General Electric Hat der Mischkonzern ausgedient?

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Das Spaltfieber infiziert ganze Branchen

Das Spaltfieber hat ganze Branchen infiziert - wie die Pharmahersteller. Der Darmstädter Konzern Merck plant gerade die Trennung von seinen rezeptfreien Medikamenten. Beim US-Konzern Pfizer steht das gleiche Thema auf der Agenda, während die Schweizer Novartis über einen Abschied von der Augenheilsparte Alcon nachdenkt.

Ähnliche Wellen hat es bereits in vergangenen Boomphasen gegeben. Vor der Finanzkrise 2007 trennten in Deutschland etwa Bayer und Henkel unter den Namen Lanxess und Cognis Teile ihres Chemiegeschäfts ab. Linde verkaufte seine Gabelstaplersparte Kion.

Nicht alle damaligen Operationen waren erfolgreich. Die 2005 aus der Metro gelöste Baumarktkette Praktiker kriselte dahin, bis sie 2013 pleiteging. Beim Halbleiterhersteller Qimonda vergingen nach der Trennung von Infineon nur gut zwei Jahre bis zur Insolvenz Anfang 2009.

 

Diesmal sei alles anders, prophezeien Akteure der Spaltungswelle. Der Veränderungsdruck in vielen Branchen sei enorm, sagt etwa Hans-Ulrich Wilsing, der für die Kanzlei Linklaters große Unternehmen bei Transaktionen berät. Die Aufspaltungen folgten keiner Mode, sondern "knüppelharten Zwängen". Auch Wilsing sieht die Aktionäre als maßgebliche Treiber der Selbstfiletierungen.  "Viele sind unsicher und verlangen hohe Transparenz. Bei kleineren Einheiten fällt die Bewertung leichter", sagt er.

Manche Konzernlenker schneiden dabei so tief ins eigene Fleisch, dass sich die Frage stellt, was am Ende übrig bleibt.

Beispiel Siemens: Seit vielen Jahren ist das fränkische Erlangen die Hochburg der Medizintechnik im Reich des Konzerns, gut 10 000 Menschen arbeiten hier für die Sparte. Im kommenden Jahr soll das "Healthineers"-Geschäft an die Börse gehen. Damit entlässt Siemens-Chef Joe Kaeser eine weitere Sparte in die Freiheit. Im vergangenen Jahr hat er bereits das Geschäft mit Antrieben für E-Autos in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Autozulieferer Valeo eingebracht. Die Windkraft hat Kaeser in einem Unternehmen mit dem spanischen Hersteller Gamesa zusammengelegt. Und das Geschäft mit Schienenfahrzeugen fusioniert er gerade mit dem französischen Konkurrenten Alstom. Anders als bei der Abspaltung der Lichtsparte Osram vor gut vier Jahren behält Siemens bei allen neuen Unternehmen die Mehrheit.

Kaeser setzt darauf, dass sich die Einheiten durch passende Kooperationen stärken lassen und unabhängiger und flexibler werden. Er wolle einen "wendigen Flottenverband statt eines schwerfälligen Tankers", erklärt er im schönsten Floskel-Deutsch. Mittlerweile hat er die Umbauten so weit getrieben, dass sich viele schon fragen, ob von Siemens am Ende mehr als eine Holding-Gesellschaft bleibt.

Andere säbeln mit einem Schlag gleich richtig fette Stücke ab. "Wir bieten hier eine Erlebniswelt", tönte Metro-Chef Olaf Koch, als er Mitte September sein Projekt Metro unboxed vorstellte. Mit Millionenaufwand und für den überschaubaren Zeitraum von 20 Tagen hatte seine Crew eine 48 mal 30 Meter breite Holz-Glas-Konstruktion am Düsseldorfer Rheinufer errichten lassen.  Promigastronomen wie Tim Raue durften dort rund 30 000 Gäste bekochen, Musiker spielten auf, Vorstände tingelten mit Besuchergruppen durch den Pop-up-Bau. Die große Schau sollte dem Publikum erstmals den neu formierten Konzern präsentieren, einen fokussierten Lebensmittel-Player rund um den Großhandel und die Warenhauskette Real. Schlanker, schlagkräftiger - und ohne die Elektronikketten Media Markt und Saturn, die Jahrzehnte zum Konzern gehörten.

Unter dem Projektnamen 2Morrow hatte Koch die Selbstzerlegung in zwei autarke Aktiengesellschaften Ende März 2016 eingeleitet. Fortan dröselten Heerscharen von Bankern, Anwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Immobilienexperten das Konzerngeflecht auf, gliederten das Lebensmittelgeschäft aus und verpassten dem Elektronikbusiness den neuen Namen Ceconomy. Mehr als 100 Millionen Euro dürfte die Zweiteilung am Ende gekostet haben.

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