Investor Paul Singer Was der Elliott-Einstieg für Bayer bedeutet

Der Druck auf den Leverkusener Konzern wächst – vor allem wegen der Glyphosat-Urteile in den USA, die den Börsenwert drücken. Quelle: dpa

Der Hedgefonds Elliott des aktivistischen Investors Paul Singer bestätigt seine Beteiligung an Bayer. Für die Leverkusener verheißt das nichts Gutes – denn der Amerikaner ist für seine aggressive Art berüchtigt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wenn der Name Paul Singer fällt, müssen Konzernmanager mit Problemen rechnen. Der Hedgefonds des US-Milliardärs hat schon etlichen Firmen zu schaffen gemacht – auch in Deutschland. Nun hat Elliott eine milliardenschwere Beteiligung bei Bayer offengelegt. Erste Berichte über einen möglichen Einstieg hatte es schon im Dezember 2018 gegeben.

Weil Elliott sich aber nicht zu Bayer äußerte, nahmen einige Analysten an, dass der Hedgefonds in dem Leverkusener Agrar- und Chemiekonzern ein kurzfristiges Investment sehen könnte. Das hat sich nun geändert. „Das Statement deutet daraufhin, dass Elliott doch mehr in Bayer sieht“, sagt Markus Mayer, Analyst bei der Baader Bank.

Der Hedgefonds begrüßte die jüngsten Schritte zur Bewältigung der US-Klagewelle wegen des Unkrautvernichters der Tochter Monsanto mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat. Ein Ausschuss im Aufsichtsrat soll sich mit der Frage befassen, wie man die vielen tausend Schadenersatzklagen in den USA in den Griff bekommt. Elliott sei zuversichtlich, dass das der richtige Weg sei, die Probleme zu lösen, heißt es in dem Schreiben.

„Der Investor will das Management offenbar dazu bringen, möglichst schnell eine Einigung zu erzielen“, interpretiert Mayer. Er sieht die Glyphosat-Prozesse als Damoklesschwert, das über der Bayer-Führung schwebt. „Elliott dürfte es darum gehen, das ganze abzukürzen und die Kuh möglichst schnell vom Eis zu holen.“

Die Hoffnung an der Börse: Bayer könne womöglich schon bald auf einen milliardenschweren Vergleich einschwenken, um praktisch alle Glyphosat-Klagen auf einmal vom Tisch zu räumen. „Ein Vergleich an sich wäre gut“, sagte Markus Manns von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, ebenfalls ein Großinvestor bei Bayer. Es dürfe aber keine Einigung um jeden Preis geben. „Was die Höhe einer Einigung angeht, ist Bayer noch in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition, weil man drei Prozesse verloren hat.“

Elliott äußerte auch Kritik in Richtung Bayer – an der aus seiner Sicht zu niedrigen Rendite. Zudem sei der Investor der Ansicht, dass der niedrige Aktienkurs den Wert der einzelnen Geschäftseinheiten nicht widerspiegele. „Das lässt sich durchaus als Forderung nach einer Aufspaltung interpretieren“, sagt Mayer. Der Analyst vermutet dahinter die Elliott-typische Drohkulisse, mit der der für sein aggressives Vorgehen bekannte Investor versuche, Druck aufzubauen.

Glyphosat-Urteile drücken Bayers Aktienkurs

Manns von Union Investment hält gegen die Elliott-Forderung: „Der niedrige Aktienkurs ist hauptsächlich der Unsicherheit bezüglich der Schadenersatzverfahren geschuldet und nur zu einem geringen Teil der Konglomerats-Struktur.“ Bayer habe in der Vergangenheit gezeigt, dass das Management willens sei, sich von Geschäftseinheiten zu trennen und den Konzern umzubauen. Eine Aufspaltung sei zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sinnvoll.

Doch auch andere Investoren haben schon einen solchen Schritt gefordert. Dass Singers Hedgefonds die treibende Kraft hinter der Initiative sein könnte, wird schon länger spekuliert. Bayer-Chef Werner Baumann hatte eine Aufspaltung im Dezember entschieden abgelehnt. Doch seitdem ist der Druck auf den Vorstand weiter gestiegen – unter anderem wegen der ersten Glyphosat-Urteile in den USA, die Bayer voraussichtlich dreistellige Millionenbeträge kosten werden und den Börsenwert drücken.

„Die Situation ist unbequem, aber sie kann noch schlimmer werden“, glaubt Analyst Mayer. Die Hauptversammlung Ende April habe gezeigt, wie wenig Rückhalt Vorstand und Aufsichtsrat hätten. Damals hatten die Aktionäre den Vorstand nicht entlastet. Der Aufsichtsrat bekam nur 60 Prozent Zustimmung. Wenn es Elliott nun gelänge, eine „gewisse Schwungkraft“ zu entwickeln, könne der Hedgefonds womöglich andere Investoren von einer Aufspaltung überzeugen. „Bayer ist ein gefundenes Fressen“, sagt Mayer.

