Gentechnik Indien legt sich mit Monsanto an

Monsanto stoppt Pläne zum Verkauf eines neuartigen genmodifizierten Saatguts in Indien. Der Konzern streitet mit der Regierung über den Preis. Ein Lehrstück über die schwierige Vermarktung teurer Hightech-Pflanzen.

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Das Land stieg binnen weniger Jahre zum zweitgrößten Baumwollproduzenten der Welt auf und wurde für Monsanto zu einem wichtigen Auslandmarkt. Quelle: Reuters

Düsseldorf Der Baumwollkapselwurm ist in der Landwirtschaft gefürchtet. Die Larven des Kleinschmetterlings aus der Familie der Palpenmotten fressen Tomaten, Mais oder Rosen. Richtig wohl fühlen sich die Schädlinge in den Fruchtkapseln der Baumwollpflanze. Werden sie nicht bekämpft, richten sie auf Baumwollfeldern große Schäden an.

Der US-Konzern Monsanto, den die Leverkusener Bayer AG für 64,5 Milliarden Dollar kaufen will, hat dagegen ein Mittel entwickelt: 1996 brachte er neuartige Baumwollsamen auf den Markt. Sie sind gentechnisch verändert, die Forscher hatten in das Erbgut der Saat eine Insektenabwehr eingebaut – die im Labor gezüchtete Pflanze schützt sich also selbst vor dem gefräßigen Kapselwurm.

Die sogenannte Bollgard-Pflanze brachte Monsanto gute Geschäfte – und Farmern in aller Welt eine sicherere Ernte. Vor allem in Indien: Im Jahr 2002 war es das erste gentechnisch veränderte Saatgut, das in dem Land  zugelassen wurde. Bollgard fand reißenden Absatz: Sechs Millionen Bauern kauften die Pflanzen. Indien stieg binnen weniger Jahre zum zweitgrößten Baumwollproduzenten der Welt auf und wurde für Monsanto zu einem wichtigen Auslandmarkt.

Doch nun steckt der US-Konzern in dem südasiatischen Land in Schwierigkeiten. Schon länger gab es unter den Farmern in Indien wütende Proteste gegen die hohen Preise, die die Amerikaner für ihre Hightech-Pflanze verlangen. Die Regierung reagierte auf die Proteste und  regulierte den Preis für die Baumwollsaat.

In diesem Jahr verschärften die Inder jedoch den Umgang mit Monsanto. Die Behörden verordneten eine 70-prozentige Senkung der Lizenzgebühren, die indische Saatgutfirmen für die Nutzung der Bollgard-Technik an Monsanto zahlen müssen.

Der US-Konzern war erzürnt und zieht nun die Konsequenzen. Monsanto wird die neu entwickelte nächste Generation der Bollgard-Baumwollpflanze nicht auf den indischen Markt bringen – zumindest vorerst nicht. In einem offiziellen Statement begründete dies der Konzern mit „Unsicherheiten im wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld“ des Landes.


Auch in anderen Ländern gibt es Ärger

Der Rückschlag für Monsanto in Indien ist ein Lehrstück darüber, wie schwierig für die Agrarchemiekonzerne die Vermarktung  teurer Hightech-Pflanzen in Schwellenländern ist. Die dortige Landwirtschaft kann mit den Produkten aus den Labors von Monsanto & Co. deutlich produktiver werden. Doch die hohen Preise, die sich aus der teuren Forschung ergeben und durch die Monopolstellung ermöglicht werden, stoßen regelmäßig auf Widerstand bei den Bauern.

In Indien ist dies seit Jahren zu beobachten. Die Regierung des Landes stellte sich auf die Seite der Farmer und warf Monsanto vor, sein Monopol auszunutzen. Der Konzern hingegen sieht sich nach dem jüngsten Schritt der Inder sein geistiges Eigentum in Gefahr.

Indien ist nicht das einzige Land, in dem Monsanto Ärger mit seinen Produkten hat. In Afrika verordnete die Regierung von Burkina Faso im Mai einen Anbaustopp für gentechnisch verändertes Baumwollsaatgut des US-Konzerns. Der Schritt wurde nicht mit den hohen Preisen begründet, sondern damit, dass die Qualität der Ernte zu schlecht sei. Burkina Faso, zweitgrößter afrikanischer Baumwollhersteller, setzt ab dem Jahr 2018 wieder auf herkömmliche Samen.

Monsanto hofft weiter darauf, in Burkina Faso wieder verkaufen zu dürfen. Auch in Indien könnte die neue Baumwollpflanze letztlich doch noch vermarktet werden, wenn sich der US-Konzern mit der Regierung einigt. Doch die Verhandlungen in solchen Konflikten können lange dauern. In Argentinien hat Monsanto über mehrere Jahre mit der Regierung über die Lizenzgebühren für gentechnische veränderte Sojabohnen gestritten. Im Juni 2016 einigten sich beide Seite schließlich.       

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