlt. Treffen die Strahlen auf Wasser, töten sie die darin enthaltenen Bakterien und machen das Nass genießbar.
Wenn Alwin Bergmann die Leuchte in Händen hält, blickt er sie allerdings an wie etwas Verfluchtes. Seit fünf Jahren versucht der 45-jährige Vertriebsleiter das Gerät für seinen Arbeitgeber A&C UV-Lampen in Münster, eine Niederlassung des norwegischen Mutterkonzerns Aqua & Care AS, in Deutschland zu verkaufen. Doch mit mäßigem Erfolg: Denn fast ebenso lang streiten sich die Skandinavier mit dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), der dem Leuchtstab sein Testat verweigert. Ohne dieses Testat ist das Gerät hier jedoch schwer absetzbar. Jetzt steuert die Auseinandersetzung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, wo am Mittwoch (26. Februar) ein Urteil erwartet wird, auf einen vorläufigen Höhepunkt zu.
Längst geht es in dem Streit um mehr als nur um die Funktionsfähigkeit einer UV-Leuchte. Das Gericht wird sich zugleich mit der Frage befassen müssen, inwiefern der DVGW mithilfe technischer Vorschriften seit Jahren deutsche Hersteller vor ausländischen Konkurrenten schützt. „Das Regelwerk des DVGW dient nicht dazu, das Trinkwasser sauber zu halten, sondern den Markt abzuschotten“, wettert A&C-Manager Bergmann. Michael Adams, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Hamburg, vermutet gar ein „Normierungskartell“, also den Versuch einer Gruppe von Unternehmen, sich mittels technischer Regeln Wettbewerbsvorteile zu sichern.





Der Verein mit dem antiquierten Namen und Sitz in Bonn wurde 1859 gegründet, um zunächst Haushalte, Unternehmen und Straßenlaternen mit Grubengas zu versorgen; später kam Wasser hinzu. Heute zählt der DVGW rund 13.500 Mitglieder, darunter knapp 1400 Unternehmen, die im weitesten Sinn etwas mit Wasser und Gas zu tun haben. Zu ihnen gehören Dax-Konzerne wie BASF und Linde ebenso wie kleine Tiefbaufirmen.
Offiziell präsentiert sich der DVGW als Inkarnation des Gemeinwohls. Er sorge „für Sicherheit und Qualitätsstandards“ der Gas- und Wasserversorgung, heißt es auf seiner Internet-Seite, vornehmste Aufgabe sei die Ausarbeitung „anerkannter Regeln“ für die Gas- und Wasserwirtschaft. Insofern sei der DVGW die „technische Selbstverwaltung“ der Branche und „frei von wirtschaftlichen Interessen“.
Doch daran zweifeln Kritiker, spätestens seit der DVGW 2007 einen privatwirtschaftlichen Ableger gründete, die DVGW Cert GmbH. Mit der 100-prozentigen Tochter verfügt der Verein über eine Erwerbsquelle, die zugleich ein Hebel gegen unliebsame Wettbewerber ist. Denn die DVGW Cert vergibt gegen Bezahlung jene Testate, ohne die sich Gas- und Wassertechnik hierzulande kaum verkaufen lässt.
Auf Außenstehende wirken die Normen des Vereins undurchschaubar. „Es ist als Neumitglied fast unmöglich, in die entsprechenden Gremien zu kommen“, sagt Stefan Brakel, Anwalt der Firma A&C UV-Lampen, die im Zuge des Rechtsstreits dem DVGW beitrat.