Jobbilanz 2016 Wo Siemens Stellen streicht – und schafft

Siemens machte 2016 mit einem Stellenabbau Schlagzeilen. 2500 Jobs fallen etwa in der Antriebssparte weg. Doch sieht man genauer hin, zeigt sich: Die Zahl der Mitarbeiter steigt – weltweit und in Deutschland.

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Der Stellenabbau bei P&D trifft den Siemens-Standort hart. Quelle: dpa

Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass Siemens irgendwo im weiten Technologiereich einen Stellenabbau verkündet. 2016 traf es die Antriebssparte P&D. Wegen hausgemachter Probleme und der Folgen der niedrigen Ölpreise kündigte der Konzern im Frühjahr die Streichung von weltweit 2500 Stellen an. In Deutschland waren am Ende 1700 Jobs betroffen, etwas weniger als ursprünglich geplant.

Doch sieht man genauer hin, fällt die Bilanz positiv aus: Weltweit stieg die Zahl der Siemens-Mitarbeiter unter dem Strich im abgelaufenen Geschäftsjahr von 348.000 auf 351.000. In Deutschland sank die Beschäftigung leicht auf 113.400 Arbeitsplätze.

Konzernchef Joe Kaeser beklagt gern, dass sich die Öffentlichkeit immer nur für die Abbauzahlen interessiere. „Wir addieren viel mehr, als uns verloren geht. Aber meistens lese ich dann leider immer nur ganz vorn: ‚Siemens baut 2500 Stellen ab‘“, klagte er bei der Bilanzpressekonferenz. Im abgelaufenen Geschäftsjahr habe der Konzern 35.100 Menschen neu eingestellt, in Deutschland waren es 4600 neue Mitarbeiter. Der Großteil davon entfällt auf die Fluktuation – frei werdende Stellen wurden neu besetzt.

Doch baute Siemens in einigen Divisionen auch netto Arbeitsplätze auf. Zwar weist der Konzern die Beschäftigten in den Divisionen nicht aus. Doch stieg die Zahl der Beschäftigten in der Windkraft-Sparte nach Informationen des Handelsblatts von 12.800 auf 14.500 Mitarbeiter. Auch die Vorzeigedivision Digitale Fabrik stellte zusätzlich ein, die Zahl der Beschäftigten legte hier von etwa 43.500 auf 45.000 zu. Ähnlich sah es in der Medizintechnik aus: Die Healthineers, die an die Börse kommen sollen, zählten Ende des Geschäftsjahres gut 46.000 Mitarbeiter, vor einem Jahr waren es knapp 45.000.

Allerdings war Siemens längst nicht in allen Geschäften eine Jobmaschine. Im Kerngeschäft mit den Kraftwerken (Power & Gas) sank die Zahl der Beschäftigten nach Handelsblatt-Informationen im abgelaufenen Geschäftsjahr von mehr als 50.000 auf knapp 49.000 Beschäftigte. Hauptgrund waren Überkapazitäten am Markt für Gasturbinen. In der Antriebssparte P&D ging die Zahl der Beschäftigten von gut 46.000 auf rund 45.000 zurück. Darin sind die im Frühjahr verkündeten Maßnahmen nur zum kleineren Teil erhalten: Der Großteil der Jobs wird – sozialverträglich – erst in den kommenden Jahren wegfallen.

Insgesamt zeichnet sich bei Siemens eine eher weiter steigende Beschäftigung ab. So kündigte Kaeser an, in den kommenden drei Jahren vor allem wegen der Fluktuation jährlich etwa 25.000 Mitarbeiter neu einzustellen, davon rund 3000 in Deutschland. Im kommenden Jahr nimmt die neue Windkraftfabrik in Cuxhaven ihren Betrieb auf. 1000 Menschen sollen hier arbeiten. „Nennen Sie mir einen einzigen Wettbewerber, der in Deutschland ein großes Werk baut. Einen einzigen“, sagte Kaeser.

Den betroffenen Beschäftigen hilft der Aufbau an anderer Stelle aber nur teilweise. Siemens bemüht sich zwar intensiv, Jobs intern zu vermitteln. Doch kann der Motoren- oder Trafo-Spezialist nicht einfach in der Digitalen Fabrik oder der Windturbinen-Produktion anfangen.

So trifft der Stellenabbau bei P&D unter anderem die Standorte Ruhstorf (600 Stellen) und Bad Neustadt (330) hart. Die IG Metall wertete es als kleinen Erfolg, dass der Stellenabbau in den Verhandlungen über einen Interessensausgleich etwas abgemildert wurde. „Die Abbauzahl ist aber schmerzlich und aus Arbeitnehmersicht nicht zufriedenstellend“, kritisierte der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler.

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