
In der niedersächsischen Kleinstadt Dissen sind Parks nach dem Feinkosthersteller Homann benannt, der alte Wasserturm neben der Werkseinfahrt heißt im Volksmund Butterfinger. Hinter Backsteinbauten und einem stillgelegten Schornstein mit Homann-Schriftzug werden Sahne-Heringsfilets, Rollmops und Geflügelsalat Hawaii hergestellt. Doch spätestens in drei Jahren soll damit Schluss sein. 141 Jahre Homann wären Geschichte, 1200 Jobs im Landkreis Osnabrück verloren.
Aufwärts geht es dafür 500 Kilometer entfernt im sächsischen Leppersdorf. Dort erwarten Politiker, Handwerker, Baufirmen und Bevölkerung den 500 Millionen Euro teuren Neubau eines Homann-Werks. 1000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.
Entschieden hat das der deutsche Molkemilliardär Theo Müller, zu dessen Reich der Feinkosthersteller mit rund 600 Millionen Euro Umsatz gehört. Er ist für sprunghafte Entscheidungen bekannt – und auch mit Standortoptimierung kennt er sich bestens aus, zog er selbst doch schon 2003 mitsamt Hausstand ins Schweizer Steuerexil nahe Zürich. Seine Firmengruppe mit knapp sechs Milliarden Euro Umsatz sitzt in Luxemburg. Der Umzugsplan hat die Branche überrascht und Niedersachsen schockiert. Doch für Sentimentalitäten hat Müller nicht viel übrig, allzu verlockend sind die möglichen Synergien in Sachsen.
Dennoch versuchen Belegschaft, Betriebsräte und Politiker – vom niedersächsischen Ministerpräsidenten bis zum Dissener Bürgermeister – den 77-Jährigen von seinen Umzugsplänen abzubringen. Bisher vergeblich. Theo Müller bleibt stur und stellt sich, wenn es sein muss, gegen den Rest der Welt.
Mit dem Gedanken an einen großen Fabrikneubau schlägt sich der Vater von neun leiblichen Kindern schon seit Ende 2011 herum. Da gibt er erste interne Analysen für mögliche Standorte und damit erzielbare Einsparpotenziale in Auftrag. So richtig begeistert ist von den Plänen seinerzeit niemand. Doch der Patriarch lässt nicht locker, hakt immer wieder nach. Im Spätherbst 2015 schließlich entscheidet er, dass neu gebaut wird. Wo, lässt er erst mal offen.
Eine Milliarde für Sachsenmilch-Sanierung
Vieles deutet auf Dissen hin. Die Stadt tritt in Vorleistung, reißt Häuser ab, kauft Grundstücke und stellt dem Unternehmen ein 20 Hektar großes Gelände zur Verfügung. Den Tarifvertrag, gültig bis 2019, schließt das Unternehmen unter der Voraussetzung ab, dass Homann in der Region bleibt.

Dabei, so meinen Insider, dürften bei Theo Müller da schon Pläne gereift sein, den Müller-Standort Leppersdorf um ein neues Homann-Werk zu erweitern. Seit dem Erwerb der DDR-Sanierungsruine Sachsenmilch vor 23 Jahren hat Müller mehr als eine Milliarde Euro in das dortige Werk gesteckt. Von der EU, dem Bund und dem Land Sachsen kamen zusätzlich 70 Millionen Euro Subventionen. Heute arbeiten in der größten und modernsten Molkerei Europas 2500 Mitarbeiter. „Theo Müller liebt diese Fabrik, sie ist so etwas wie sein zehntes Kind“, sagt ein ehemaliger Manager.
Die größten Lebensmittelhersteller der Welt
Platz 10: Smithfield
Der Konzern ist der weltgrößte Schweinefleischproduzent und -lieferant mit Firmensitz in Virginia. 2013 hat die chinesische Staatsfirma Shuanghui das Unternehmen übernommen.
