Handelskonflikt „Die USA untersuchen bereits weitere Zölle“

Julia Pfeil ist Rechtsanwältin und Sozia im Frankfurter Büro der globalen Wirtschaftskanzlei Dentons. Quelle: Presse

Die Stahlbranche berät in Saarbrücken, wie sie mit den US-Zöllen umgehen soll. Die Außenhandelsexpertin Julia Pfeil erklärt, warum die Gegenmaßnahmen der EU unzulässig sein könnten – und welche Branchen zittern müssen.

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Frau Pfeil, am Montag diskutiert die deutsche Stahlbranche über die nationale Wettbewerbsfähigkeit. Zuletzt kam die Branche aufgrund genereller US-Zölle auf Stahl und Aluminium massiv unter Druck. Wie lange werden diese Zölle voraussichtlich bestehen?
Die Zölle wurden nach US-Recht erlassen, weil sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit abwehren sollen. Die USA argumentieren, dass eine zu hohe Abhängigkeit von ausländischem Stahl für die Aufrechterhaltung der militärischen Fähigkeiten von Nachteil sein könnte. Wie lange die Zölle bestehen, hängt also ganz von der Einschätzung der USA ab, ab welchem Zeitpunkt eine solche Gefahr für die nationale Sicherheit nicht mehr besteht.

Gleichzeitig ist der Druck der EU zur Abschaffung dieser Zölle natürlich enorm. Wie lange können die USA diese Zölle aufrechterhalten? Und wie weit entsprechen sie überhaupt den Vorgaben der Welthandelsorganisation WTO?
Rein innerstaatlich können die USA die Zölle mit dieser Begründung beliebig lange aufrechterhalten. Außerstaatlich steht dem natürlich die WTO und besonders das sogenannte GATT-Agreement, also das General Agreement on Tariffs and Trade, entgegen. Denn das sieht eine Maximalhöhe für mögliche Zölle vor, innerhalb der sich die Staaten bewegen dürfen. Und diese wird mit den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium bei weitem überstiegen.

Allerdings scheinen die USA auf eine spezielle Regelung in dem Abkommen abzuzielen: So können zur Abwehr nationaler oder internationaler Krisen zusätzliche Zölle erlassen werden. Die EU und China haben wegen der Zölle bereits Klagen gegen die USA erhoben. Das geht nun vor die Streitbeilegungsmechanismen de WTO. Die WTO muss letztlich entscheiden, ob die Zölle den GATT-Regeln entsprechen. Möglich ist natürlich auch, dass sich die EU und die USA davor auf dem Verhandlungsweg einigen. 

Einerseits geriert sich die europäische Stahlbranche als Opfer der US-Zölle. Andererseits hat die EU auch selbst sogenannte Schutzzölle gegen chinesische Stahlprodukte verhängt. Wo genau ist denn der Unterschied zwischen solchen Zöllen?
Die Unterschiede sind nicht nur theoretischer Natur, sondern entsprechen unterschiedlichen Regelungen im GATT. Hier zeigt sich auch sehr stark die unterschiedliche Position zwischen der EU und den USA, wie sie Zölle beurteilen. Die USA argumentieren wie gesagt mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, was nach GATT zulässig sein kann. Die Europäer berufen sich gegenüber den USA hingegen auf die Regelung der Schutzzölle. Diese Regelung erlaubt Maßnahmen zu ergreifen, wenn durch unvorhergesehene Entwicklungen wie einem hohen Anstieg ausländischer Importe die inländische Industrie schwer geschädigt werden könnte; dann kann die EU aber dagegen Abwehrmaßnahmen erlassen. Das setzt aber tatsächlich unvorhergesehene Umstände voraus. Hinzu kommen Anti-Dumping-Maßnahmen, die laut GATT ergriffen werden können, wenn ein Land seine Industrie etwa unzulässig subventioniert oder sonst unfair agiert. Dieses Instrument haben die Europäer gegen bestimmte chinesische Stahlprodukte ergriffen.

Nun hat die EU auch Gegenmaßnahmen gegen die US-Zölle ergriffen. Wie legitim sind die eigentlich nach Maßstäben der WTO?
Wenn die WTO entscheidet, dass die Zölle der USA nur dem Schutz der eigenen Industrie dienen, dann sind die Gegenzölle der EU in jedem Fall zulässig. Sollte die WTO die Sicht der USA bestätigen, dass die Zölle dem Schutz der nationalen Sicherheit dienen, dann wären die Gegenmaßnahmen der EU sogar unzulässig.

Die EU hat Zölle etwa gegen Harley Davidson oder Whiskey-Zölle verhängt. Sind diese Zölle denn mehr als Nadelstiche?
Die EU-Liste ist keineswegs kurz, auch wenn gerne diese markanten Beispiele herausgegriffen werden. Die EU hat bislang die Höhe der Importe gewisser Produkte angesehen und hat davon die Importzölle abhängig gemacht. Und diese Liste ist tatsächlich ziemlich lang. Dass nun aber ausschließlich über Harley Davidson geredet wird, ist verkürzend.

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