




Der grundlegende Unterschied zu dem, was vor vierzig oder fünfzig Jahren unter dem Stichwort EDV oder elektronische Maschinensteuerung begann, sind die Dezentralität und die Datenmengen, die verarbeitet werden. Integrated Industrie bedeutet, dass sich das Werkstück oder das einzubauende Teil selbst seinen Weg durch die Produktion sucht.
"Wir können heute 1 Milliarde Datenmengen in 9 Sekunden auswerten. Das ist bei der Fehleranalyse wichtig, also bei der Frage, wann ein Teil zu brechen droht. Oder bei komplexen Großprojekten, wo jedes Teil verortet werden muss." Bei der Meyer-Werft aus Papenburg etwa gehe es darum, dass die Zulieferung der einzelnen Schiffsteile über mehrere Produktions- und Zulieferstufen in engen Zeitfenstern optimiert und garantiert werden.
Forsa-Umfrage Industrie 4.0
Zur Umfrage von SAS in Kooperation mit Forsa wurden 200 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit mindestens 300 Mitarbeitern befragt. Thema war Industrie 4.0 und die Frage, inwiefern Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe bereits Maschinendaten auswerten, um sich im Wettbewerb zu positionieren.
Eine große Mehrheit der Unternehmen (84 %) sieht in der nahen Zukunft eine wachsende Bedeutung von neuen Produktionsprozessen wie z.B. vernetzte oder kommunizierende Produktionsstätten. Die Mehrheit der befragten Unternehmen (81 %) geht davon aus, dass die Analyse von Maschinendaten in den nächsten zwei Jahren in Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird.
Schon drei Viertel (75 %) der befragten Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes geben an, die Möglichkeit zu nutzen, in ihrem Unternehmen Maschinen- oder Sensordaten bzw. Servicedaten auszuwerten.
Bei der Auswertung von Maschinendaten spielt für 86 Prozent der Unternehmen, die dies nutzen, die Möglichkeit, schnell auf mangelnde Produktqualität oder Fehler im Produktionsprozess reagieren zu können, eine sehr große Rolle (43 %) bzw. große Rolle (43 %). Die Vermeidung von Produktionsfehlern spielt für 83 Prozent der Unternehmen eine sehr große (45 %) bzw. große Rolle (38 %) bei der Auswertung von Maschinendaten.
Bislang nutzten fast ausschließlich Banken und Versicherungen die Analyse von Big Data unter anderem für die Risiko-Analyse großer Datenmengen. Jetzt entdeckt die Industrie die Möglichkeiten. "Wir sind dank der Datenauswertung in der Lage, mögliche Ausfälle von Maschinenteilen viel präziser vorherzubestimmen als früher", sagt Altmann. Beispiel Aufzugbauer und -dienstleister: Die neuen Techniken verkürzen die Ausfallzeiten von Aufzügen erheblich und vermindern damit Strafgelder.
Industrie 4.0 werde den Trend zur Verlagerung in Niedriglohnländer verlangsamen, vielleicht gar umkehren, meint Altmann. Denn Integrated Industrie macht es möglich die Variantenzahl zu steigern. "Diese Produktion vor Ort wird deutlich flexibler sein und kann sich den Marktgegebenheiten schneller anpassen." Damit verbunden sind aber auch größere Datenaufkommen, die darüber hinaus sehr unterschiedlich strukturiert sind und aus heterogenen Quellen kommen. Die neue Datentechnologien können diese Daten in Echtzeit und sehr präzise aufschlüsseln und damit Zusammenhänge aufdecken, die bisher nicht sichtbar waren.
Als Hersteller von Business Analytics Software sieht Altmann die die geschäftlichen Chancen von SAS darin, den Kunden eine vorausschauende Analyse von Maschinendaten zu liefern. "Sie garantiert beispielsweise, dass Geräte nicht ausfallen und wenn doch, wissen die Kunden genau, wann das passieren wird."
Die Aufbruchstimmung ist aller Orten zu spüren. Der Technologiekonzern Bosch glaubt an strategische Vorteile auf dem weiten Feld der Fabrik 4.0. Bosch-Geschäftsführer Werner Struth erklärt, warum: "Zum einen sind wir bereits Anbieter von Soft- und Hardware-Lösungen für die Fabrik 4.0. Zum anderen sind und werden wir als produzierendes Unternehmen selbst auch Anwender und Umsetzer dieser Lösungen."
Industrie
Struth ist unter anderem zuständig für Fertigungskoordination und Entwicklung von Produktionssystemen, und trägt die Verantwortung für die Geschäftsbereiche Packaging Technology und Drive and Control Technology. Bosch erwartete sich durch die cyberphysikalischen Systeme, wie sie im Fachjargon heißen, weitere Potenziale in der gesamten Wertschöpfungskette. "Maschinen werden noch mehr Detailinformationen über ihren Zustand mitteilen. Mit diesen Informationen können wir dann ihre Verfügbarkeit erhöhen", erläutert Struth. Zudem soll intelligente Produktionsplanung die Auslastung von Fertigungsanlagen weiter optimieren.
Bereits heute vernetzt Bosch seine Produktion sowohl innerhalb der eigenen Fertigungsanlagen als auch darüber hinaus mit denen der Kunden. Für Struth ist klar: "Das Gedankengut, die Ideen und die Möglichkeiten von Industrie 4.0 müssen konkret entwickelt und nutzbringend eingesetzt werden. Die konkreten Lösungen werden dann nach und nach Einzug in unsere Fertigung finden."