Gesundheit Pharmakonzern Merz will schöner werden

Die Frankfurter Merz-Gruppe zählt neben Bayer, Boehringer, Merck und Grünenthal zu den wenigen forschenden Medikamenten-Herstellern aus Deutschland. Nun will sich das Familienunternehmen wieder auf alte Stärken besinnen.

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Wer die Pharmawelt beherrscht
Aufsteiger 1: Valeant (Kanada)Der kanadische Pharmariese wächst und wächst – hauptsächlich durch Zukäufe. Im Jahr 2013 kaufte Valeant den Kontaktlinsen-Hersteller Bausch & Lomb aus den USA für 8,7 Milliarden Dollar. Im Bereich Augengesundheit wollen die Kanadier ganz vorne mitmischen. Beim Umsatz hat es der Konzern zumindest schon einmal in die Top 30 der Welt geschafft. Die Pharma-Erlöse stiegen um 62,4 Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar.Quellen: Unternehmen, HB-Schätzungen Quelle: AP
Aufsteiger 2: Biogen Idec (USA)Erst Ende März 2013 wurde das Multiple-Sklerose-Mittel Tecfidera in den USA zugelassen. Doch die Tablette ist eine Goldgrube für das aufstrebende US-Biotech-Unternehmen Biogen Idec. Im Jahr 2013 steigerte es dank Tecfidera den Umsatz um gut ein Viertel auf 6,9 Milliarden Dollar. Quelle: AP
Aufsteiger 3: Actavis (Irland/USA)Das Unternehmen ist der weltweit zweitgrößte Hersteller von Nachahmerpräparaten. Doch allzu großes Wachstum verspricht dieses Geschäftsfeld nicht unbedingt, da der Preisverfall oft das Mengenwachstum aufzehrt. Actavis wächst daher vor allem mit Übernahmen: In den vergangenen drei Jahren steckte der Konzern mehr als 14 Milliarden Dollar in Zukäufe. Der Konkurrent Forest Laboratories soll nun für 25 Milliarden Dollar ebenfalls geschluckt werden. Im Jahr 2013 legte der Umsatz um 46,7 Prozent auf 8,7 Milliarden Dollar zu. Quelle: PR
Deutsche Unternehmen: MerckDer Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern wächst im Jahr 2013 moderat. Der Umsatz legt um 2,6 Prozent auf umgerechnet 7,9 Milliarden Dollar zu (Schätzung). In der Rangliste der größten Pharmaunternehmen der Welt schafft es Merck damit auf Platz 23. Das könnte sich aber ändern, denn das Unternehmen plant einen Zukauf: Die Darmstädter bieten rund zwei Milliarden Dollar für die britische Spezialchemiefirma AZ Electronic Materials – eine ehemalige Hoechst-Tochter, die unter anderem Komponenten für Apples iPad liefert. Quelle: dpa
Deutsche Unternehmen: Boehringer IngelheimDas Familienunternehmen ist der zweitgrößte deutsche Pharmakonzern. Im Jahr 2013 hielt Boehringer Ingelheim die Umsätze stabil und landet mit umgerechnet 14,7 Milliarden Dollar (Schätzung) auf Platz 17 der Rangliste. Aktuell ist Boehringer in den USA mit einer Klagewelle konfrontiert. Mehr als 2000 Kläger werfen dem Unternehmen vor, für schwere und zum Teil tödliche Blutungen nach einer Behandlung mit dem Gerinnungshemmer Pradaxa verantwortlich zu sein. Quelle: dpa
Deutsche Unternehmen: BayerBayers Pharma-Umsätze wachsen, die Leverkusener legen zum sieben Prozent zu und rücken in der Rangliste mit umgerechnet 14,9 Milliarden Dollar Umsatz auf Platz 16 vor. Gerade Bayers neue Medikamente wie das Schlaganfallmittel Xarelto laufen prächtig. Die Umsatzziele für die fünf stärksten Medikamente wurden erhöht. Quelle: REUTERS
Platz 10: Teva (Israel)Der weltgrößte Generika-Hersteller kommt aus Israel: Teva. Im Jahr 2013 stagnierte der Umsatz des Konzern allerdings bei gut 20 Milliarden Dollar. Große Hoffnungen ruhen auf dem neuen Chef Erez Vigodman. Teva ist auch in Deutschland aktiv – so gehört seit 2009 die Ulmer Ratiopharm zum Konzern. Quelle: Presse

