Johnson & Johnson Pharmariese zieht sich aus Diabetes-Geschäft zurück

Was Produkte für Diabetespatienten betrifft, gibt es seit Jahren einen Preisverfall. Nach Bayer will sich auch US-Pharmariese Johnson & Johnson aus dem Geschäft zurückzuziehen – und sich auf andere Sparten konzentrieren.

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Der US-Konzern ist damit weltweit fünftgrößter Anbieter von Medikamenten, nach Pfizer, Novartis, Roche und Merck & Co. Quelle: Bloomberg

Frankfurt Der amerikanische Pharma- und Medizintechnik-Riese Johnson & Johnson (J&J) versucht, sein Produktspektrum weiter auf Wachstum zu trimmen. Während der Konzern auf der einen Seite weiter mit der Schweizer Biotechfirma Actelion über eine Übernahme verhandelt, leitet er im Gegenzug nun einen Rückzug aus dem Geschäft mit Diabetes-Diagnostika ein. Für die Tochterfirmen Lifescan, Animas und Calibra prüfe man strategische Optionen, gab J&J bei Vorlage der jüngsten Quartalszahlen bekannt.

Mit knapp zwei Milliarden Dollar Umsatz im vergangenen Jahr und sieben Prozent Umsatzrückgang gehört das Diabetesgeschäft zu den kleineren Sparte von J&J und zudem zu den wachstumsschwächsten Teilbereichen des Konzerns. J&J leitet mit den Plänen den kompletten Rückzug aus dem Diagnostik-Segment ein, nachdem man die Sparte Labordiagnostik bereits 2015 an Carlyle verkauft hat. 

Diabetes-Diagnostika erlebten in den vergangenen Jahren einen deutlichen Preisverfall aufgrund geänderter Erstattungsregeln und wachsender Konkurrenz aus Asien. Auch andere Hersteller sind in dem Segment daher unter Druck geraten. Bayer verkaufte sein Geschäft mit Diabetes-Tests bereits vor zwei Jahren an Panasonic.

Abgesehen von der Schwäche im Diabetesgeschäft präsentiert sich J&J unterdessen in relativ in starker Verfassung. So konnte der Konzern den Umsatz insgesamt im vierten Quartal um knapp zwei Prozent auf 18 Milliarden Dollar und im Gesamtjahr um 2,6 Prozent auf 72 Milliarden Dollar steigern. Der Nettogewinn legte im Quartal um 18 Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar und im Gesamtjahr sogar um 22 Prozent auf 16,5 Milliarden Dollar zu. Vor allem die Pharmasparte legte mit 6,5 Prozent weiter überproportional zu und trägt mit 31 Milliarden Dollar Umsatz inzwischen mehr als 40 Prozent zum Konzernumsatz bei. Der US-Konzern ist damit weltweit fünftgrößter Anbieter von Medikamenten, nach Pfizer, Novartis, Roche und Merck & Co. Stark vertreten ist J&J ferner im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten und in der Medizintechnik (Implantate, Chirurgiegeräte etc.).

Mit seinen Zahlen für das vierte Quartal hat der US-Konzern die Erwartungen des Marktes leicht übertroffen. Der Ausblick auf 2017 dagegen fiel etwas vorsichtiger aus als von vielen Analysten erwartet. Insgesamt stellt J&J vier bis fünf Prozent Umsatzwachstum sowie eine Steigerung des Gewinns je Aktie um fünf bis sieben Prozent in Aussicht.  

Ähnlich wie viele Konkurrenten dürfte auch J&J in gewissem Grad vom wachsenden Preisdruck auf dem US-Pharmamarkt gebremst werden. Hier drängen Versicherer in jüngerer Zeit verstärkt auf Rabatte gegenüber den hohen Listenpreisen von Medikamenten. Zudem hat auch der neue US-Präsident Donald Trump Widerstand gegen die Preispolitik der Pharmabranche angedeutet, was für einige Verunsicherung in der Branche sorgt.

Mit der Übernahme der Schweizer Actelion würde sich J&J unterdessen mehr als zwei Milliarden Dollar zusätzlichen Umsatz sowie Wachstumspotenzial im Bereich spezieller Herzmedikamente sichern. Agenturberichten zufolge ist der US-Konzern bereit, dafür mehr als 26 Milliarden Dollar zu zahlen. Actelion ist Marktführer bei Medikamenten gegen Lungenhochdruck, einer speziellen form von Bluthochdruck, und hat hier seine Position in den vergangenen Jahren durch zwei Neuzulassungen abgesichert, die für die nächsten Jahre ein relativ stetiges Umsatzwachstum versprechen.

Vor allem solche Produkte sind in der Pharmabranche derzeit begehrt, um mögliche Umsatzschwächen und wachsenden Preisdruck bei älteren Präparaten auszugleichen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erwarten Branchenkenner, dass die Übernahmewelle im Pharmasektor generell weitergehen wird. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgruppe Ernst & Young etwa geht davon aus, dass „das globale Transaktionsvolumen in der Pharmabranche die im vergangenen Jahr erzielte Marke von 200 Milliarden US-Dollar auch 2017 wieder übersteigen wird.“ Auch die jüngsten Veränderungen der politischen Umfelds, insbesondere nach der Präsidentenwahl in den USA, schätzt EY-Pharmaexperte Gerd Stürz, „werden weitere Impulse für den Transaktionsmarkt geben.“

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