Hannover Messe „Deutschland ist in den letzten Wochen sehr kreativ geworden“

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Bisher wird generative KI wie ChatGPT noch oft als Spielerei belächelt. Potenzial hat sie aber beim Einsatz in der Industrie. Auf der Hannover Messe zeigen die ersten Unternehmen Einsatzmöglichkeiten – und wo es hapert.

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Wer auf der Hannover Messe wissen will, wie die deutsche Industrie Künstliche Intelligenz schon einsetzt, muss das einzeln an den Ständen erfragen. Eine eigene Halle für Künstliche Intelligenz? Gibt es noch nicht. Groß aufgefahren hat allerdings Microsoft. Das Unternehmen soll zuletzt zehn Milliarden US-Dollar in das KI-Unternehmen OpenAI gesteckt haben, das vor allem für ChatGPT bekannt ist. Das natürliche Sprachmodell, GPT, das dahintersteht, lässt sich jedoch auch für Industrieprozesse einsetzen.

Auf dem Microsoft-Stand auf der Hannover Messe hat das Unternehmen deshalb Anwender um sich geschart, die von ersten Projekten berichten wollen. Die meisten der Projekte sind allerdings noch nicht umgesetzt, sind in Pilotphasen oder noch davor.

Eine von Microsoft in Auftrag gegebene Studie des Meinungsforschungsinstituts Civey ergab zuletzt, dass bisher nur rund acht Prozent der befragten Unternehmen generative KI einsetzen. Und doch zeigen sie, was damit möglich sein wird.

Am Dienstagvormittag eilt Roland Busch, der Siemens-CEO, über Microsofts Messestand. Am Vortag war schon Microsoft bei Siemens zum „Tech Talk“ zu Gast, nun ist also der Siemens-CEO persönlich beim Techkonzern und lässt sich gemeinsam mit der Chefin von Microsoft Deutschland, Marianne Janik, ablichten – und sich die Anwendungen, die Siemens mit der generativen KI plant, zeigen.

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So sollen etwa in Zukunft Servicetechniker, Konstrukteure oder Mitarbeiterinnen aus der Produktion von Siemens Probleme einfach einsprechen können. Über den Azure OpenAI Service von Microsoft wird die Spracheingabe dann analysiert, zusammengefasst und an die passenden Kolleginnen übermittelt, die die Anfrage dann weiterbearbeiten können. Die KI übersetzt die Eingaben und Ausgaben dann auch – sodass etwa Mitarbeiterinnen aus Malaysia in ihrer Landessprache mit den Kollegen in anderen Ländern kommunizieren können.

Generative KI führt zu Kulturwandel in der Industrie

Auch beim Programmieren von Automatisierungslösungen soll die generative KI bei Siemens in Zukunft helfen, um die industriellen Computer zu steuern. Das sind sogenannte speicherprogrammierbare Steuerungen, die in älteren Programmiersprachen geschrieben werden. Mithilfe der KI können dann auch Entwicklerinnen, die diese speziellen Sprachen und deren Syntax nicht können, ihre Anweisungen geben und mit den Code-Vorschlägen, die die KI ihnen ausspuckt ein Programm bauen. „Das führt auch zu einem Kulturwandel im Unternehmen“, sagt Matthias Schulz von Siemens Digital Industries Factory Automation.

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Die KI-gestützte Entwicklung von Automatisierungssoftware ist derzeit aber nur ein Showcase, der noch nicht einmal den Pilotenstatus erreicht habe - für den breiten Einsatz in der Industrie gelte es noch einige haftungs- und sicherheitsrelevante Fragen zu klären, „da müssen wir uns mehrfach absichern“, sagt Schulze.

KI-Einsatz in wenigen Stunden

„Deutschland ist in den letzten Wochen sehr kreativ geworden“, schwärmt Janik, CEO von Microsoft Deutschland. „Die Unternehmen probieren viel aus und zeigen, dass auch deutsche, mittelständische Unternehmen KI können.“ In einer von Microsoft in Auftrag gegebenen Studie des Meinungsforschungsinsituts Civey gaben kürzlich 62 Prozent der Befragten an, gleich mehrfachen Nutzen für den Einsatz von generativer KI in der Industrie zu sehen. Dabei geht es vor allem um Kosteneinsparungen, Effizienzsteigerung und die Optimierung der Geschäftsprozesse.

Microsoft-Deutschlandchefin Marianne Janik Quelle: imago images

Die Umsetzung gehe derweil schnell, berichtet Janik, teilweise nur wenige Stunden. Wenn Unternehmen eigene KI-Lösungen für ihre speziellen Anwendungsfälle bauen, dann könne es vielleicht etwas dauern, das Modell mit den eigenen Daten zu entwickeln. „Aber wir sprechen höchstens über Wochen“, sagt Janik.

Wissen zusammentragen und bereitstellen

Der Industriekonzern Bosch setzt derzeit vor allem eigen entwickelte KI ein – dabei geht es etwa um KI-basierte Bildverarbeitung, um automatisierte optische Inspektion oder um die Nachverfolgbarkeit von Produkten. Bosch will dabei das Internet der Dinge (IoT) mit KI verbinden. „Wir wollen hier ein führender Anbieter werden. Dafür bringen wir ein breites Domänenwissen mit“, sagt Stefan Aßmann, Chief Digital Officer der Bosch-Industrietechnik.

Künstliche Intelligenz – Geschichte einer Idee

In Chipfabriken in Dresden und Reutlingen helfe die KI dabei, Produktionsprozesse zu planen – und die Halbleiter zeit- und kostensparend durch bis zu 1000 Bearbeitungsschritte zu steigern. Damit werde der Durchsatz um fünf Prozent gesteigert und die Investition rechne sich nach drei Monaten.

Doch auch generative KI, wie die von OpenAI, ist für das Unternehmen nicht uninteressant.

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„Es gibt bei uns einen Spruch, der eigentlich für alle Unternehmen gilt: Wenn der Bosch wüsste, was der Bosch weiß“, sagt Aßmann. Und meint damit: Das Know-How in Unternehmen ist immer breit verteilt, an unterschiedlichen Standorten, bei unterschiedlichen Expertinnen und oft auch da, wo man es gar nicht erwartet. Einige KI-Experten aus Boschs Zentrum für Künstliche Intelligenz loten deshalb gerade aus, wie sie das Wissen im Unternehmen mit ChatGPT besser für alle Mitarbeiter zugänglich machen können.

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