Auto-Tauschplattform Turo Teure Karossen werden besonders gern geteilt

„Wer eine Plattform bauen will, der braucht ein positives Menschenbild“, Andre Haddad, Chef der Auto-Tauschplattform Turo. Quelle: Bloomberg

Jeder dritte Deutsche ist bereit, sein eigenes Auto mit anderen zu teilen. Andre Haddad hat dies früh erkannt – und daraus mit der Tauschplattform Turo ein Geschäft gemacht.

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Andre Haddad erinnert sich noch gut an den Moment, als er diesem Mann, den er erst seit ein paar Minuten kannte, seinen Autoschlüssel gab. Haddad fährt einen silbergrauen Porsche Carrera. Mit Gangschaltung. In Kalifornien, wo doch alle nur Automatik fahren. Und natürlich liebt Haddad dieses Auto. Auch das weiß er noch: Dieser Mann fragte ihn damals, ob alles in Ordnung sei. Und Haddad gab sich ganz lässig: Klar, wieso, was sollte sein? „Sie sind total blass“, entgegnete ihm der andere.

Haddad war der erste, der auf der Auto-Tausch-Plattform Turo einen Porsche angeboten hatte. Und er war damals, im April 2011, auch der Chef des Unternehmens. In dem Moment, in dem er ganz blass wurde, spürte er, was es bedeutet, sein Auto mit anderen zu teilen. Inzwischen sind auf der Plattform weltweit 280.000 Autos verfügbar.

„Wer eine Plattform bauen will, der braucht ein positives Menschenbild“, sagt Haddad, der um die Jahrtausendwende bereits die europäische Auktionsplattform iBazar mitgegründet und 2001 an Ebay verkauft hat. „Denn Plattformen leben von Vertrauen.“

Turo, 2009 in San Francisco gegründet, bietet seine Dienste seit Anfang des Jahres auch in Deutschland an. 1400 Autos listet die Plattform hierzulande, ein Drittel davon in Berlin, München, Hamburg, Stuttgart und Frankfurt.

Und es gibt noch einige ähnliche Anbieter: Das französische Start-up Drivy listet in Deutschland 6000 Autos, das niederländische Unternehmen Snappcar sogar 15.000. Alle drei Tauschplattformen kooperieren mit dem Versicherungskonzern Allianz, der eine eigene Police entwickelt hat: Diese umfasst sowohl einen Haftpflichtschutz als auch eine Vollkasko und springt ein, wenn derjenige, der sich das Auto leiht, einen Unfall baut – und zwar mit dem Versprechen, dass der Eigentümer nicht mit höheren Prämien rechnen muss.

Wie viel ein Besitzer für das verliehene Auto verlangt, legt er selbst fest. Von dieser Summe behält Drivy 30 Prozent als Provision, Snappcar und Turo nehmen 25 Prozent. Bei Turo kommen in Deutschland durchschnittlich für jeden Tag, an dem ein Auto geteilt wird, 80 Euro zusammen. Gerade hat das US-Unternehmen seinen Expansionskurs in Europa fortgesetzt – und ist nun auch in Großbritannien verfügbar. Das Ziel, daran lässt Haddad keine Zweifel, lautet auch auf dem alten Kontinent: Turo soll die wichtigste Tauschplattform für Autos werden.

Die Antworten zu den wichtigsten Carsharing-Fragen

Die Art und Weise, wie Menschen ihre Autos nutzen, ändert sich: Die Zeiten, in denen ein Wagen als Statussymbol diente, scheint vorbei zu sein. Laut einer Emnid-Umfrage kann sich jeder dritte Deutsche vorstellen, sein eigenes Auto zu verleihen. Und auch die deutschen Autohersteller ahnen, dass vor allem junge Menschen nicht mehr unbedingt ein eigenes Fahrzeug wollen. Daimler hat seinen Carsharingdienst Car2Go mit dem Dienst DriveNow des Konkurrenten BMW im März dieses Jahres zu einer gemeinsamen Plattform zusammengelegt – und der Konzern hat sich im vergangenen Jahr auch an einer Finanzierungsrunde beteiligt, bei der Turo 92 Millionen Dollar eingesammelt hat.

Eine der wichtigsten Regeln im Plattform-Business, so sagt Haddad, laute: Hört auf die Community! Zwar gelte es zunächst, genug Leute auf die Plattform zu holen – und dazu müsse man sicherstellen, dass diese die Spielregeln beachten. Wer würde einem noch mal seinen Porsche leihen, wenn man ihn mit Kratzern am Lack zurückbringt – oder auch nur mit Krümeln auf den Sitzen.

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