Insolvenzverwalter eingesetzt Wer jetzt bei MV Werften das Sagen hat

Den MV Werften kann jetzt nur noch der Insolvenzverwalter helfen. Quelle: imago images

Wochenlang hat der Bund mit dem asiatischen Genting-Konzern verhandelt, um die kriselnden MV Werften zu retten - vergeblich. Nun übernimmt Insolvenzverwalter Christoph Morgen das Kommando. Viel Zeit bleibt ihm nicht. 

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Nach dem Insolvenzantrag der MV Werften hat das Amtsgericht Schwerin einen vorläufigen Insolvenzverwalter für die Werftengruppe bestellt. Nach Informationen der WirtschaftsWoche wurde Christoph Morgen, Sanierungsexperte und Partner der Kanzlei Brinkmann & Partner, als vorläufiger Insolvenzverwalter bei der MV Werften Wismar GmbH, der MV Werften Rostock GmbH, der MV Werften Stralsund GmbH und der MV Werften Fertigmodule GmbH (Wismar) bestellt. Dies bestätigte ein Sprecher des Amtsgerichts Schwerin der WiWo.  

Morgen gilt als einer der erfahrensten Insolvenzverwalter des Landes. Zu den Großverfahren, die der Jurist als Insolvenzverwalter, Sachwalter oder Restrukturierungsexperte begleitet hat, gehören der Hamburger Werkzeugmaschinenbauer Joh. Friedrich Behrens, der Windanlagenbauer Senvion, die Flensburger Schiffbaugesellschaft (FSG), die Reedereigruppe Rickmers Holding und die Schwergutreederei HHL Hansa Heavy Lift. Zudem verfügt auch seine Kanzlei über viel Werften-Know-how. So waren Verwalter von Brinkmann & Partner unter anderem bei der Elsflether Werft AG, der P+S Werften und der Bavaria Yachtbau im Einsatz. 

Für Verwunderung sorgt in der Sanierungsbranche, dass das Schweriner Amtsgericht fast zwei Tage benötigt hat, um den vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen. Bei absehbaren Insolvenzverfahren dieser Dimension sind die Weichen im Normalfall schon gestellt, bevor der Antrag bei Gericht eingeht. „Wir verlieren wertvolle Zeit“, kritisierte bereits die IG Metall.

Umso rascher muss nun gehandelt werden. Zu den drängendsten Aufgaben des vorläufigen Verwalters dürfte die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die rund 1900 Beschäftigten zählen. Sie warten noch immer auf ihre Dezember-Löhne.

Gemeinsam mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss muss der Insolvenzverwalter zudem entscheiden, ob und wie der Bau des rund 1,5 Milliarden Euro teuren Schiffes „Global 1“ fortgesetzt wird. Den MV Werften war es zuvor nicht gelungen, die Finanzierung des zu 75 Prozent fertigen Neubaus zu sichern. Es gilt als eines der größten je gebauten Kreuzfahrtschiffe und war ausschließlich für den asiatischen Markt gedacht.

Streit um Staatshilfen

Die Bundesregierung und das Land Mecklenburg-Vorpommern hatten seit Tagen mit dem asiatischen Eigentümer Genting um Staatshilfen für das Unternehmen gerungen. Der Bund war offenbar zu weiteren Hilfen bereit, wollte aber bis zuletzt nicht von seiner Forderung nach einem Eigenbeitrag des Eigentümers abrücken. Es fehle ein klares Bekenntnis der Eigentümer zu ihrer Werft, hieß es in Berlin. Der Bund hatte immer wieder versichert, rund 600 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zur Verfügung stellen zu wollen. Das Schiff sollte dafür als Sicherheit verwendet werden. Beim Eigenbeitrag der Eigentümer sei es um 60 Millionen Euro für die in Rede stehenden Bundesmittel gegangen.

Der Präsident von Genting Hongkong, Colin Au, verwies darauf, dass Genting seit der Übernahme der Werften mehr als zwei Milliarden Euro in die MV-Standorte investiert habe, die Zahl der Mitarbeiter sei verdoppelt worden. Angebote zur weiteren Finanzierung seien vom Bund abgelehnt worden. 

Im Gefolge der MV Werften an der Ostsee hat zudem die traditionsreiche Lloyd-Werft in Bremerhaven am Montag Insolvenz angemeldet, die ebenfalls zum Genting-Konzern gehört. Das Gericht vor Ort hat noch am Tag der Anmeldung den erfahrenen Hamburger Rechtsanwalt Per Hendrik Heerma als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt – zumindest für die Betriebsgesellschaft Lloyd Werft Bremerhaven GmbH. Die wesentlichen Vermögengegenstände dürften jedoch in der Lloyd Investitions- und Verwaltungs GmbH (LIV) liegen. Diese sei „bislang nicht Gegenstand eines Insolvenzantragsverfahrens“, teilt Heerma auf Anfrage mit. Die Ausgangslage werde gegenwärtig weiter sondiert. „Ich stehe im konstruktiven Dialog mit der LIV“, so Heerma. „Aufgrund der bestehenden Betriebsaufspaltung soll eine Gesamtlösung unter Einbeziehung der Lloyd Investitions- und Verwaltungs GmbH erfolgen.“ Die Bremer Politik würde sich zu dem Werftstandort Bremerhaven und der Lloyd-Werft bekennen. 

Zu Heermas wie Morgens Aufgaben im Laufe des Verfahren dürfte die Prüfung möglicher Ansprüche sowohl gegen Genting als auch gegen den Bund und die beteiligten Bundesländer gehören. 

Den Beschäftigten droht derweil eine Zitterpartie. „Wir werden weiterhin versuchen, so weit möglich Firmen in der Insolvenz zu retten“, beschrieb Morgen indes sein Ziel als Insolvenzverwalter in einem Interview mit der WirtschaftsWoche. Das Insolvenzrecht erleichtere die Sanierung. „In der Insolvenz können Firmen beispielsweise ungünstige Verträge beenden und sie werden bei den Personalkosten durch das Insolvenzgeld entlastet – das sind exzellente Sanierungsinstrumente“, so Morgen. Ob sie ausreichen werden, um die Werften zu erhalten? 

Keine Frage, für Christoph Morgen, der am Montag Geburtstag feierte, beginnt das neue Lebensjahr mit einer spannenden wie heiklen Rettungsmission. 

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