Staatliche Sanktionen in Russland, hausgemachte Probleme in Nordamerika und eine schwächelnde Konjunktur in China: Das laufende Geschäftsjahr hält für den dänischen Henkel-Chef Kasper Rorsted zahlreiche Herausforderungen parat. Für den erfolgsverwöhnten und offenbar von vielen Konzernen umgarnten Konzernlenker wird es immer schwieriger seine hochgesteckten Vier-Jahres-Ziele bis Ende kommenden Jahres zu erreichen.
Es mehren sich Zeichen, dass die Tage des stetigen Aufwärts der Henkel-Aktie gezählt sein könnten. Besonders das konjunkturabhängige industrielle Klebstoffgeschäft hatte sich zuletzt erheblich abgeschwächt. Vor wenigen Wochen meldete die WirtschaftsWoche exklusiv, dass Rorsted 1200 Jobs in der größten Konzernsparte streicht, vor allem in Asien. Und zwar schneller als bislang geplant.
Dabei hatte Rorsted erst vor knapp zwei Jahren in China die weltgrößte Klebstofffabrik eröffnet. Größere Einschnitte erwartet Rorsted aber nicht, und auch an den insgesamt 17 chinesischen Fabriken will er festhalten. Das Geschäft mit den Endverbrauchern entwickle sich schließlich noch immer gut, und die längerfristigen Perspektiven für das Land seien intakt.
Kosmetikriesen: Henkel und Procter & Gamble im Vergleich
Umsatz und Gewinn der Kosmetikparten.
Quelle: Unternehmen
Produkte: Schwarzkopf, Syoss, Dial
Gesamtumsatz(in Mrd. Euro): 16,4
...davon Anteil an Kosmetika: 22%
...davon Umsatz mit Kosmetika(in Mrd. Euro): 3,54
...davon Gewinn mit Kosmetika(in Mio. Euro): 554
Produkte: Head & Shoulders, Pantene, Wella
Gesamtumsatz(in Mrd. Euro): 77,6
...davon Anteil an Kosmetika: 24%
...davon Umsatz mit Kosmetika(in Mrd. Euro): 18,2
...davon Gewinn mit Kosmetika(in Mrd. Euro): 2,6
Derzeit kämpft die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde mit einer unerwartet schlechten Konjunktur, hohen Schuldenbergen, dem Platzen einer Aktienblase und schwachen Außenhandelszahlen. Die Zeiten des Turbo-Wachstums sind nach Meinung von Experten vorbei.
Aktuell ist es so niedrig wie seit 1990 nicht mehr. Die überraschende Abwertung der Währung ließ ebenfalls Sorgen aufkommen, dass es um die Wirtschaft schlecht bestellt sei. Dennoch ist Rorsted der Meinung, China könne eines Tages für Henkel zum zweitgrößten Markt werden und damit Deutschland überholen. Doch die Jobkürzungen zeigen deutlich: Es wird schwieriger, Umsatz und Rendite wie versprochen weiter zu erhöhen, wenn die Konjunktur nachgibt.
Wissenswertes zu Henkel
...nimmt das Unternehmen 1876 in Aachen als Henkel & Cie. Fritz Henkel gründet es gemeinsam mit zwei Freunden und bringt ein Pulver-Waschmittel unters Volk, das erstmals in kleinen Päckchen statt - wie damals üblich - lose verkauft wird.
... tragen rund 4,6 Millionen Euro in 2013 beziehungsweise 28 Prozent zum Konzernumsatz bei.
... bringt 2013 3,5 Millionen Euro beziehungsweise 21 Prozent am Konzernumsatz.
Kraftakt in Nordamerika
Jenseits der asiatischen Staaten gilt Rorsteds Augenmerk derzeit dem nordamerikanischen Markt. Dort hatte Henkel vor allem im Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmittel Boden gegenüber dem großen Wettbewerber Procter & Gamble verloren und auch prompt die Quittung bekommen: 2014 verloren die Düsseldorfer dort fast drei Prozent vom Umsatz. Auch die Gewinne waren rückläufig. Seit knapp einem Jahr steuert der Däne nun konsequent mit neuen Management und neuen Produkten gegen.
Bis Mitte 2016 soll Henkel demnach wieder in der Lage sein, in Amerika schneller zu wachsen als der Gesamtmarkt. Erste Fortschritte sieht er schon jetzt, und in den jüngsten Quartalsberichten hat Henkel für die Region zumindest wieder leichte Umsatzzuwächse ausgewiesen.
Dämpfer im Russland-Geschäft
Auch im Russland-Geschäft musste Henkel einen Dämpfer hinnehmen. Ende August hatte die russische Verbraucherschutzbehörde Knall auf Fall Waschmittel europäischer Hersteller aus dem Verkehr gezogen. Die Begründung: die Produkte hätten gegen die Schadstoffbestimmungen verstoßen, teilte die Moskauer Verbraucherschutzbehörde mit. Betroffen waren auch Produkte von Henkel.
Unterschiedliche Erwartungen
Im Vorfeld der Quartalszahlen hatte es bereits Abstufungen einiger Bankhäuser gegeben. Die Schweizer Bank Credit Suisse senkte Henkel von „Neutral“ auf „Underperform“ und das Kursziel von 94 auf 90 Euro.
Die Aktien des Konsumgüterkonzerns hätten sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt und nun sehe es so aus, als ob die wichtigsten Impulsgeber für den Kurs sich nun totgelaufen hätten, so die Begründung von Molly Eggleton in einer Studie. Die Analystin geht von einem langsameren Wachstum und schwächeren Gewinnen aus.
Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für Henkel vor Zahlen auf „Underweight“ mit einem Kursziel von 84 Euro belassen. Die Experten befürchteten in einer Studie sogar eine Umsatzenttäuschung. Der Konzern könnte sein Wachstumsziel von 3 bis 5 Prozent auf vergleichbarer Basis für 2015 zurückschrauben. JPMorgan geht nur noch von einem Umsatzplus in Höhe von 2,2 Prozent aus.
Das Düsseldorfer Bankhaus Lampe hingegen belässt Henkel vor Veröffentlichung der morgigen Quartalszahlen auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 117 Euro. Das Wachstum des Konsumgüterherstellers aus eigener Kraft dürfte sich im dritten Quartal leicht verbessert haben, schrieb Analyst Heiko Feber in einer Studie.
Wegen der Kosten für die US-Markteinführung des Waschmittels Persil und des anhaltenden Margendrucks im Klebstoffgeschäft sei er mit Blick auf die Margen vorsichtiger als der Markt. Er gehe aber weiterhin davon aus, dass Henkel sein Jahresziel für die bereinigte operative Gewinnmarge (Ebit) erreichen sollte.