Gesundheitskonzern Videosprechstunden mit Corona-Patienten – Fresenius rüstet Digital-Dienste auf

Deutschlands größter Klinikbetreiber setzt auf digitale Dienste. Mit Videosprechstunden und elektronischen Patientenakten soll das Online-Geschäft wachsen.

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Das Unternehmen will sich verstärkt auf digitale Angebote konzentrieren. Quelle: dpa

Deutschlands größter Klinikbetreiber Fresenius unternimmt einen neuen Anlauf, eine universelle digitale Plattform für Patienten aufzubauen. Fresenius übernehme über die Tochter Curalie den Frankfurter Software-Entwickler Digitale Gesundheitsgruppe (DGG), teilte der Dax-Konzern am Mittwoch mit. Damit entstehe eine offene Plattform, die Patienten mit digitaler Hilfe begleite - von der Prävention über die Ambulanz und stationäre Versorgung bis zur Nachsorge.

Die DGG wendet sich mit Telemedizin-Diensten an Haus- und Fachärzte, Curalie entwickelt digitale Angebote für die Rehabilitation etwa von Orthopädie-Patienten. Gemeinsam zähle Curalie rund 100 Beschäftigte. Erstes Ziel sei es, 150.000 Versicherte als Nutzer zu gewinnen. In den kommenden Jahren soll Curalie dann zum umfassenden Angebot wachsen und auch anderen Ärzten und Gesundheitsfirmen offen stehen.

Fresenius ziele dabei vor allem auf chronisch Kranke wie Diabetiker oder Nierenpatienten, sagte Enrico Jensch, Leiter des operativen Geschäfts der Helios-Kliniken in Deutschland. „Bei ihnen herrscht der größte Bedarf an regelmäßigen Behandlungen.“ Konkret können Menschen über die Lösung Informationen zu Lebensstil und Ernährung sowie Gesundheitswerte einsehen.

Über Curalie lassen sich Patienten zudem nach einem automatisierten Frage-Antworten-Katalog zu Fachärzten, Videosprechstunden oder in die Notaufnahme vermitteln. Auch elektronische Patientenakten, Online-Terminvergaben und medizinische Bilder könnten über das Portal digital nutzbar sein.

Fresenius Helios mit 86 Kliniken und 126 Medizinischen Versorgungszentren hierzulande wolle zuerst mit dem kanadischen Start-up Dialogue einen Telemedizin-Anbieter aufbauen. Doch die Partner fanden in einigen Punkten nicht zusammen – auch weil der deutsche Datenschutz und Anforderungen der Kassen bei gesetzlich Versicherten eine große Hürde sind. Zudem habe Dialogue sein Modell nahtlos auf Helios und deutsche Patienten übertragen wollen, so Jensch. „Fresenius wollte aber in jedem Fall die Hoheit über Patientendaten behalten.“

Videosprechstunden mit Corona-Patienten

Mit Curalie zielt Fresenius gerade auf ausländische Märkte, wo der Konzern über die Kliniktochter Quironsalud in Spanien und Kolumbien aktiv ist. Dort sei die Akzeptanz für digitale Dienste heute schon größer und das Gesundheitssystem nicht so engmaschig wie in Deutschland, sagte Helios-Vorstand Francesco De Meo. „In Spanien sind Terminvergaben per App, elektronische Patientenakten und Videosprechstunden mit Ärzten schon viel weiter verbreitet.“

Auch wirtschaftlich lohnt sich die Anwendung bei möglichst vielen Patienten: Die Kassen erstatten Fresenius jede Behandlung, die Kosten für die IT-Plattform wachsen aber weniger schnell. Zudem könnte Fresenius Patienten besser bei Folgeuntersuchungen behalten - das bringt Geld. „Bisher verlassen viele nach erfolgreicher Behandlung die Helios-Kliniken und geben damit den Kontakt zu Fresenius auf.“

Die Helios-Kliniken in Deutschland, die jährlich 5,6 Millionen Patienten behandeln, haben selbst schon digitale Dienste eingeführt. Terminvergaben im Netz und Online-Arztbriefe sind verbreitet, wie Jensch betonte. Die elektronische Patientenakte soll bis Ende 2022 in jeder Helios-Klinik folgen, Terminvergaben per Alexa-Sprachsteuerung sind geplant.

Jüngst hat der Konzern auch eine Coronavirus-Hotline eingerichtet: Patienten können sich beraten und zu Videosprechstunden oder Anlaufstellen für Abstrich-Tests vermitteln lassen.

Mit digitalen Diensten wie Telemedizin ist Fresenius nicht allein. Auch Konkurrent Rhön Klinikum will dort mitmischen und zusammen mit dem Schweizer Telemedizinkonzern Medgate einen Dienst an den Start bringen. Patienten könnten sich von jedem Ort aus rund um die Uhr behandeln und Rezepte oder Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit ausstellen lassen, hieß es. „Digital vor ambulant vor stationär ist die Formel“, hatte Rhön-Klinikum-Chef Stephan Holzinger erklärt. Das könne auch ärztliche Versorgungslücken auf dem Land schließen.

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