Haselseiner geht, Birtel kommt Strabag-Chefs halten Boni für Bestechung

Hans Peter Haselsteiner und Thomas Birtel - der bisherige und der künftige Chef des Baukonzerns Strabag fürchten Korruption in Russland und nennen Aktienoptionen für Manager Bestechung.

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„Statt Leighton hätte ich lieber eine australische Brauerei“
Das Urgestein der europäischen Baubranche, Hans Peter Haselsteiner, und der Mann seines Vertrauens, Thomas Birtel, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Foto: Christian Schnur für WirtschaftsWoche
Strabag-Großaktionär Hans Peter Haselsteiner und Strabag-Vorstandschef Thomas Birtel über..…den Strabag-Aktionär und Russland-Geschäftspartner Oleg Deripaska„Deripaska ist ein Freund“ Herr Haselsteiner, sind Sie nicht nur vom Russland-Geschäft enttäuscht, sondern auch vom Partner Deripaska (Foto) persönlich? Haselsteiner: Nein, ich halte Deripaska nach wie vor für einen äußerst klugen und tüchtigen Unternehmer ­ und in der Zwischenzeit auch für einen Freund. Es gibt nichts, wo wir Animositäten hätten. Ich akzeptiere seine Beweggründe und er meine. Ich habe ja kein anderes Interesse als Bau, während das für ihn nur ein Randgeschäft ist. Quelle: REUTERS
…Deripaskas zunehmende Anteile am Strabag-Konzern„Ein Vakuum wie bei Hochtief gibt es bei Strabag nicht“ Herr Haselsteiner, könnte Deripaska mit seinen jetzt 18,6 Prozent vom Strabag-Kapital sich an die 30-Prozent-Grenze heranpirschen - zum Zweck einer feindlichen Übernahme wie es ACS bei Hochtief gemacht hat? Haselsteiner: Das ist ausgeschlossen, denn ein Vakuum wie bei Hochtief gibt es nicht, weil wir ein Kernaktionariat haben. Deripaska wird das auch nicht tun. Die Syndikatsvereinbarung sieht vor, dass er jedes halbe Jahr eine Option einlöst. Dabei steigt der Prozentsatz seines Anteils an Strabag kontinuierlich. Am 26. Juli  2014 ist er dann wieder bei den 25,1 Prozent, die er schon mal hatte - wie damals, als er über eine Milliarde Euro in die Strabag investiert und damit unseren erfolgreichen Börsengang mit ermöglicht hat. Als er wegen der Probleme in anderen Branchen bei der Strabag aussteigen musste, haben wir gesagt: Wenn Du wieder kannst, bist Du willkommen. Quelle: REUTERS
…einen Rückzug von der Börse„Der Börsenwert ist frustrierend“ Herr Haselsteiner, der Strabag-Aktienkurs, der schon mal bei 54 Euro lag, ist nun bei 17 Euro. Wenn er unter 10 Euro fällt, nehmen Sie Strabag dann von der Börse? Haselsteiner (seufzt): Ein Börsenwert, der zwei Drittel vom Buchwert ausmacht, ist frustrierend. Da fragt man sich: wozu braucht man das? Das Thema Delisting ist aber zur Zeit nicht in meinem Kopf und nicht in den Köpfen meiner Syndikatspartner. Wenn der Kurs noch weiter fiele, würde aber der Appetit wachsen, den Syndikatsbesitz zu steigern. Wir haben ja nur noch 13 Prozent Streubesitz. Quelle: dpa
…einen feindlichen Strabag-Angriff auf einen Wettbewerber„Ich würde grundsätzlich keine feindliche Übernahme machen“ Herr Haselsteiner, könnten Sie sich, um wie angestrebt Nummer eins zu werden im europäischen Markt , auch eine feindliche Übernahme vorstellen wie es ACS-Chef Florentino Perez bei Hochtief gemacht hat? Haselsteiner: Dazu fehlt mir das Geld, und ich sehe darin auch keinen Sinn. Ich würde grundsätzlich keine feindliche Übernahme machen, weil sie zu teuer ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Herr Perez große Freude an Hochtief hat. Noch schlimmer ist es bei FCC mit Alpine. Quelle: AP
…die Steuerung großer Auslandstöchter in Übersee„Statt Leighton hätte ich lieber eine australische Brauerei“ Herr Haselsteiner, haben Sie Hochtief nicht zeitweise um Leighton beneidet? Haselsteiner: Leighton war für Hochtief eine tolle Investition, auch Turner war nicht schlecht. Nur mit der Baufirma Hochtief Essen haben beide nichts zu tun. Ich hab schon damals dem Hochtief-Chef Hans Peter Keitel gesagt: Es ist dem Hund in Australien wurscht, wer in Essen mit dem Schwanz wackelt. Da war er dann sehr bös. Ich persönlich hätte vielleicht lieber eine australische Brauerei gekauft, um zu diversifizieren. Ob ich jetzt Bier habe in Australien oder Bau, ist von Strabag Wien aus betrachtet wurscht. Du fliegst Business, Du wirst schön empfangen, dann wird Dir alles präsentiert, und dann steigst Du wieder ins Flugzeug – und die Manager dort unten sagen: Jetzt ist der Oide („der Alte“) wieder weg. Nach Australien müssen Sie zehn Stunden fliegen, dann sechs Stunden ausschlafen und stellen überrascht fest, was da unten im Bau passiert. Quelle: REUTERS
…die Steuerung von Geschäften in Chile„In Chile wollen wir nur bestimmte Geschäfte, in Russland eine deckende Präsenz“ Herr Dr. Birtel, Chile ist nicht viel näher als Australien. Wie steuern Sie die Geschäfte dort? Birtel: Chile, Australien und andere Märkte sind dann nicht auszuschließen, wenn wir einen Großkunden dorthin begleiten. Auch wenn wir dort mit den großen Bergbaukonzernen Kooperationen eingehen, ist das eine andere Strategie als eine Tochter dort zu haben, die sich von Europa aus kaum kontrollieren lässt. Wir wollen dann nur ein bestimmtes Geschäft, bei dem wir einen strategischen und einen technologischen Vorsprung haben. Insofern sind wir in Chile und auch in Australien - aber anders als wir in Ungarn oder Rumänien sind und wie wir nach Russland wollen. Dort wollen wir nicht bloß eine Mine erschließen, sondern da wollen wir eine relativ deckende Marktdurchdringung und Präsenz erreichen. Quelle: REUTERS

