IAA Nutzfahrzeuge Das elektrische Zeitalter hat begonnen

Auf der IAA zeigen die Hersteller die Zukunft der Nutzfahrzeuge. Zumindest in den Städten wird sie elektrisch sein. Dort lohnt sich der Einsatz batteriegetriebener Fahrzeuge. 2020 dürfte die Serienproduktion beginnen.

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Auf der IAA für Nutzfahrzeuge präsentieren die Aussteller unter anderem alternative Antriebe, autonomes Fahren und vernetzte Fahrzeuge. Quelle: dpa

Hannover Der Fahrer des Transporters lässt eine kleine Laderampe herunter. Dann kommen langsam die kleinen dreiachsigen Wägelchen zum Vorschein. Kleine Transportbehälter, nicht viel größer als ein Papierkorb. Sie fahren aus dem Transporter heraus – ferngesteuert, zu erkennen an der langen Antenne.

Nicht auf dem Messegelände und nicht auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), sondern in der Innenstadt von Hannover inszeniert der Daimler-Konzern spektakulär die Zukunft des Transports. Die Lastwagen-Flotte der Zukunft fährt vor einem Kraftwerk in gleißendem Scheinwerferlicht vor. Die Schornsteine des Kraftwerks sind in leuchtendes Blau gehüllt – der Farbe, die für sauberen und umweltgerechten Elektroantrieb steht.

Die Inszenierung der elektrischen Zukunft geht bei Daimler noch weiter. Ein semi-autonomer Bus fährt vor, der Teile des Weges selbstständig und ohne Fahrer zurücklegen kann. Dann kommt der Elektro-Lastwagen für den städtischen Verteilerverkehr, der schon in wenigen Jahren durch die Zentren der deutschen Kommunen rollen soll. Ein Raunen geht durch das Publikum, als eine Drohne punktgenau auf dem Dach des Elektro-Transporters landet. Auch so könnte im nächsten Jahrzehnt die Zukunft der Logistik aussehen.

Potenzielle Kunden müssen sich allerdings gedulden. Es werden noch einige Jahre vergehen, bis Transporter und Lastwagen tatsächlich mit einem Batterieantrieb unterwegs sind. „2020 wird der Gezeitenwechsel einsetzen“, glaubt Wolfgang Bernhard, Konzernvorstand bei Daimler und dort verantwortlich für die Nutzfahrzeug-Sparte. Spätestens in vier Jahren sollten bei den Stuttgartern batteriegetriebene Busse, Transporter und Lastwagen als Serienmodelle von den Bändern laufen.

Bernhard hat dafür eine zentrale Begründung parat. „Die großen Neuigkeiten kommen aus der Entwicklung der Batterien“, betont der Daimler-Vorstand. Die jüngste Generation sei etwa zweieinhalbmal so leistungsfähig wie ihre Vorgänger. Die Produktionskosten seien mit demselben Faktor gesunken. Zudem rechne der Daimler-Konzern damit, dass Kapazität und Fertigungsaufwand noch weiter zurückgingen. „Der vollelektrische Antrieb wird also langsam für unsere Kunden interessant“, folgert Bernhard.

In Hannover präsentiert der Daimler-Konzern einen neuen batteriegetriebenen Transporter seiner japanischen Tochter Fuso. Genaue Preise für das Fahrzeug nennt das Unternehmen noch nicht. Fuso macht allerdings eine andere Rechnung auf: Nach drei Jahren hätten sich die höheren Anschaffungskosten für den teureren Batterieantrieb amortisiert. Der Strompreis liege deutlich unter den Kosten für Diesel, deshalb lohne sich für den Spediteur der Wechsel auf den Batterieantrieb. Außerdem würden die Wartungskosten mit dem Batterieantrieb deutlich sinken.


Geräuschloser Güterverkehr

Daimler will seine elektrische Zukunft unmittelbar mit dem Umstieg vom Diesel- auf den Elektroantrieb einleiten. Im Unterschied zu Mercedes-Pkw werde es bei den Nutzfahrzeugen keine Übergangsphase mit sogenannten Hybrid-Modellen geben, die halb mit Elektro- und halb mit Verbrennungsmotoren angetrieben werden. Bei Bussen, Transportern und Lastwagen sei eine solche Übergangszeit nicht nötig, die Entwicklung des Batterieantriebs sei weit vorangeschritten.

Auch bei Volkswagen fährt ein batteriegetriebener Lastwagen vor. Der Lkw der Tochtermarke MAN ist kaum zu hören, so leise wird die elektrische Zukunft im Güterverkehr sein. „Ein großer Lastwagen, und man hört so gut wie gar nichts“, sagt ein Mann erstaunt im Publikum.

Auch im Volkswagen-Konzern sind die Transporter, Busse und Lastwagen mit Batterieantrieb in Vorbereitung. Doch Andreas Renschler, Konzernvorstand und Chef der VW-Nutzfahrzeugsparte, warnt davor, den Dieselmotor zu schnell abzuschreiben. „Der Batterieantrieb ist in erster Linie etwas für den städtischen Güterverkehr“, betont Renschler. Und damit herrscht Einigkeit mit Daimler und mit den anderen Konkurrenten: Im Fernverkehr, wo die Lkw Tausende Kilometer mit schwerer Last zurücklegen müssen, wird die Batterie den Diesel nicht vertreiben. Dort bliebe der Diesel dominierend.

Der Batterieantrieb lohnt sich für die kürzeren Entfernungen in den Städten, also besonders für den Verteilerverkehr. Dasselbe Prinzip gilt auch bei Stadtbussen: Deren Strecken sind kurz genug, um die Batterien problemlos wieder aufladen zu können.

Aufseiten der Hersteller laufen also die Vorbereitungen, schon in wenigen Jahren in großem Stil mit der Fertigung der elektrisch betriebenen Nutzfahrzeuge zu beginnen. Trotzdem gibt es noch eine große Unsicherheit, die Daimler & Co. nur bedingt beeinflussen können. Denn zugleich muss auch der Aufbau der Infrastruktur mit Elektrotankstellen beginnen. Und dieser Umbau der Tankstellen ist gerade erst gestartet und wird noch viele Jahre dauern.

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