Glyphosat-Forscher Damián Verzeñassi "Die Monsanto-Übernahme durch Bayer schließt einen Teufelskreis"

Bayer und Monsanto Quelle: Bloomberg

In Südamerika ist das Pflanzenschutzmittel Roundup besonders populär. Damián Verzeñassi erforscht seit Jahren die gesundheitlichen Auswirkungen. Je länger seine Erhebungen dauern, um so mehr häufen sich die Krebsfälle.

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Der Argentinier Damián Verzeñassi forscht seit 15 Jahren zu Fragen der öffentlichen Gesundheit. Zusammen mit seinen Studenten untersucht Verzenassi seit Jahren, wie sich Krankheiten in der argentinischen Landbevölkerung entwickeln.

Überrascht war Verzeñassis Team schnell über die Unterschiede zwischen den Krankheiten in den allgemeinen Statistiken Argentiniens und der Landbevölkerung in der Provinz Santa Fé: Statt Bluthochdruck und Diabetes wie landesweit, traten bei den Menschen daneben vor allem Schilddrüsenkrankheiten und Atembeschwerden auf. Auch Hautkrankheiten und neurologische Probleme fanden die Mediziner häufiger als im Landesdurchschnitt.

Durch Fragen nach Krankheiten in den Familien, die bis zu 20 Jahre zurück lagen, stellte Verzeñassis Team fest, dass die Zahl der Fehlgeburten und pränatale Missbildungen zu wachsen begannen, nach 1996, als erstmals Glyphosat in der Landwirtschaft zugelassen wurde. Glyphosat ist unter anderem in dem Monsanto-Pflanzenschutzmittel Roundup enthalten.

Zur Person

Je länger die Zeitreihe der Erhebungen fortschreitet, umso stärker häufen sich Krebserkrankungen auf den Dörfern. Verzeñassi vermutet, dass einfach länger dauert bis sich im Körper nach Einfluss von Glyphosat Krebs entwickelt. Inzwischen hat Verzeñassi die Daten von 150.000 Menschen in 31 Ortschaften gesammelt, von denen 80 Prozent näher als tausend Meter vom Feldrand leben.

WirtschaftsWoche: Wie kommen Sie darauf, dass gerade Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat für das unterschiedliche Krankheitsbild in der Agrarbevölkerung Argentiniens verantwortlich sind?
Damián Verzeñassi: Wir können das nicht beweisen. Aber die Korrelation ist so deutlich, dass kaum jemand behaupten kann, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nichts mit dem veränderten Krankheitsbild auf dem Land zu tun hat.

Warum sehen Sie vor allem Glyphosat als die Hauptursache der Erkrankungen?
Der Einsatz von Glyphosat-Produkten wie Monsantos Roundup hat sich in Argentinien seit 1996, als die Substanz erstmals in für die Landwirtschaft zugelassen wurde, verachtfacht. Wir haben uns angeschaut, welche Krankheiten ein unsachgemäßer Einsatz von Glyphosat auf Menschen haben kann. Und das sind genau die, welche sich bei den Erhebungen nun häufen.

von Tim Rahmann, Jürgen Salz, Alexander Busch, Silke Wettach

Die Hersteller und die meisten Behörden weltweit behaupten, dass Glyphosat vorschriftsgemäß angewandt, keinen Schaden verursache.
Da gibt es jedoch neuere wissenschaftliche Untersuchungen in Argentinien, die das Gegenteil beweisen: An der Universität Cordoba hat eine Forscherin herausgefunden, dass bei Kindern von Arbeitern, die Pflanzenschutzmittel aussprühen, genetische Veränderungen überdurchschnittlich stark auftreten. Forscher der Universität La Plata haben festgestellt, dass sich Glyphosat im Regenwasser nachweisen lässt, es also nicht sofort im Boden und Pflanzen gebunden wird, wie die Unternehmen behaupten. Missbildungen von Föten bei Kröten in der Natur hat wiederum ein Forscher in Santa Fé festgestellt.

Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie ihre Erhebungen nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlichen und damit einer Diskussion ausweichen.
Wir lassen unsere Erhebungen und Analysen regelmäßig von anderen staatlichen Universitäten in Argentinien darauf checken, ob wir wissenschaftlich korrekt arbeiten. Wir sind zu allererst unserer Gesellschaft gegenüber verpflichtet und haben hier einen Ruf zu verlieren. Im Übrigen gilt das Argument auch für fast alle wissenschaftlichen Untersuchungen über die Unschädlichkeit von Glyphosat – die zudem meist von den Herstellern finanziert werden. Kaum welche von denen sind in seriösen Wissenschaftsmagazinen erschienen. Noch gar nicht untersucht wird zudem, dass heute meist ein Cocktail aus bis zu 43 verschiedenen chemischen Substanzen eingesetzt wird. Wie die Substanzen da untereinander reagieren und was sie bewirken, ist unbekannt.

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