Industrie 4.0 So greifen deutsche Unternehmen digital an

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Deutsche Unternehmen wollen Nummer eins bei Industriekunden werden

Das klingt so gar nicht nach dem Klagen mancher Skeptiker, die mit der Digitalisierung das Ende des Erfolgsmodells „Made in Germany“ befürchten – und im gleichen Atemzug von dem uneinholbaren Rückstand auf die Amerikaner berichten. Es stimmt, die wichtigsten Konzerne der modernen Welt kommen aus den USA und heißen Facebook, Google oder Amazon. Und es sind kalifornische Start-Ups wie den Fuhrvermittler Uber und das Bettenportal Airbnb, die mit ihren Geschäftsmodellen den Taxifahrern und Hoteliers dieser Welt Angst und Bange machen. Doch alle diese Unternehmen verdienen ihr Geld vor allem im Geschäft mit Privatkunden. Deutsche Konzerne beeilen sich nun, im Kampf um Industriekunden die Nummer eins zu bleiben.

Die Folgen von Industrie 4.0 für die Branchen in Deutschland bis 2025

MAN investiert in diesem Jahr ein Zehntel des Budgets von Forschung und Entwicklung für Digitalisierung – insgesamt rund 43 Millionen Euro. MAN-Chef Joachim Drees hat jene Mitarbeiter, die an neuen Ideen fernab des klassischen Geschäfts tüfteln sollen, bewusst außerhalb des Konzern-Hauptquartiers angesiedelt. Abgesehen von dem Zukunftslabor „X-Lab“ hat MAN auch einen Standort in der Parkstadt Schwabing aufgebaut, wo die Softwareriesen IBM und Microsoft ihre neuen Deutschlandzentralen gebaut haben. „So gewinnen wir auf unserem Weg zum digitalen Unternehmen Menschen, die mit traditionellem Lkw-Geschäft heute nichts am Hut haben“, sagt Drees.

Es geht nicht um den Lkw-Verkauf, sondern digitalen Service

Dieser Weg besteht für ihn aus vier Schritten: Erstens, das Flottenmanagement. In den nächsten zwei Jahren sollen alle Lkw vernetzt sein, um Daten wie Geschwindigkeit, Spritverbrauch und Zustand des Fahrzeugs zu sammeln. Im zweiten Schritt geht es dann um die Analyse der Daten und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Eine bietet MAN bereits an, sie heißt „ProfiDrive“ und funktioniert wie eine digitale Fahrschule. Mitarbeiter werten die Daten von Lkw-Fahrern aus und geben ihnen einmal pro Woche Tipps, wie sie spritsparender fahren können. Spediteure lassen sich diesen Service knapp 200 Euro pro Monat kosten und versprechen sich weniger Benzinkosten und Verschleiß.

Den dritten Teil seiner Strategie nennt Drees „Mobility Services“ und meint Dienstleistungen rund um den Transport. Als Beispiel nennt er eine Software, die Fuhrparkverwaltern genau anzeigt, wo sich die Lkw befinden, ob die Fahrer die Lenkzeiten einhalten und wann die Fahrzeuge mal wieder gewartet werden müssen. Großkonzernen bietet MAN eine Software an, die Daten zu der Ladung des ankommenden Lkw schon vor dem Eintreffen zusendet. Über die letzte Stufe seines Plans möchte Drees noch nicht so viel verraten, vielleicht weil sie so weit weg ist vom bisherigen Geschäft.

Nur so viel: MAN könne sich vorstellen, eine Online-Plattform anzubieten, auf der Fuhren vermittelt werden – unabhängig von dem Spediteur oder dem Lkw-Hersteller. Meint er eine Art Uber für Lastwagen?  Drees sagt: „Wenn wir am Ende Geld verdienen mit einem Kunden, der nicht unsere Fahrzeuge fährt, aber unsere Lösungen nutzt, dann ist das Teil des Geschäftssystems.“ Nur eines schließt er aus: eine Kooperation mit einem amerikanischen IT-Unternehmen, denn dann würde er ja die Macht über seine Daten verlieren. 

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