Der Autobauer Opel hat im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel seines Absatzes verloren. Die deutsche Tochter des französischen PSA-Konzerns verkaufte gemeinsam mit der britischen Schwestermarke Vauxhall noch 632.687 Autos weltweit, wie der Konzern am Donnerstag berichtete.
Das war im Vergleich zum Jahr 2019 ein im Marktvergleich überdurchschnittlicher Rückgang um 35 Prozent. Sämtliche Marken des PSA-Konzerns verzeichneten einen vor allem von der Coronakrise verursachten Absatzrückgang um 27,8 Prozent auf 2,51 Millionen Autos.
Neben den Folgen der Pandemie nannte Opel die Umstrukturierung seines Angebots als wesentlichen Grund für die Absatzverluste. So wurden im Laufe des Jahres 2020 fünf Modelle aus dem Programm genommen, die noch auf der Technik des früheren Mutterkonzerns General Motors beruhten und klimatechnisch nicht als zukunftsfähig galten. Von diesen Modellen waren 2019 noch mehr als 150.000 Einheiten verkauft worden, erläuterte ein Sprecher. Zudem konzentriere man sich stärker auf profitable Vertriebskanäle.
Der PSA-Konzern hat nach eigenen Angaben die durchschnittlichen CO2-Emissionen der verkauften Fahrzeuge weiter gesenkt und wie angekündigt die europäischen Zielwerte erfüllt. Dies sei mit Optimierungen im Bereich der Verbrenner und mit einem starken Absatzplus bei elektrifizierten Modellen erreicht worden. Bei Opel sind schon Tausende Menschen über freiwillige Programme ausgeschieden, Modelle wie Cascada, Adam oder Karl wurden wegen schlechter CO2-Werte gestrichen. Die Folge: Bis Ende Oktober hatte Opel nur 490.091 Autos abgesetzt – gut 40 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Marktanteil von einst weit über zehn Prozent hat sich mehr als halbiert. Opel sieht zwar „eine Trendumkehr“, im November lag der deutsche Marktanteil bei 6,3 Prozent. Für 2020 aber liegt er bei fünf Prozent. „Opel wird als Marke unsichtbar“, sagt Dudenhöffer. „Opel droht zu verschwinden“, ergänzt Bratzel.
Mit dem deutschen Marktanteil von fünf Prozent zeigte sich Opel-Chef Michael Lohscheller mehr als unglücklich: Das sei „überhaupt nicht zufriedenstellend“ und tue weder Opel noch dem Handel gut, sagte Lohscheller laut Informationen der WirtschaftsWoche im Dezember. Das entziehe Selbstvertrauen, man müsse dringend gegensteuern – sonst komme man in eine „Spirale“ aus weniger Volumen und weniger Volumen. Lohscheller verwies darauf, dass Deutschland der Heimatmarkt für Opel sei. „Hier müssen wir besser werden, hier müssen wir richtig gut unterwegs sein.“
Zwar zogen im Verkaufsgebiet Mittlerer Osten und Afrika die Verkäufe stark an – um 48,9 Prozent. Opel profitiert dort von neu erschlossenen Märkten und Synergien mit den Konzernschwestern Peugeot und Citroen. Allerdings erlitt Opel/Vauxhall seine größten Absatzverluste in seinem Kernmarkt Europa mit einem Rückgang um 38,3 Prozent. Schon im ersten Halbjahr 2020 hatte Opel laut Marktforschungsagentur puls mehr Kunden an Citroën und Fiat verloren, als die Marke von dort gewinnen konnte. Demnach fuhren knapp 14 Prozent der Menschen, die sich einen neuen Fiat leisteten, zuvor Opel; bei Citroën waren es fast 16 Prozent.
Zusätzlich zum Wettbewerb von außen drohe Opel „neuer Wettbewerb von innen“, sagte Jürgen Gietl von der Managementberatung BrandTrust im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Anfang Januar besiegelte Opel-Mutterkonzerns PSA die Megafusion mit Fiat Chrysler. Dank der Fusion sollen die Kosten sinken, auch bei Opel. Bei den Standorten, in der Entwicklung und im Vertrieb könnte es den deutschen Autobauer hart treffen. (Mehr darüber lesen Sie hier.) Mit Peugeot, Citroën, Opel, Vauxhall, DS, Fiat, Alfa Romeo, Maserati, Lancia, Abarth, Chrysler, Dodge, Ram und Jeep hätte der Konzern 14 Marken. „Stellantis wird sein Portfolio nach der Fusion neu aufstellen“, so Gietl. Die Marken würden nach Klasse, Zielgruppe und Regionen aufgeteilt. „Jede Marke braucht eine messerscharfe Positionierung, das Haifischbecken, in dem sich Opel bewegt, wird noch größer.“ Durch die Fusion werde Opel „stärker unter Druck geraten“, sagte auch puls-Chef Konrad Weßner Ende 2020 der WirtschaftsWoche.
Auch Lohscheller machte bei einer Betriebsversammlung im Dezember keinen Hehl aus dem internen Konkurrenzkampf im neuen Megakonzern. Opel müsse es schaffen, „Arbeit aus dem Konzern zu uns zu holen“, berichteten Insider der WirtschaftsWoche über Lohschellers Worte. Man lebe in einem großen Konzern, wo viele Parteien schon heute versuchten, Investitionen und Arbeit an die eigenen Standorte zu holen. Opel sei da intern „in einem großen Wettbewerb“.
Mehr zum Thema: Die Fusion der Opel-Mutter PSA mit Fiat Chrysler Automobiles wird die deutsche Traditionsmarke in die Enge treiben.