US-Dollar als Leitwährung Europas Ohnmacht gegenüber Amerika

Jemand hält eine US-Flagge in der Hand, während eine Europa-Flagge an einem Flaggenhalter hängt. Quelle: Getty Images/afp

Angeblich emanzipiert sich Europa von den USA. Die EU will Firmen den Weg frei machen für Geschäfte mit dem Iran und den Euro zur globalen Leitwährung aufwerten. Das klappt aber wohl nicht.

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Die neueste Zumutung aus Washington trägt die Abkürzung DESKAA – und jagt als Langfassung allen Diplomaten und Bürgern einen Schreck ein: „Defending American Security from Kremlin Aggression Act“, so der martialische Name des Gesetzesentwurfs, an dem Kongress und Senat in den USA gerade arbeiten. Das Paragrafenwerk, das die Vereinigten Staaten vor russischen Aggressionen schützen soll, könnte bereits vor den amerikanischen Zwischenwahlen Anfang November verabschiedet werden.

Noch ist nicht klar, wie weitreichend die Sanktionen im Energiesektor sein werden. Doch Pipelines wie Jamal und North Stream 1, die Europa mit Erdgas aus Russland versorgen, könnten auf den Verteidigungsschirm der Amerikaner geraten. Womöglich dürfen europäische Unternehmen sie künftig nicht einmal mehr warten. Damit stehen nicht nur Geschäfte, sondern auch die europäische Versorgungssicherheit auf dem Spiel.

Kontinentale Ohnmacht

Am meisten treibt die EU-Kommission allerdings die Ohnmacht Europas um. Brüssel muss zusehen, wie die USA ausschließlich im Nationalinteresse beinharte Geopolitik auf Kosten anderer Länder, auch ihrer besten Partner, betreiben. „Wir können unsere Unternehmen nicht mehr vor den Folgen der US-Politik schützen“, sagt ein Entscheider ernüchtert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Europa überrollt wird von Machtworten, die jenseits des Weißen Hauses unangenehme Wirkung entfalten. Als US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte und Sekundärsanktionen verhängte, mussten die Europäer zur Kenntnis nehmen, wie wenig sich die Amerikaner anno 2018 um die Wirtschaftsinteressen ihrer transatlantischen Verbündeten kümmern.

Ab Anfang November, wenn die Sanktionen vollständig in Kraft treten, riskieren europäische Unternehmen, die Handel mit dem Iran betreiben, von Dollar-Transaktionen abgeschnitten zu werden. „Eine einzige Person entscheidet, wo wir Europäer unser Geld verdienen“, heißt es empört aus der Wirtschaft. Eine Aussicht auf Erniedrigung, die nicht zum europäischen Selbstverständnis passt.

Die EU will das nicht länger hinnehmen. Zu Wochenbeginn gab die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in New York bekannt, dass die EU einen Weg gefunden zu haben glaubt, wie europäische Firmen den Handel mit Iran doch noch aufrecht halten können. Details blieb sie jedoch bislang schuldig.

Und der Ärger über die Iran-Sanktionen hat noch eine weitere EU-Initiative angestoßen: die Aufwertung des Euro als internationale Handelswährung. Es ist vor allem ein Projekt Frankreichs. Staatschef Emmanuel Macron ärgert sich über den angekündigten Exodus heimischer Größen aus dem Iran. Energiekonzerne wie Total und Engie verlassen das Land auf Druck der USA genauso wie die Autoproduzenten Renault und PSA. Auf Betreiben der Pariser Regierung hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nun bei einer Rede zur Lage der EU in Straßburg reagiert: „Wir müssen mehr tun, damit unsere gemeinsame Währung auf dem internationalen Parkett die Bedeutung erlangen kann, die ihr zusteht.“ Allerdings muss man kein Pessimist sein, um vorherzusagen: Die Erfolgsaussichten sind bestenfalls bescheiden.

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