Jobabbau Bei Bilfinger wächst nur noch die Enttäuschung über Koch

Bilfinger-Vorstandschef Roland Koch will im angeschlossenen Hochdruckrohrleitungsbau 200 bis 300 Stellen streichen. Sechs Standorte soll dies betreffen. Unter anderem auch Dortmund.

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Fujitsu streicht 400 Jobs
Fujitsu Der japanische Elektronikkonzern Fujitsu will einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland 400 bis 500 Arbeitsplätze abbauen. Eine endgültige Entscheidung solle nach Verhandlungen mit den Beschäftigten fallen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei". Insgesamt beschäftigt der Konzern hierzulande 12.000 Menschen. Die Stellenstreichungen beträfen hauptsächlich Entwicklung und Informationstechnik. Bereits am Dienstag hatte der Konzern bekanntgegeben, in Großbritannien 1800 Jobs zu streichen. Das entspricht 18 Prozent der Belegschaft dort. Insidern zufolge könnte sich Fujitsu künftig auf IT-Dienstleistungen konzentrieren. Mit dem weltgrößten Computer-Hersteller Lenovo verhandelt das Unternehmen offenbar über einen Verkauf des PC-Geschäfts von Fujitsu. Quelle: REUTERS
Lufthansa Technik Quelle: dpa
DAK Gesundheit Quelle: dpa
EnBWDer Energieversorger baut weiter Stellen ab: Die Energie Baden-Württemberg werde sich aus dem Strom- und Gasvertrieb an Großkunden der Industrie zurückziehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Davon seien 400 Beschäftigte betroffen, denen ein Aufhebungsvertrag oder ein alternativer Arbeitsplatz im Konzern angeboten werde. Auch im Privatkundengeschäft, der Energieerzeugung und der Verwaltung steht demnach Stellenabbau bevor, der noch nicht beziffert wurde. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits rund 1650 Stellen weggefallen. Quelle: dpa
Intel Quelle: REUTERS
Nokia Quelle: dpa
Der IT-Konzern IBM plant in Deutschland offenbar einen massiven Stellenabbau Quelle: dpa

Im Februar 2002 besuchte der noch neue Bilfinger-Vorstandschef Roland Koch die zum Konzern gehörende BHR Hochdruck-Rohrleitungsbau GmbH in Dortmund, die heute - passend zum neuen einheitlichen Auftritt des Unternehmens - Bilfinger Piping Technologies heißt und eine blau-grüne Endlosschleife im Logo führt. Der damals skeptisch beäugte Ex-Politiker brach das Eis mit demonstrativer Bodenhaftung. Er aß mit den Rohrleitungsbauern in der Kantine. Er sprach ausführlich mit Betriebsratschef Siegfried Schröder. Und er zeigte Respekt vor der Leistung der neuen Kollegen, die Technik für Wasser-Dampf-Kreisläufe in Kraftwerken liefern: „Ich habe großes Vertrauen in das Know-how und in die Leistungskraft des BHR, und ich bin mir sicher, das die Mannschaft alles tun wird, um die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fortzuschreiben.“

Zweieinhalb Jahre später ist zwar der Neuling an der Konzernspitze etabliert – aber die Erfolgsgeschichte gestoppt. 200 bis 300 Stellen will Koch im 1100 Mitarbeiter umfassenden Bilfinger-Hochdruckrohrleitungsbau mangels Aufträgen streichen, gab er jetzt bekannt. Sechs Standorte betrifft das. Auch Dortmund. Die Enttäuschung in Bilfingers Westfalen-Filiale ist groß.

Bilfinger Jahreszahlen 2013

Enttäuschung herrscht auch bei Bilfinger in München, wo Koch die selbständig agierende und selbstbewusste Zentrale der Industriesparte platt macht und den Spartenchef und Vorstandskollegen Thomas Töpfer schasste.

Bescheidene Perspektive

Enttäuschung herrscht beim Bilfinger-Großaktionär Cevian in der Schweiz. Die meisten Analysten erwarteten noch vor kurzem einen Anstieg des Bilfinger-Kurses auf 100 Euro pro Aktie. Über 90 Euro stand die Aktie ja schon im Frühjahr. Jetzt sind die Bilfinger-Papiere seit der Gewinnwarnung Anfang Juli im Sinkflug und unter 65 Euro angekommen. Gut drei Euro weniger als Koch selber für die 730 Aktien bezahlte, die er im Juli 2011 für damals 50.000 Euro kaufte. 30 Prozent Verlust innerhalb von vier Monaten – während die Börse ansonsten blüht und gedeiht.

Enttäuschung herrscht vermutlich also auch bei Roland Koch selber. Zumal Performance und Perspektive vorerst bescheiden sind. Ganze acht Millionen Euro Gewinn blieben Bilfinger im ersten Quartal netto übrig, zieht man einmalige Aufwendungen und Abschreibungen konsequent ab. Im zweiten Quartal dann folgte die Gewinnwarnung. Dass die nächsten Monate besser werden, vor allem im Service-Geschäft für Kraftwerke, ist nicht zu erwarten. Zudem wird im zweiten Halbjahr zusätzlicher Aufwand für neue Sparmaßnahmen (Abfindungen, Abschreibungen) die Zahlen drücken. Bilfinger könnte 2014 netto weit unter den letztjährigen 173 Millionen Euro Gewinn landen. Und selbst die lagen schon 37 Prozent unter Vorjahr.

Wer will Kochs Karriere retten?

Fast zwei Drittel der Bilfinger-Unternehmensleistung kommen aus den Geschäftsfeldern Industrie-Dienstleistungen und Kraftwerksdienstleistungen und hängen mehr oder weniger von den Investitionen der Energiewirtschaft ab. Deren Lage ist in anderen Ländern zwar teilweise besser als in Deutschland, und Bilfinger agiert international. Trotzdem aber führt Bilfingers Abhängigkeit von der Sparte dazu, dass aus dem vermeintlich sicheren Dienstleistungs- ein Risikogeschäft geworden ist. Dabei waren es die Risiken des Baugeschäfts, die den Koch-Vorgänger und heutigen Bilfinger-Aufsichtsrat vor rund 12 Jahren dazu brachten, den damaligen Bau- in einen Dienstleistungskonzern umzuwandeln. Das ist nun fast geschafft. Aber der Erfolg steht plötzlich in Frage.

Der Optimismus, den Koch der Enttäuschung entgegen setzt, muss nüchtern hinterfragt werden. 2016 etwa will der Top-Management-Seiteneinsteiger die Rendite im Geschäftsfeld Power wieder auf über acht Prozent steigern, verspricht er.

Aber wer in den Energiekonzernen, die um Zukunft, Arbeitsplätze und Renditen kämpfen, wird so großzügig sein bei der Auftragsvergabe, dass dem Bilfinger-Chef das tatsächlich gelingt? Wer dort möchte Kochs Karriere retten?

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