Jahrelange Versäumnisse Warum die Bundeswehr auf einem Haufen Schrott sitzt

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Als Kunde verliert die Bundeswehr an Bedeutung

Tiger und Eurofighter sind keine Einzelfälle. Seit dem Sommer prüft ein Konsortium im Auftrag des Verteidigungsministeriums die die kostspieligsten Pannen-Projekte. Auf der Prüfungsliste  stehen auch das Transportflugzeug A400M, der Transporthelikopter NH90, die Fregatte 125 und das Drohnen-Projekt Eurohawk. Insgesamt werden laut Verteidigungsministerium Waffen-Deals im Gesamtwert von etwa 50 Milliarden Euro unter die Lupe genommen. Keiner davon verlief ohne Probleme, ohne Verspätung, ohne erhebliche Preissteigerungen.

Die Ergebnisse sollen am Montag vorgestellt werden. „Das wird nochmal ungemütlich werden”, kündigte Verteidigungsministerin von der Leyen bereits an. Eine interessante Wortwahl nach den Enthüllungen der vergangenen Tage. Dass es gerade bei großen Rüstungsprojekten immer wieder zu schweren Problemen kommt, hat mehrere Gründe. Sie lassen sich exemplarisch an den Pannen-Projekten von Heer, Luftwaffe und Marine aufzeigen, stehen jedoch nie allein.

Veränderte Grundlagen

Die Schwierigkeiten beginnen schon bei der Ausganglage: Das Verhältnis zwischen Armee und Rüstungsindustrie hat sich in den vergangenen 30 Jahren gewandelt. Zur Zeit des Kalten Krieges bestellte die Bundeswehr gleich Hunderte Leopard-Panzer auf einen Schlag. Mehr als 2100 waren 1990 für die Bundeswehr im Einsatz. Nach Abschluss der Neuausrichtung sollen noch 225 bleiben.

Neue Waffensysteme werden längst in kleineren Stückzahlen bestellt und in den Einsatz geschickt. Mit der deutschen Armee als einzigem Kunden könnte kein großes Rüstungsunternehmen überleben.

Die Unternehmenslogik, die daraus folgt, ist nachvollziehbar: Produziert wird, was sich gut exportieren und verkaufen lässt. Und das ist zunächst einmal Standardware, die in vielen Ländern an zum Einsatz kommt. 2013 betrug der Auslandsanteil des deutschen Waffenkonzerns Rheinmetall schon 72 Prozent. Tendenz steigend.

Sonderwünsche wie Eigenproduktionen oder Umrüstungen für deutsche Bedürfnisse werden erfüllt, kosten aber extra. „Wir haben keine abgestimmte Industriepolitik zwischen der Bundeswehr und einer Industrie, die nicht mehr auf die Bundeswehr angewiesen sein kann“, sagt Rüstungsexperte Schulte.

Braucht die Bundeswehr mehr Geld?

Zugleich wollen die großen EU-Nationen aber auch nicht auf die heimische Rüstungsindustrie verzichten. Um den Bestand zu schützen, verteilt auch die Bundeswehr Aufträge häufig bewusst an deutsche Unternehmen. Es ist eine einfache Rechnung mit einem ungünstigen Ausgang für die Bundeswehr: Weniger Bestellungen und die Fokussierung auf heimische Armeen führt zu einer schlechteren Verhandlungsposition. Zudem erzeugt diese Situation weitere Probleme, die sich potenzieren. 

Permanente Nachbesserungen

Die Oberen der Bundeswehr wollen für die Soldaten beste und modernste Geräte. Daran ist nichts falsch. Doch von der Entwicklungsphase bis zur Fertigstellung von Panzern oder Flugzeugen dauert es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. In diesem Zeitraum ändern sich die Anforderungen an das Produkt. Technik wird weiter entwickelt, die Weltlage ändert sich, neue Krisensituationen und Einsatzziele entstehen. Dafür müssen einmal bestellte Fahrzeuge und Flieger angepasst werden.

Das ist nicht so leicht. Die Systeme sind nicht modular aufgebaut, müssen aber perfekt zusammenspielen. Schon eine kleinere Änderung, ein neuer Adapter, ein neuer Anschluss, eine verbesserte Software kann große Änderungen nach sich ziehen.

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