Quelle: Konzernatlas 2017
Platz 9: General Mills
Auf dem neunten Platz der umsatzstärksten Unternehmen liegt der US-Lebensmittelkonzern mit Sitz in Golden Valley, Minnesota. In den USA kennt man das Unternehmen für seine Frühstücksflocken. In Deutschland bekannt ist unter anderem die Eiskremesorte Häagen-Dazs.
Platz 8: Danone
Das französische Unternehmen ist der Rivale des schweizerischen Lebensmittelgiganten Nestlé. Der Lebensmittelproduzent ist in Deutschland durch das Joghurtgetränk Actimel oder durch seine bunten Verpackungen von den Fruchtzwergen bekannt. Der Konzern hat am Ende des Jahres 2016 die EU-Genehmigung für die Übernahme des US-Bio-Rivalen Whitewave erhalten.
Platz 7: Unilever
Der niederländische Lebensmittel- und Kosmetikriese ist in Großbritannien durch den Brotaufstrich Marmite bekannt. In Deutschland finden sich von dem Unternehmen bekannte Marken wie Becel, Bertolli, Langnese, Lipton oder Knorr. 2016 kaufte der Konzern die US-Ökofirma Seventh Generation auf, um der Nachfrage nach ethischen Produkten in der Haushaltssparte nachzukommen.
Platz 6: Kraft Heinz
Auf Platz sechs findet sich das US-amerikanische Unternehmen Kraft Heinz mit Sitz in Pittsburgh, das bei uns besonders durch den Tomaten-Ketchup bekannt ist. Der Konzern ist 2015 aus der Fusion von Kraft Foods und Heinz Company hervorgegangen.
Platz 5: Mondelez
Der Lebensmittelriese mit Sitz in Deerfield, Illinois, ist Hersteller der in zahlreichen Ländern vertriebenen Schokolade mit in goldgelb verpackten Bergen. 2016 gab es in Großbritannien einen Aufschrei wegen der zackigen Süßigkeit. Der Konzern stellt unter anderem auch so bekannte Marken wie Milka und Oreo her.
Platz 4: Mars
Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in Virginia nimmt den vierten Platz in der Weltrangliste der Lebensmittelhersteller ein. Es stellt die bekannten Marken Balisto, Bounty, M&M’s, Milky Way oder den gleichnamigen Schokoriegel Mars her. Der Konzern stellt neben Süßigkeiten auch Tiernahrung her.
Platz 3: Tyson Foods
Das US-amerikanische Unternehmen mit Sitz in Springdale, Arkansas, ist der zweitgrößte Fleischproduzent und -lieferant der Welt. Der Konzern verarbeitet unter anderem Rind-, Schweine- und Hähnchenfleisch und beliefert beispielsweise McDonald´s, Burger King und Kentucky Fried Chicken.
Platz 2: JBS
Das südamerikanische Familienunternehmen JBS ist der weltgrößte Fleischproduzent und -lieferant und liegt damit auf Platz zwei der Top 10. Der Fleischverarbeiter mit Sitz in São Paulo exportiert seine Waren in über 150 Länder.
Platz 1: Nestlé
Der weltgrößte Lebensmittelhersteller ist das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Der Konzern ist durch Marken wie Nescafé, Nespresso, Nestea (mit Coca-Cola), Maggi oder After Eight in Deutschland bekannt. Nestlé hat mit Ende 2016 einen neuen Chef bekommen, mit dem der Nahrungsmittelhersteller raus aus dem weniger rentablen US-Süßwarengeschäft und der Tiefkühlkost und rein in das vielversprechende Gesundheitsgeschäft kommen möchte.
Auf dem Firmengelände, das größer ist als der Wachauer Ortsteil Leppersdorf selbst, gibt es bereits eine Becherproduktion, ein Logistikzentrum, eine Lkw-Werkstatt und ein eigenes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk. Erst im vergangenen Jahr spendierte Müller zudem 200 Millionen Euro für „Molke V“, eine Produktionsanlage für hygienisch hochsensible Säuglingsnahrung. Die Infrastruktur würde sich noch besser rechnen, wenn Müller sie nicht nur für Sachsenmilch, sondern auch für Homann nutzt.