
Nichts deutete auf die Gefahr hin. Reine Routine, so schien es. Um den wertvollen Rohstoff Kali, der über der Erde vor allem für Düngemittel gebraucht wird, aus dem Gestein zu lösen, ließen es die Bergleute knallen und lösten die Sprengung in 900 Meter Tiefe aus. Doch diesmal geriet die Routine außer Kontrolle. Das im Gestein enthaltene Gas explodierte, löste ein Druckwelle aus. Eine große Menge Kohlendioxid trat aus, über Tage bildete sich eine riesige Rauchwolke. Drei Bergleute starben, vier weitere konnten entkommen.
Wie genau es zu dem Unglück im Bergwerk Unterbreizbach (Thüringen) kam, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Experten vom Bergamt sind vor Ort. Sicher ist schon jetzt: Der Abbau von Kali birgt ein technologisches Risiko.
Diese Maßnahmen sollen die Unfallgefahr im Bergbau verringern
Diese Atemschutzgeräte mit Luftfilter können Bergleute etwa bei Bränden in verqualmten Stollen bis zu 50 Minuten mit Sauerstoff versorgen. Selbstretter gehören zur Arbeitskleidung wie Helm und Sicherheitsschuhe.
Durch ein umfangreiches Belüftungssystem werden ständig Gas abgesaugt sowie Frischluft eingeblasen und verteilt. Ein Wettersteiger sorgt mit seinen Berechnungen dafür, dass der Bergmann trotz laufender Motoren großer Maschinen in einer gut belüfteten Umgebung arbeiten kann.
In früheren Jahrhunderten warnten Singvögel im Stollen durch ihr Verhalten den Bergmann vor Gas im Schacht. Heute überwachen Sensoren ständig den Gasgehalt im Bergwerk und melden kritische Konzentrationen an die Grubensicherheitswarte über Tage.
Um Verschiebungen in Wänden und die Sicherheit der Decke im Abbauschacht zu überprüfen, werden an ausgewählten Orten Löcher gebohrt. So sollen Veränderungen rechtzeitig erkannt werden. In Kali-Gruben müssen mehrere tausend Tastlöcher regelmäßig kontrolliert werden.
Sie sollen bei einer Explosionen unter Tage das Unglück begrenzen. Die Druckwelle der Detonation bringt an der Decke vieler Stollen hängende, mit Wasser gefüllte Wannen zum Bersten. Der sich bildende Wasservorhang soll Explosionsflammen löschen.
In den vergangenen Wochen war vor allem von den wirtschaftlichen Risiken der Förderung unter Tage die Rede. Nachdem der russische Konkurrent Uralkali im August den Ausstieg aus einem russisch-weißrussischen Kalikartell erklärte und sein Angebot ausweiten will, drohen die Kalipreise unter Druck zu geraten. Statt 400 Dollar pro Tonne könnte der Preis auf 300 Dollar oder tiefer fallen.
Wohin die Reise geht, wird sich bald zeigen – jetzt, im Herbst stehen die Preisverhandlungen der Kalianbieter mit chinesischen und indischen Abnehmern an. Wenn es zu dem befürchteten Preisverfall kommt, sind viele Minen von K+S nicht mehr profitabel. Denn die Kasseler zählen zu den Kali-Anbietern mit den höchsten Produktionskosten, etwa 280 Dollar die Tonne, und sind auf hohe Preise angewiesen. Die K+S-Aktie hat bereits deutlich verloren; kurzfristig schien auch der Rauswurf aus der höchsten deutschen Börsenliga, dem Dax, möglich.
Die vergangenen Monate müssen für K+S-Chef Norbert Steiner ein ziemlicher Horror gewesen sein. Jetzt, nach dem tragischen Grubenunglück, zeigt sich: Es gibt nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein technologisches Risiko. Einige Analysten spekulierten nach dem drohenden Preisdesaster schon einmal darüber, dass K+S die Kali-Produktion über kurz oder lang einstellen wird. Soweit ist es freilich noch nicht.
Die K+S-Aktie bleibt aber weiterhin ein Risikoinvestment. Und vieles spricht dafür, dass sich die Kalipreise in Zukunft dauerhaft eher nach unten orientieren. Ein Trost bleibt K+S freilich, falls das Unternehmen die Kaliförderung irgendwann mal für unwirtschaftlich erklärt. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten verfügen die Kassler noch über ein zweites Standbein – die Förderung von Salz.