Der Slogan aus den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ist unkaputtbar. "Natürliche Schönheit kommt von innen" – so bewarb Merz einst seine Spezial-Dragees und versprach den Anwenderinnen unter anderem "festere Fingernägel" und "straffere Haut".

An diesem Dienstag will nun der amtierende Merz-Chef Philip Burchard die aktuellen Zahlen sowie die Strategie des Familienunternehmens erläutern – und wieder geht es dabei um Schönheit. Wie schon in den Sechzigerjahren lockt das Familienunternehmen wieder mit Produkten für die gepflegte, äußerliche Erscheinung.

Merz will zu einem der führenden Anbieter in der Schönheitsmedizin werden. Dazu hat Burchard etwa vor wenigen Monaten das US-Unternehmen Ulthera erworben – die Amerikaner stellen medizinische Geräte her, die Ultraschallwellen unter die Haut schicken. Kleine Hitzepunkte entstehen und die Haut wird angeregt, sich zu erneuern.

Alternative zu Botox

Bei Merz hoffen sie nun, dass sich das Verfahren zu einer günstigen Alternative zur Botox-Spritze entwickelt. Doch damit nicht genug: Im vergangenen Jahr hat Merz die Schweizer Unternehmen Neocutis (Hautpflege) und Anteis (Spritzen) übernommen. Insgesamt hat Merz damit in jüngster Zeit rund eine Milliarde Euro in die Schönheitsmedizin investiert.

Ob das Geld gut angelegt ist, muss sich noch weisen. Denn immerhin tritt das Frankfurter Familienunternehmen nun gegen Branchengrößen wie das US-Unternehmen Allergan, den Erfinder von Botox, an. Und gegen den kanadischen Konkurrenten Valeant, der gerade darum buhlt, Allergan zu übernehmen. Sowohl Merz als auch Valeant kämpften im vergangenen Jahr um das US-Hautpflege-Unternehmen Obagi. Valeant gewann, Merz musste sich geschlagen geben.

Tatsache ist: Merz braucht eine neue Idee. Bislang hatten die Frankfurter vor allem von dem Alzheimerpräparat Memantine gelebt. Dessen Patent läuft allerdings gerade aus, die Umsätze schwinden.

Produkte passen nicht zusammen

Das ganze Unternehmen gleicht einer Wundertüte. So richtig passen die Produkte, die Merz vertreibt, auf den ersten Blick nicht zusammen. Neben dem Alzheimerpräparat und den Spezialdragees zählen noch die Erkältungsbäder (tetesept) und Kugelschreiber der Marke Senator zum Sortiment.

Innerhalb dieses Sammelsuriums will sich Burchard nun wohl vor allem auf die Schönheitsmedizin konzentrieren. Der Unternehmenschef setzt darauf, dass immer mehr Kunden bereits sind, für ästhetische Medizinprodukte Geld auszugeben. Die Margen sind zwar nicht ganz so hoch wie bei patentgeschützten Medikamenten, dafür können aber auch nicht die Krankenkassen mit ihren Forderungen nach Preisnachlässen nerven.

Dass sich Merz derzeit im Umbruch befindet, lässt sich übrigens auch an den Zahlen für das Geschäftsjahr 2013/14, das Ende Juni endete, ablesen: Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" stieg der Umsatz der Merz-Gruppe gegenüber Vorjahr nur leicht um ein Prozent auf 994 Millionen Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sank dagegen von 332 Millionen Euro auf 247 Millionen Euro.

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