Siemens Energy hat sich bei seiner ersten Hauptversammlung einer ganzen Reihe skeptischer Fragen zur Besetzung des Aufsichtsrats stellen müssen. Zahlreiche Aktionäre des im vergangenen Jahr von Siemens abgespaltenen Unternehmens befassten sich mit der Unabhängigkeit von Joe Kaeser. Der erst vor wenigen Tagen als Siemens-Chef abgetretene Manager ist Aufsichtsratschef bei Siemens Energy und soll diese Rolle auch weiterhin einnehmen.
„Die Wahl von Joe Kaeser hat durchaus ein Gschmäckle“, kritisierte Aktionärsvertreterin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Siemens habe zu viel Macht im Aufsichtsrat. Das Unternehmen hält nach wie vor ein großes Aktienpaket an Energy. Auch Vera Diehl von der Fondsgesellschaft Union Investment kritisierte, dass Kaeser nicht unabhängig sei. Kaeser betonte dagegen, von Siemens unabhängig zu sein. „Ich selbst habe überhaupt keine Bindungen mehr zu Siemens“, sagte er. Er werde ausschließlich im Interesse von Siemens Energy handeln.
Um ein zu großes Gewicht von Siemens im Aufsichtsrat zu verhindern, hat Siemens Energy die Funktion eines besonders unabhängigen Aufsichtsratsmitglieds eingeführt, die der Manager Hubert Lienhard übernimmt. Die Fondsgesellschaft Deka begrüßte diesen Schritt - er räume ihre Bedenken zur restlichen Besetzung des Aufsichtsrats aus.
Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas bleibt trotz Bedenken von Aktionären im Aufsichtsrat der ehemaligen Tochter Siemens Energy. Die Hauptversammlung bestätigte Thomas am Mittwoch mit 84,7 Prozent als Mitglied des Aufsichtsrats des Energietechnik-Konzerns, wie Aufsichtsratschef Joe Kaeser sagte. Einflussreiche Aktionärsberater hatten sich im Vorfeld gegen eine Wahl von Thomas ausgesprochen, weil dieser als Vertreter des Großaktionärs auch Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist, der über die Bilanzen von Siemens Energy wacht. Den Posten solle besser ein unabhängiger Kandidat bekleiden.
Kaeser hatte daraufhin zugesagt, dass Thomas den Posten als Chef des Ausschusses spätestens in einem Jahr abgeben werde. Das beschwichtigte offenbar viele kritische Aktionäre. Der Experte der Fondsgesellschaft Deka für gute Unternehmensführung, Winfried Mathes, hatte erklärt, seine Bedenken gegen die Wahl von Thomas seien damit ausgeräumt.
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