
Düsseldorf Europas Automarkt ist von der Euro-Schuldenkrise gelähmt. Seit Monaten schlagen die Verbraucher in Schuldenländern wie Italien und Spanien einen großen Bogen um die Schauräume der Autohändler und es gibt immer weniger Pkw-Neuzulassungen. Um fast zwei Prozent ist der Automarkt im Oktober geschrumpft – das sind rund eine Millionen Fahrzeuge, die weniger verkauft wurden als im Oktober 2010.
Seit Januar beläuft sich das Minus auf ein Prozent, wie der europäische Herstellerverband ACEA am Mittwoch bekanntgab. In den neuen EU-Ländern ist die Pkw-Nachfrage sogar um vier Prozent abgesackt. Wohin man schaut in Europa, sind die Verbraucher wegen der Schuldenkrise verunsichert.
Aber auch der weltgrößte Pkw-Markt China, wo sich die Hersteller lange über hohe Zuwächse freuen konnten, verliert zusehends an Schwung. Genauso schrumpfen die Absätze in Brasilien und Indien, Länder, auf die sich eigentlich die Hoffnung der Hersteller für die Zukunft richtet.
Volkswagen legt Tempo vor
Ein großer Lichtblick sind dagegen derzeit die USA. Autos aus Deutschland sind dort beliebt. Während sich die europäischen Verbraucher beim Autokauf offenbar von Konjunktursorgen abschrecken lassen, läuft das US-Geschäft der deutschen Autohersteller prächtig. Um sieben Prozent legten die Verkaufszahlen im Oktober zu. Audi, BMW, Daimler und VW laufen hier zur Höchstform auf.
Spitzenreiter ist der Wolfsburger Hersteller Volkswagen, der in den Vereinigten Staaten derzeit Milliarden investiert und ein ziemliches Tempo vorlegt. Bis zum Oktober sind die Verkäufe um rund 40 Prozent auf 28.000 Fahrzeuge hochgeschnellt.
Vor allem dank der kompakten Limousine Jetta konnte der Autobauer brillieren – nicht zuletzt deswegen, weil sie zu einem Kampfpreis von 16.500 Dollar plus Steuern (11.400 Euro) in den Markt gedrückt wird. Auch den US-Passat haben die Wolfsburger erfolgreich an den Start gebracht. Er kommt nicht nur gut, sondern sehr gut an. Gleiches gilt für den Beetle.
Für den Passat, der ab 20.000 Dollar plus Steuern angeboten wird, hat Volkswagen sogar ein eigenes Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee gebaut - Kostenpunkt: mehr als 1 Milliarde Dollar. Das Vorgängermodell hatte noch aus dem Werk Emden herbeigeschafft werden müssen. Der breite Vorstoß auf dem US-Markt rechnet sich für Volkswagen. „Bis zum Jahr 2013 wollen wir das gesamte Geschäft auf Konzernebene in den USA profitabel machen. Wir sind auf einem sehr guten Weg dahin, “sagte Konzernvertriebsvorstand Christian Klingler vor kurzem in New York.
Die Japaner abhängen
Überdurchschnittlich zugelegt hat zuletzt auch die VW-Tochter Audi. Im wichtigen US-Markt hat der Ingolstädter Oberklasse-Hersteller im Oktober 24 Prozent mehr abgesetzt und die Verkäufe auf 10.200 Wagen hochgeschraubt. Anders als VW betreibt Audi noch keine eigene Fabrik in den USA – aber all zu lange wird sich der Konzern wohl nicht die strategischen Vorteile und auch die Kostenvorteile einer Produktion vor Ort entgehen lassen wollen.
Der Münchner Autobauer BMW ist schon einen Schritt weiter und will der Konkurrenz auf dem hart umkämpften US-Markt mit einer größeren Modellauswahl davonziehen. So soll in Zukunft der kleinste der Geländewagen, der X1, in den USA vom Band laufen. Auch mit dem kompakten 1er, der hier nur als Coupé und Cabrio zu bekommen ist, könnte BMW den US-Kunden insgesamt mehr Vielfalt bieten. Rückenwind geben die Verkaufszahlen. Weltweit legte BMW im Oktober vor allem Dank des US-Geschäfts um 8,3 Prozent zu und brachte so viele Autos an den Mann wie in keinem Oktober zuvor. Für die USA meldete der Premiumhersteller ein Plus von 17,5 Prozent auf 27.300 Fahrzeuge.
Die US-Autohersteller General Motors und Ford verbuchten im selben Zeitraum nur ein Absatzplus von zwei beziehungsweise sechs Prozent.
Der Stuttgarter Erzrivale Daimler profitiert ebenso von der starken US-Nachfrage und hat es sogar geschafft, den einst so erfolgreichen japanischen Rivalen Lexus in den USA abzuhängen. Die Daimler-Tochter Mercedes-Benz konnte ihre Verkaufszahlen um rund 30 Prozent auf 24.400 Autos steigern. Vor allem die Modelle der C- und M-Klasse sind stark gefragt, während die Verkäufe in Westeuropa zurück gehen. In Deutschland betrug das Minus zuletzt sogar 16 Prozent. Auch Daimler investiert kräftig in die eigene Produktion vor Ort. Mit Millioneninvestitionen rüstet der Konzern sein Pkw-Montagewerk in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama für die Produktion der C-Klasse auf.
So schön das alles klingt für den Moment, aber der Boom für die deutschen Hersteller in den USA ist wohl endlich. Die Wirtschaft gilt nicht gerade als sehr stabil und es gibt nicht wenige Experten, die mit einer Rezession rechnen. Mindestens aber bremst die maue Konsumstimmung der Amerikaner das Wachstumstempo der Deutschen demnächst ab. Zudem ist es eine Frage der Zeit, bis sich die japanische Konkurrenz, von den Nachwirkungen der Naturkatastrophe gebeutelt, mit voller Kraft ihre Marktanteile im US-Markt zurück erobern wird. Amerika - doch nicht das gelobte Land für die Autobauer.