WirtschaftsWoche: Herr Haselsteiner, Sie wollen den ehemaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky, der wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung inhaftiert ist, im Finanzbereich von Strabag beschäftigen. Warum machen Sie das?

Haselsteiner: Was erstaunt Sie daran?

Dass Sie ohne Not die Distanz zu einem Straftäter aufgeben, der Strabag-Aufsichtsrat war. Das hat ein Geschmäckle.

Haselsteiner: Ich bin nicht päpstlicher als der Papst. Wer rechtskräftig verurteilt wurde, hat seine Strafe abzubüßen. Dann ist die Sache erledigt. Gribkowsky im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu resozialisieren ist im öffentlichen Interesse. Ich bin dagegen, jemanden, der einen Fehler gemacht hat, lebenslänglich an den Pranger zu stellen.

Die größten Baukonzerne Europas
Bauarbeiter arbeiten auf einem Gerüst Quelle: AP
Bauarbeiter arbeiten auf einer Baustelle des Konzerns Strabag Quelle: dpa
Platz 8: COLAS SADer französische Konzern hat sich auf Straßen- und Schienenbau spezialisiert. Der Name des Konzerns, für den 73.600 Menschen arbeiten, setzt sich aus den englischen Wörtern "cold" und "asphalt" zusammen.Umsatz 2012: 13 Milliarden Euro Quelle: dpa
Baukräne unter grauem Himmel Quelle: AP
Ein Bauarbeiter erhitzt auf einer Baustelle Rohre Quelle: APN
Bauarbeiter in einem neu gebauten U-Bahn-Schacht Quelle: dpa/dpaweb
Ein Arbeiter des Bauunternehmens Hochtief weist einen Container ein Quelle: dpa

Was genau soll er machen für Strabag?

Haselsteiner: Er ist ein ausgebildeter Finanzmann, und wir werden ihn in der Projektentwicklung einsetzen.

Ist Gribkowsky zeichnungsberechtigt?

Haselsteiner: Nein.

Als Freigänger wird er zu festen Zeiten in der Haftanstalt sein müssen. Mit seinen Aufgaben bei Strabag ist das kompatibel?

Haselsteiner: Wir werden das entsprechend gestalten. Außerdem muss ja erst die Justiz entscheiden, ob ein Freigängertum für ihn infrage kommt. Vergangene Woche habe ich Gribkowsky in der Haftanstalt besucht und die Konditionen besprochen. Es ist kein Managementjob. Gribkowsky soll eine Chance bekommen, diesen Bruch in seinem Leben zu überwinden.

Wann beginnt er für Strabag zu arbeiten?

Haselsteiner: Das ist alles offen. Wie gesagt: Die Justiz entscheidet.

Sie vertrauen Herrn Gribkowsky, dass er keine weitere Untreue begehen wird?

Haselsteiner: Richtig. Ich glaube nicht, dass er mich betrügen wird.

Herr Birtel, geben Sie auch Ihren früheren Mitarbeitern eine zweite Chance, die bei Straßenbau-Aufträgen in Sachsen ein laut Strabag "systematisches Betrugs- und Korruptionsnetzwerk" gestrickt hatten?

Birtel: Dieser Fall liegt anders: Hier wurde die Strabag betrogen und auch durch weitere Straftaten geschädigt.

Zu den Personen

Herr Haselsteiner, wie viel Spielraum wird Herr Birtel haben, Strabag zu führen? Sie bleiben Generalbevollmächtigter und natürlich Großaktionär. Tauschen Sie beide die Büros bloß symbolisch?

Haselsteiner: Sicher nicht! Ich möchte keine Vorstandssitzungen mehr, kein Tagesgeschäft. An Vorstandssitzungen werde ich nur teilnehmen, wenn wir übereinkommen, dass die Tagesordnung es erforderlich macht und ich vom Vorstand eingeladen werde. Ich werde aber bis zum Auslaufen meines Vertrages Ende 2015 bestimmte Funktionen ausüben.

Welche?

Birtel: Herr Haselsteiner wird sich vor allem mit der Strategie der Internationalisierung befassen.

Die ist existenziell. Ihre beim Börsengang 2007 verkündeten Ziele, Strabag solle größter Baukonzern Europas werden und Russland größter nationaler Markt des Konzerns, haben Sie glatt verfehlt.

Haselsteiner: Beides hing miteinander zusammen. Nur wer der Größte in Russland ist, wird der Größte in Europa sein.

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