Kaeser präsentiert gute Quartalszahlen Siemens' Suche nach Exzellenz

Fortschritte ja, Grund zur Euphorie nein: Siemens übertrifft bei Umsatz, Gewinn und Prognose die Erwartungen. Doch mit seiner bisher größten Investition hat Konzernchef Kaeser aufs falsche Pferd gesetzt. Ein Kommentar.

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Den Aktionären konnte Kaeser mit den neuen Zahlen den Wind aus den Segeln nehmen. Quelle: dpa

München Manchen Aktionären bei Siemens geht der Umbau des Technologiekonzerns nicht schnell genug. Sie wollen, dass sich die Umstrukturierung endlich auch in den Zahlen niederschlägt. Mit der Vorlage guter Quartalsergebnisse und einer Anhebung der Prognose hat ihnen Siemens-Chef Joe Kaeser rechtzeitig vor der Hauptversammlung den Wind aus den Segeln genommen. Doch ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt: Es gibt Fortschritte. Doch für Euphorie ist es noch zu früh.

Erfreulich ist, dass der Konzern endlich wieder gewachsen ist. Bereinigt um Zukäufe und Währungseffekte blieb zwar nur ein mageres Plus von einem Prozent. Doch in dem unsicheren Umfeld ist das zumindest ordentlich. Und, da achten sie bei Siemens seit jeher besonders drauf, besser als das, was General Electric im selben Zeitraum geschafft hat.

Kaeser hat für 2016 versprochen, beim Wachstum besser abzuschneiden als die Konkurrenz. Das ist auch dringend erforderlich. Siemens hat seit vielen Jahren ein Wachstumsproblem. Wenn dieses nicht behoben wird, wird es alle Jahre wieder neue Sparprogramm geben müssen, ohne dass sich die Perspektiven verbessern. Aus dieser Spirale kommt Siemens nur durch mehr Innovationskraft und besseren Kundenzugang heraus.

Auch beim Gewinn lief es im ersten Quartal nicht schlecht. Das operative Ergebnis der Industrie-Divisionen verbesserte sich um zehn Prozent. Erfreulich dabei ist, dass negative Überraschungen wieder weitgehend ausblieben. So langsam darf man hoffen, dass das nicht Ausreißer nach unten sind, sondern Kaeser wirklich die Risiken und das Projektmanagement besser im Griff hat.

Doch bei allen kleinen Fortschritten: Von Exzellenz ist Siemens noch immer weit entfernt. Auch im ersten Quartal lagen nur vier der acht Divisionen innerhalb der Margenbänder. In der Medizintechnik, der Gebäudetechnik, der Bahntechnik und der Digitalen Fabrik verdiente Siemens gutes Geld und war etwa so profitabel wie die besten Konkurrenten. Dagegen landete Siemens im Energie-Management, der Wind- und Erneuerbaren-Division, in der Kraftwerkssparte und in der Division „Prozess-Industrie und Antriebe“ unterhalb der Margenzielbänder.

Die letzteren beiden Sparten litten unter dem niedrigen Ölpreis, der dazu führt, dass sich die Förderer mit Investitionen zurückhalten. Durch die teure Übernahme von Dresser-Rand hat Siemens die Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor noch vergrößert. Mit seiner bislang größten Investition hat Kaeser zum jetzigen Zeitpunkt auf das falsche Pferd gesetzt. Es besteht Hoffnung, dass die jüngste Übernahme eines Industriesoftware-Spezialisten unter einem besseren Stern steht.

Zur Hauptversammlung kann Kaeser also Fortschritte vermelden, doch noch immer ist nicht gewiss, ob seine „Vision 2020“ der große Durchbruch ist. Erst wenn es gelingt, dass alle Divisionen – oder zumindest fast alle – ihre Renditevorgaben erfüllen und dabei auch noch wachsen, gibt es für die Siemens-Aktionäre Grund zum Jubeln.

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