Gescheiterte Allergan-Übernahme Ein Armutszeugnis für Pfizer & Co.

Weil der Steuervorteil futsch ist, will Pfizer nun nicht mehr Allergan übernehmen. Es wäre gut, wenn sich der Pharmakonzern bald wieder um neue Medikamente kümmern würde – statt um Steueroptimierung.

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Pfizer sollte sich besser um neue Medikamente kümmern als Steuerspar-Tricks. Quelle: REUTERS

Früher gab es mal so etwas wie eine strategische Logik. Große Konzerne übernahmen kleinere Konkurrenten, um sich deren Top-Präparate und vielversprechende Entwicklungskandidaten zu sichern. Das hat zwar nicht immer geklappt, weil die großen Konzerne noch größer wurden, weil insbesondere die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ausuferten und der Elan der Forscher damit eher behindert als gefördert wurde. Aber es steckte immerhin eine Idee dahinter.

Inzwischen geht es bei Pharma-Übernahmen in den USA oft nicht mehr um strategische, sondern um steuerliche Logik. Vor gut zwei Jahren wollte der US-Konzern Abbvie das irische Unternehmen Shire kaufen – um vor allem Steuervorteile zu erlangen. Die Amerikaner hatten durch die Verlegung des Firmensitzes ins steuergünstige Irland ihre jährliche Steuerquote um bis zu sieben Prozent reduzieren können. Blöd nur, dass das US-Finanzministerium im September 2014 dann neue Steuerregeln erließ, welche die schönen Steuervorteile zunichte machten – Abbive blies die Übernahme daraufhin ab.

Ähnliches ist nun Pfizer passiert. Die Übernahme von Allergan – mit einem Volumen von 160 Milliarden Dollar – wäre die größte Übernahme in der Pharmabranche geworden. Wäre. Denn am Montagabend dieser Woche verkündete US-Finanzminister Jack Lew nochmals deutlich strengere Regeln, um eine solche Steuerflucht zu vermeiden. Danach ging alles sehr schnell. Keine 48 Stunden später hat Pfizer nun die Übernahme abgeblasen.

Für Pfizer ist eine solche Erfahrung auch nichts Neues: 2014 hatten die Amerikaner versucht, den britischen Konkurrenten Astra Zeneca zu übernehmen. Auch dabei ging es um Steuervorteile – schließlich lag die Steuerquote bei Astra Zeneca (21 Prozent) niedriger als seinerzeit bei Pfizer (27 Prozent) – bei einer Übernahme hätte der US-Konzern seinen Firmensitz wahrscheinlich ins Ausland verlagert. Mit seinen Steuerspar-Pläne brachte Pfizer damals sowohl die britische als auch die amerikanische Regierung gegen sich auf. Am Ende scheiterte dann auch dieser Deal.

Es wäre schön, wenn sich Pfizer und andere US-Konzerne zur Abwechslung mal wieder um neue Medikamente kümmern würden – statt um Steueroptimierung. Daran besteht durchaus noch Bedarf: Die jüngste Prognose von Pfizer für das Geschäftsjahr 2016 fiel eher verhalten aus. Trotz einiger vielversprechender Krebspräparate sind dem Unternehmen seit Viagra – und das ist jetzt fast zwanzig Jahre her – nicht mehr allzu viele Kassenschlager gelungen.

Es ist eben alles eine Frage der Prioritäten. In der US-Politik – auch bei Präsidentschaftskandidaten wie Hillary Clinton (Demokraten) und Donald Trump (Republikaner) – dürften Pfizer & Co. bereits viel Kredit verspielt haben.

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