Elliotts bisherige Opfer

Elliott ist mit 1,1 Milliarden Euro am Leverkusener Unternehmen beteiligt, wie der Hedgefonds am Mittwoch mitteilte. Gemessen an Bayers Börsenwert von derzeit etwa 55 Milliarden Euro mag das niedrig klingen. Aber die Historie von Elliott sollte Bayer eine Warnung sein. Denn der Hedgefonds hat schon oft genug bewiesen, was passiert, wenn Manager seinen Einfluss unterschätzen. Eine Auswahl spektakulärer Fälle:

Thyssenkrupp: Elliott setzt das Management mit der Forderung nach einem schnelleren Konzernumbau unter Druck. Wichtige Manager schmissen wegen der Intervention hin – unter anderem der langjährige Vorstandschef Heinrich Hiesinger und Chefaufseher Ulrich Lehner. Letzterer sprach anschließend vom „Psychoterror“ mancher Aktionäre. Im Dezember schrieb Elliott einen Brief an Hiesingers Nachfolger Guido Kerkhoff, der die Aufspaltung des Konzerns angekündigt hatte. Elliott zweifelte darin an dessen Plänen. Wenige Monate später verwarf Kerkhoff die Idee. Nun will er das Aufzuggeschäft an die Börse bringen – so wie es der Hedgefonds in der Vergangenheit gefordert hatte. Elliotts Beteiligung an Thyssenkrupp: unter drei Prozent.

Uniper: Der US-Hedgefonds war 2017 mitten im Kampf des Energiekonzerns gegen eine Übernahme durch den finnischen Versorger Fortum eingestiegen. Inzwischen hält Elliott 18 Prozent und will wohl stärkeren Einfluss bei der Zusammensetzung der Führungsorgane ausüben. Außerdem strebt der Hedgefonds eine Änderung der Kapitalstruktur an.

Scout24: Ende Mai 2019 sicherte sich Elliott sechs Prozent an dem Betreiber von ImmobilienScout24 und AutoScout24, im Juni erhöhte er auf 7,5 Prozent. Das Unternehmen gilt als Übernahmekandidat. Singer wittert offenbar eine Chance, den Preis zu treiben.

Nach der Aufstockung seiner Anteile beim Energiekonzern Uniper im November 2018 hat der aktivistische Investor Paul Singer seine Pläne konkretisiert. Der Gründer des Hedgefonds Elliott will weitere Stimmrechte.

Stada: Eine wichtige Rolle spielte Elliott auch in dem Übernahmepoker um den Pharmakonzern Stada. Als sich 2017 die Übernahme durch die Finanzinvestoren Bain und Cinven abzeichnete, hat der Hedgefonds seine Anteile kontinuierlich auf mehr als 15 Prozent ausgebaut und auf eine satte Abfindung spekuliert. Mit Erfolg: Elliott trieb den Preis mit seiner entscheidenden Beteiligung deutlich in die Höhe.

Kabel Deutschland: Eine ähnliche Strategie verfolgte Elliott bei dem Netzbetreiber. Vodafone gab 2013 eine Übernahmeofferte ab, der Hedgefonds erhöhte seine Anteile. Zwei Jahre später erzwang Elliott eine außerordentliche Hauptversammlung, weil der damals mit 13 Prozent beteiligte Investor die Bewertung für zu niedrig hielt.

Arconic: Elliott hält knapp elf Prozent an dem US-amerikanischen Aluminiumhersteller. Im April 2017 musste der ehemalige Siemens-Chef Klaus Kleinfeld seinen Posten als Arconic-Vorstandschef räumen, weil er einen Machtkampf mit dem Hedgefonds verloren hatte. Ein Brief lieferte Singer letztlich den Anlass, Kleinfeld zu stürzen. Darin versuchte der deutsche Manager Singer mit angeblichen privaten Eskapaden unter Druck zu setzen. Elliott hat das Dokument später veröffentlicht.

Argentinien und Kongo: Für Aufsehen sorgte auch Singers Streit mit dem südamerikanischen Land Argentinien um Schulden aus dessen Staatspleite von Ende 2001. Elliott hatte zahlreiche Staatsanleihen aufgekauft und verklagte Argentinien in New York später auf Rückzahlung – mit Erfolg. Während die meisten anderen Gläubiger dem Land seine Schulden erließen, einigte Argentinien sich erst 2016 mit den restlichen Gläubigern unter Führung von Elliott auf einen Vergleich in Höhe von 4,65 Milliarden US-Dollar. Ähnlich ging Singer im Kongo vor. Ende der Neunzigerjahre kaufte Elliott zu einem Schnäppchenpreis Staatsanleihen und klagte anschließend auf vollständige Rückzahlung. Letztlich musste auf Anordnung eines britischen Gerichts der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore einspringen. 39 Millionen US-Dollar, die das Unternehmen dem Kongo schuldete, flossen an Elliott.

Mit Material von dpa

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%