Gescheitertes Impfstoff-Projekt Warum Milliardär Hopp trotz allem an CureVac festhält

Quelle: imago images

Mehr als eine Milliarde Euro hat Dietmar Hopp in Biotech-Unternehmen investiert, davon etwa eine Viertelmilliarde bei CureVac. Der große Medikamenten-Erfolg blieb ihm bislang versagt, vor wenigen Tagen begrub auch CureVac seinen Corona-Impfstoff. Warum der mehrfache Milliardär seine Position nun zwar etwas reduzieren will, aber trotzdem weitermacht und hofft.

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Es sollte der „beste“ Corona-Impfstoff werden. So hatte es Dietmar Hopp, Mehrheitseigentümer beim Tübinger Biotech-Unternehmen CureVac vor gut einem Jahr angekündigt. Am Ende wurde es – gar nichts. Vor wenigen Tagen zog CureVac den Antrag für sein Corona-Vakzin CVnCoV bei der europäischen Arzneibehörde EMA zurück. Bereits seit Ende Juni war klar, dass der Impfstoff mäßig wirkt – bei nur  48 Prozent der Patienten schützte CVnCoV vor einer Corona-Infektion.

Zwei Tage nach dem CureVac-Rückzug blickt der wichtigste Geldgeber des Unternehmens schon wieder nach vorn. „Leider hat CureVac den ersten Anlauf um einen Corona-Impfstoff verloren“, schreibt er in einer Mail an die WirtschaftsWoche. Die Entscheidung den Antrag zurückzuziehen, hält er für „mehr als sinnvoll“; der geplante Impfstoff von CureVac hätte „frühestens im nächsten Jahr, wenn überhaupt eine Zulassung für die Version 1 bekommen.“ Die Tübinger wollen sich nun gemeinsam mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline auf die nächsten mRNA-Impfstoffe konzentrieren, darunter auch ein Vakzin-Kandidat gegen Covid-19. „Ich finde es richtig“, schreibt Hopp, „jetzt mit einem sehr starken Partner GSK und maximaler Entwicklungskraft der CureVac die Version 2.1 des Impfstoffes zu beschleunigen.“

Im Fußball erfolgreicher als bei Biotech

Wohl den Unternehmen, die einen Großaktionär wie Dietmar Hopp haben. Der trotz zahlreicher Rückschläge immer weiter an das Potenzial glaubt. 

CureVac gäbe es ohne Hopp wahrscheinlich gar nicht mehr. Seit 2004 ist er dabei, eine Viertelmilliarde hat er im Laufe der Jahre in das Unternehmen investiert. Über seine Biotech-Holding Dievini sowie privat halten Hopp und seine Familie knapp die Hälfte (46,5 Prozent) der über 180 Millionen CureVac-Aktien. Zweitgrößter Aktionär ist der deutsche Staat, der im Sommer 2020 für 300 Millionen einstieg und 16 Prozent der Anteile hält. Finanziell hat sich das Engagement durchaus gelohnt: Selbst nach der Hiobsbotschaft vom Dienstag dieser Woche ist Hopps Anteil noch knapp unter vier Milliarden Dollar wert. Auch der Bund liegt noch im Plus.

Nun will sich Dievini zwar von „einigen“ CureVac-Aktien trennen, wie aus einer Mitteilung an die amerikanische Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Der Verkauf „größerer Aktienpakete über den Kapitalmarkt“ sei jedoch nicht geplant; Dievini und Dietmar Hopp wollen Hauptaktionäre bleiben.

Vor über zehn Jahren hat Hopp schon einmal Ähnliches wie bei CureVac erlebt, als bei seiner Beteiligung GPC Biotech ein in der Entwicklung schon weit fortgeschrittenes Prostatakrebsmedikament scheiterte. Über eine Milliarde Euro hat der Multimilliardär (aktuell geschätztes Vermögen: 13 Milliarden Euro) seit 2004 in Biotechunternehmen investiert, vorzugsweise in Deutschland. Der ganz große Medikamenten-Erfolg ist Hopp aber bislang versagt geblieben. Anders als etwa den am Tegernsee beheimateten Strüngmann-Zwillingen Andreas und Thomas, Pharma-Unternehmer und ebenfalls geduldige Biotech-Investoren, die gerade mit Biontech Furore machen. Aus kleinen Anfängen etwas ganz Großes zu schaffen – das ist Hopp vor allem mit dem Software-Konzern SAP gelungen, den er 1972 mitgründete. Und mit dem Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim natürlich.

Mediziner bezweifelten schon vor Wochen, dass CureVac den Coronaimpfstoff auf den Markt bringen kann. Gründer sind enttäuscht, Mitarbeiter frustriert – und langsam wird klar, was alles schief lief.
von Jürgen Salz

  

Der gute Mensch vom Neckar

Warum macht Hopp bei Biotech trotzdem immer weiter? Es ist nicht nur das Geld, das ihn antreibt. Es gibt bessere Möglichkeiten, sein Geld zu verdienen, als es ausgerechnet in die Biotechbranche zu investieren. Sein Berater Friedrich von Bohlen, der Hopp einst mit CureVac-Gründer Ingmar Hoerr zusammenbrachte, hat ihn vor den Risiken von Biotech-Investment sogar ausdrücklich gewarnt. Und von Bohlen kennt die Risiken gut: Zur Jahrtausendwende scheiterte der Nachfahre der Stahldynastie Krupp  mit seinem zuvor stark gehypten Biotech-Start-up Lion Bioscience. Man müsse brutal viel Geld für brutal lange Zeit investieren, sagt von Bohlen; Biotech sei die schwierigste, riskanteste und schmerzhafteste Anlageklasse überhaupt. Das alles hat Dietmar Hopp dann in den vergangenen Jahren hautnah erfahren müssen.

Und dennoch macht der inzwischen 81-Jährige weiter. Es motiviert ihn, Patienten eine Perspektive bieten zu können. Er habe in seinem Leben viel Glück gehabt, ließ er einmal durchblicken – und wolle etwas zurückgeben. Dass es ihm damit ernst ist, sagen auch Leute, die Hopp gut kennen. Anfangs investierte der gebürtige Heidelberger vor allem in der Rhein-Neckar Region, förderte dort Biotechunternehmen, legte einen formidablen Golfplatz in St. Leon-Rot an  und finanzierte den Bau der SAP-Arena in Mannheim. Später erweiterte Hopp seinen Radius auch über die Rhein-Neckar-Region hinaus.

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Ob er nun in Tübingen mit der CureVac-Version 2.1. Erfolg hat? Schwierig. Der Corona-Impfstoff der zweiten Generation, den CureVac gemeinsam mit GSK entwickelt, hat bislang lediglich in Tierversuchen gute Ergebnisse gezeigt. Und selbst, wenn 2022 alle Studien erfolgreich abgeschlossen sind, könnte es 2023 werden, bis die Arzneibehörden das Vakzin zulassen. Andere Impfstoff-Kandidaten aus Tübingen, etwa gegen Grippe, sind noch weiter von der Zulassung entfernt. Es sieht so aus, als müsse Dietmar Hopp, der sehr geduldige Biotech-Investor, noch eine lange Weile auf einen großen Medikamenten Erfolg warten.

Mehr zum Thema: Hopp hält es für die richtige Entscheidung, dass das Unternehmen den Corona-Impfstoff vorerst zurückzieht. Stellt sich aber dennoch die Frage: Was lief genau schief? Pharma-Experte Jürgen Salz gibt eine Antwort.

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