Jan Jenisch Neuer Chef soll Risse bei Lafarge-Holcim kitten

Am Freitag präsentiert der neue Lafarge-Holcim-Chef seine Strategie. Noch belastet die Fusion der beiden Firmen und ein Skandal in Syrien den Konzern.

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Zürich „Schnallen Sie sich an“, heißt es in den Sicherheits-Empfehlungen des Zementriesen Lafarge-Holcim. Nach dem holperigen Start des aus einer Mega-Fusion entstandenen Weltmarktführers hoffen auch die Anleger, dass der schweizerisch-französische Baustoff-Konzern endlich Fahrt aufnimmt.

Hohe Erwartungen hat vor allem die Ernennung des neuen Konzernchefs Jan Jenisch geweckt, der am Freitag seine Strategie präsentieren wird. Experten rechnen mit einem Ausstieg aus weiteren Märkten, einer Senkung der Verwaltungskosten und Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums.

„Jan Jenisch ist einer der besten CEOs in der Branche“, erklärt Bernstein-Analyst Phil Roseberg. „Seitdem die Fusion konzipiert wurde, waren die Chancen, das Unternehmen zum Laufen zu bringen, noch nie so gut.“ Bislang mussten sich die Investoren allerdings bescheiden. Seit dem Zusammenschluss der französischen Lafarge und der Schweizer Holcim im Sommer 2015 ist der Aktienkurs um rund ein Fünftel auf 55 Franken gefallen.

Nicht zuletzt die Architekten der 40-Milliarden-Euro-Transaktion wie der Schweizer Milliardär Thomas Schmidheiny hatten ganz andere Erwartungen. Doch kulturell bedingte Konflikte zwischen den Franzosen und den Schweizern, eine Flaute in Schlüsselmärkten und zu ehrgeizige Ziele warfen Lafarge-Holcim immer wieder zurück. Als auch noch ein Skandal in Syrien aufflog, musste der ohnehin nur als Notlösung eingesetzte Konzernchef Eric Olsen seinen Hut nehmen.

Nun soll Jenisch das Blatt wenden. Seinen guten Ruf erarbeitete sich der 51-Jährige vor allem als Chef des Schweizer Bauchemiekonzerns Sika. Während seiner fünfeinhalb Jahre auf dem Chefsessel ließ der Sika-Aktienkurs den Schweizer Aktienmarkt weit hinter sich - und das trotz des immer noch tobenden Übernahmestreits mit der französischen Saint-Gobain.

Die Remedur, die Jenisch bereits Sika verordnete, wendet er nun auch bei Lafarge-Holcim an: Mit einer Straffung des Top-Managements und mehr Ergebnis-Verantwortung für die Regionen hat er bereits erste Zeichen gesetzt. Seine vollständige Strategie will der Deutsche nun zusammen mit dem Jahresabschluss Ende der Woche präsentieren. Experten gehen davon aus, dass Jenisch weiter an der Sparschraube drehen wird. „Er kann die Renditen verbessern, indem er die Verwaltungskosten kräftig kürzt“, erklärte Fidelity International Fondsmanager Alberto Chiandetti. Ins Visier könnten administrative Posten außerhalb des Zürcher Hauptsitzes etwa in Paris kommen, erwarten Experten.

Chiandetti schätzt zudem, dass Jenisch von der Produktionskapazität von insgesamt 350 Millionen Tonnen pro Jahr bis zu einem hohen einstelligen Prozentsatz abstoßen könnte. Treffen dürfte es Werke, die schlecht ausgelastet seien, oder auch ganze Länder. „Sie könnten aus kleinen Märkten aussteigen, wo der Marktanteil nicht hoch genug ist, um gute Preise durchsetzen zu können“, erklärt der Fondsmanager.

Gegenwärtig ist der Konzern mit einem Umsatz von rund 26 Milliarden Franken in rund 80 Ländern präsent. Nach Schätzungen von Bernstein erwirtschaftet Lafarge-Holcim rund drei Viertel des bereinigten operativen Ergebnisses in den 15 größten Märkten. Die schnell wachsenden Märkte dürften auch mit dem Löwenanteil der Investitionen bedacht werden. Als vielversprechend gelten etwa Indien, China oder auch die USA, wo Lafarge-Holcim wie der deutsche Rivale Heidelberg Cement von einem möglichen Infrastrukturprogramm profitieren würde.

Denn Kostensenkungen dürften nur einen Teil von Jenischs Strategie ausmachen. Experten rechnen damit, dass er sich nicht damit zufrieden geben wird, nur mit dem Marktwachstum von rund zwei Prozent Schritt zu halten. Dazu dürften kleinere Zukäufe kommen, wie Jenisch das schon bei Sika durchexerziert hat. Von einer weiteren Elefanten-Hochzeit wird er aber wohl die Finger lassen.

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