Erich Sixt hat sich bei seiner Abschiedsvorstellung als Chef des gleichnamigen Autovermieters kämpferisch gezeigt. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, den Turbo zuzuschalten, sagte Sixt am Mittwoch bei der Hauptversammlung. Die Wettbewerber seien geschwächt. Sixt kündigte Investitionen in Produkte, Prozesse, Marketing und Menschen an. Der Autovermieter wolle vor allem organisch wachsen. Zukäufen erteilte Sixt eine Absage: „Im übrigen hat Darwins Auslese stattgefunden, es gibt schlichtweg kaum noch jemanden, den man kaufen könnte.“
Eine Prognose für das laufende Jahr wagte Sixt nicht, weil das Ausmaß und die Dauer der pandemiebedingten Einschränkungen noch nicht eingeschätzt werden könnten. Allerdings mache die Geschäftsentwicklung der vergangenen Wochen Hoffnung, dass das Unternehmen nach Überwindung der Krisensituation wieder an den Wachstumsmodus der Vor-Corona-Zeit anknüpfen könne.
Ein Verkauf des Autovermieters ist für den Firmenpatriarchen weiter kein Thema: „Dieses Geschäft ist mein Leben“, sagte Sixt, der in einer Woche seinen 77. Geburtstag feiert. Er sei kein Firmenhändler: „Und ich freue mich, dass es bei meinen Söhnen so ist, dass sie Freude daran haben, das Unternehmen wachsen zu sehen. Das ist wichtiger, als wenn sie jetzt Geld einstecken und verkaufen.“ Die Familie hält 58,3 Prozent der Stammaktien. Im vergangenen Jahr war über ein Interesse von VW an einem Einstieg bei Sixt spekuliert worden.
Sixt wechselt nach einem halben Jahrhundert an der Firmenspitze in den Aufsichtsrat und löst dort Tui-Chef Fritz Joussen ab. Sixts Söhne Konstantin und Alexander teilen sich dann den Vorstandsvorsitz. Alexander Sixt sagte, das Unternehmen sei das Lebenswerk seiner Eltern. „Glauben sie mir eins, unser Vater ist mit Sicherheit unser stärkster Kritiker.“
Ein halbes Jahrhundert lang stand Erich Sixt an der Spitze. Als 25-Jähriger hatte er 1969 die Taxi- und Vermietfirma seines erkrankten Vaters mit 200 Fahrzeugen übernommen und zu einem börsennotierten Konzern gemacht, der immer schwarze Zahlen schrieb. Sogar im Krisenjahr 2020, als der Umsatz von 2,5 auf 1,5 Milliarden Euro einbrach, stand unter dem Strich noch ein kleiner Gewinn von zwei Millionen Euro, während Konkurrent Hertz Insolvenz anmeldete und Avis und Europcar über 500 Millionen Euro Verlust machten.
Die beiden Söhne übernehmen das Steuer mitten in der Coronakrise. Sixt ist mit roten Zahlen ins Jahr gestartet. An den Flughäfen fehlen die Geschäftsreisenden. In den Urlaubsregionen steigt jetzt die Nachfrage nach Mietwagen – aber die Vermieter können ihre Flotten nicht schnell genug wieder aufstocken, weil die Autohersteller mangels Chips nicht genug liefern können.
Die Folge sind enorme Preissteigerungen. Sixt kassiert, was der Markt hergibt. Die Kurzarbeit soll Ende Juni zurückgefahren werden. Eine Jahresprognose aber hat der Autovermieter noch nicht gewagt.
Mehr zum Thema: Die Tage von Erich Sixt als Chef der Autovermietung sind gezählt – ausgerechnet nach der Vollbremsung der Branche wegen Corona. Den Neustart überlässt er seinen Söhnen. Die lädierte Konkurrenz wittert ihre Chance.