Kampf gegen das Virus Diese Berliner machen mit Corona-Tests das Geschäft ihres Lebens

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Biotechrabbits Geheimnis? Gefriertrocknung

TIB Molbiol stellt mithilfe des Enzymmixes von Biotechrabbit den Test fertig, der dann in Krankenhäusern und Laboren die Abstriche von potenziell Infizierten prüft. Den Unterschied zu Biotechrabbit, fasst Haase so zusammen: „Wir vervielfältigen die genetische Information des Virus. TIB Molbiol stellt kurze DNA-Abschnitte her für die genetischen Regionen des Virus, die vervielfältigt werden sollen.“

Die Molekularbiologen von Biotechrabbit tricksen die Bakterien, mit denen sie arbeiten, so aus, dass diese das tun, was die Mitarbeiter von ihnen brauchen. Der Mix aus sechs Proteinen sei „ein komplexer Cocktail: So als würden Sie in einer Bar Aperol mit Prosecco und Whiskey mixen, und das schmeckt dann superklasse.“ Schon eine kleine Abweichung verfälsche das Ergebnis.

Damit das nicht passiert, tragen im Labor von Arpita Das alle Mitarbeiter Schuhüberzieher, einen Kittel, Mundschutz und eine Kopfhaube. Steril muss es sein. In einem Inkubator hält Haases Kollegin eine Phiole zwischen den Fingern. Den festen Stoff im Innern des Röhrchens lockert sie, indem sie das kleine Gefäß auf einen vibrierenden Apparat in dem Inkubator drückt. Mit etwas Wasser gemischt stellt sich der flüssige Ausgangszustand des Gemischs wieder ein.

Der 55-jährige Bernd Haase leitet Biotechrabbits.

Diesen besonderen Kniff, den Das vorführt, benutzt Biotechrabbit, um den Enzymmix günstiger verschicken zu können. „Wir stellen es gefriergetrocknet her“, erzählt Haase. Das heißt: Wenn sie die Enzyme eintrocknen, lagern sie andere Substanzen ein, die wieder verschwinden, wenn der Kunde am Zielort Wasser darauf kippt. So nimmt der Enzymmix seinen Ursprungszustand wieder ein und ist einsatzbereit.

Normalerweise würden „Enzyme und deren Mixe bei minus 80 Grad mit Trockeneis versendet“, erklärt Haase. Das eigentliche Produkt sei „wie eine Feder, aber die Kühlung treibt die Kosten hoch.“ Aus 150 Gramm, die ein Kit wiege, würden wegen des Trockeneises für den Transport schnell 15 Kilo. Bei Raumtemperatur koste ein Mix einen Euro, bei minus 80 Grad 16 Euro. Biotechrabbits Gefriertrocknung umgeht dieses Problem.

Die Lieferungen an TIB Molbiol gibt der Chef gerne persönlich ab, manchmal bis zu drei am Tag. Das direkte Feedback von Landt und Kollegen sei ihm wichtig, sagt Haase. Wie jede Partnerschaft klappt aber auch diese nicht ganz ohne Meinungsunterschiede. „Die versprochenen Stückzahlen“ hätte Biotechrabbit bislang „nicht geliefert, sondern die Hälfte“, sagt Landt. Haase hält dagegen: „Was Herr Landt nicht übersehen kann, ist die Komplexität unseres PCR-Mixes mit den vielen verschiedenen Proteinen.“ Bei dem biologischen Prozess könne es je nach Verfügbarkeit der Proteine zu Verzögerungen kommen. Dann müssten sie „schon mal zwei Tage warten“.

1,5 Millionen Tests pro Woche

TIB Molbiol liefert nach eigenen Angaben mindestens 1,5 Millionen Tests pro Woche aus. Ein Kit besteht aus knapp 100 Tests. Die ersten Mitarbeiter kämen „vor 7 Uhr, regelmäßig ist noch einer bis Mitternacht da“, erklärt Landt.

Um Geld gehe es ihnen nicht. Das betonen Haase und Landt unisono. Manche Konkurrenten verlangten zehnmal mehr für ihre Kits. „Ich finde es unverschämt, wenn man in so einer Situation, in der Menschen in Not sind und die Tests einfach brauchen, aberwitzige Preise aufruft“, sagt Haase.

Landt gibt offen zu, dass er das Arbeitspensum nur leisten könne, weil TIB Molbiol nicht gewerkschaftlich gebunden sei. „Die großen Firmen sind zu langsam. Die haben Gewerkschaften, die verhindern, dass man länger arbeitet.“ Das Bundesarbeitsministerium hat auf die außergewöhnliche Situation reagiert: Minister Hubertus Heil (SPD) lockerte das Arbeitszeitgesetz bis Ende Juni und erlaubt in systemrelevanten Berufen Zwölf-Stunden-Tage sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen.

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