Großer Mann für kleine Firma Ex-Fresenius-Medical-Care-Manager geht zu Magforce

Mit Ben Lipps, 72, übernimmt ein ehemaliger Dax-Vorstand das Ruder bei dem kleinen Berliner Nanotechnik-Unternehmen Magforce. Der erfahrene Manager soll eine innovativen Hirntumor-Behandlung voran bringen.

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Magforce: Mit 17 Billiarden Minimagneten pro Millimeter gegen tödliche Tumore

Mit Ben Lipps, 72, übernimmt ein ehemaliger Dax-Vorstand im September das Ruder bei dem kleinen, Berliner Nanotechnik-Unternehmen Magforce – das gab das Unternehmen am Freitagabend bekannt. Der erfahrene Manager Lipps, der den Blutwäsche-Spezialisten Fresenius Medical Care erfolgreich bis Ende 2012 führte, soll die Vermarktung von Magfoce innovativer Hirntumor-Behandlung endlich voran bringen.

Dieser Wechsel ist ungewöhnlich: Mit Ben Lipps hat sich das kleine Nanotechnik-Unternehmen Magforce aus Berlin einen ganz Großen als neuen Chef geangelt. Von 1999 bis Ende 2012 leitete der US-Amerikaner Lipps sehr erfolgreich ein deutsches DAX-Unternehmen – den Blutwäsche-Spezialisten Fresenius Medical Care aus Bad Homburg. Dann ging der 72-jährige – wie lange zuvor vereinbart - in den Ruhestand.

Warum er sich auf das neue Engagement bei dem im Deutsche-Börse-Handelssystem Xetra gelisteten Medizintechnik-Winzling Magforce einlässt und im September dort den Chefposten übernimmt, erklärte er mit der Begeisterung für die von Magforce entwickelten neuen Technik. Sie setzt auf magnetische Nanopartikel, die in den Tumor gespritzt und dann in einem elektromagnetischen Feld in rasend schnelle Schwingungen versetzt werden. Dabei entsteht ganz lokal im Krebsgeschwür Wärme von bis zu 70 Grad. So lassen sich die Tumore quasi von innen heraus erhitzen und abtöten, ohne den restlichen Körper zu belasten. „Das hat mich einfach fasziniert“, sagt Lipps.

Innovative Krebstherapie

Allerdings hat Magforce bisher nur sehr mäßige Verkaufserfolge zu verzeichnen, obwohl die Therapie bereits in 27 europäischen Staaten zugelassen ist. Anfangs war es der Erfinder der Technik und Magforce-Gründer Andras Jordan, der hier kein glückliches Händchen hatte. Er veröffentliche – ganz Vollblutwissenschaftler – die Arbeiten zur neuen Technik zwar in Fachjournalen für Magnetismus auf der Titelseite. Doch er vergaß, dass Krebsärzte, die die Technik schließlich einsetzen sollen, um todkranke Patienten zu heilen, solche Journale nicht lesen, sondern medizinische Fachzeitschriften konsumieren. Dort erschienen die Arbeiten jedoch erst sehr spät. Auch sein Nachfolger Peter Heinrich, der als läng jähriger Biotechmanager die Magforce einige Zeit lenkte, konnte der Technik nicht zum erhofften Marketingerfolg verhelfen. Denn erschwerend kommt hinzu, dass Kliniken eine eigene, teure Apparatetechnik kaufen müssen, um die Technik einsetzen zu können. Ein echtes Marketing-Hemmnis.

Diese Probleme soll Lipps mit seiner jahrelangen Erfahrung und guten Kontakten im Medizintechnik-Markt nun lösen, das ist zumindest die Hoffnung des Magforce-Teams.

Kurz vor der offiziellen Bekanntgabe sprach Ben Lipps mit der WirtschaftsWoche Online.

Lipps: "Faszinierende Technologie"

Ben Lipps (72) geht zum Berliner Nanotechnik-Unternehmen Magforce. Quelle: Presse

Was finden Sie so spannend am kleinen, Berliner Nanotechnik-Unternehmen Magforce, dass Sie dafür Ihren kürzlich erreichten Ruhestand im sonnigen Kalifornien gleich wieder aufgeben?

Lipps: Neue Technologien haben mich schon immer interessiert. Magforce hat mit der NanoTherm® Therapie eine äußerst spannende und innovative Technologie entwickelt. Die Bekämpfung eines Tumors von innen heraus, ohne gleich den ganzen Körper in Mitleidenschaft zu ziehen, das hat mich einfach fasziniert.

Werden Sie überhaupt in Berlin präsent sein - oder von USA aus arbeiten?

Deutschland war für mich in den letzten zwölf Jahren natürlich immer ein zentraler beruflicher Bezugspunkt, also wird sich daran nicht viel ändern. Natürlich passiert in einer globalisierten Welt auch sehr viel digital. Ich tausche mich mit dem Vorstand des Unternehmens regelmäßig in Telefon- und Videokonferenzen sowie über E-Mail aus. Sonst treffen wir uns persönlich entweder in Deutschland oder hier in den USA, denn gerade in den USA sehe ich bedeutendes Geschäftspotenzial. 


Welches Potenzial trauen Sie der Technik zu?

Lipps: Die Magforce-Technologie hat das Potenzial, das Leben vieler Patienten grundsätzlich zu verbessern; sei es direkt als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Therapieoptionen, zum Beispiel Strahlen- oder Chemotherapie. Krebs ist eine fürchterliche Erkrankung. Weltweit werden jährlich mehr als zwei Millionen Menschen mit Hirn-, Kopf-, Nacken- und Prostatakrebs diagnostiziert. Die vorhandenen Therapieoptionen sind meines Erachtens alle unzureichend. Es gibt also viele Entwicklungsmöglichkeiten für neue Behandlungen wie die NanoTherm-Therapie.

Was wollen Sie anders machen als ihre Vorgänger  um die Technik endlich an die Kliniken und Patienten zu bringen - und zu einem wirtschaftlichen Erfolg werden zu lassen?

Lipps: Magforce hatte bisher ja eher das Problem, dass die Technologie und die NanoTherm® Therapie in den Fachkreisen nicht ausreichend bekannt bzw. anerkannt sind. Das liegt aber weniger an der Technologie an sich. Entwicklungs- und Kommerzialisierungszyklen neuer Technologien dauern nun einmal mehrere Dekaden. Die Anerkennung der NanoTherm-Therapie in den Fachkreisen zu gewinnen und die Kommerzialisierung voranzutreiben, kann ich als neuer CEO durch weitere, internationale Kanäle auf dem Gebiet der Medizintechnik breit transportieren und unterstützen.

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