Klagen im Volkswagn-Abgasskandal US-Staaten fordern weitere hunderte Millionen von VW

Weitere Klagen gegen VW: Die US-Bundesstaaten New York und Massachusetts verlangen nun weitere hunderte Millionen Dollar wegen des Abgasbetrugs. Im Juni hatte VW bereits die Zahlung von fast 14 Milliarden Euro zugesagt.

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Eric Schneiderman warf Volkswagen eine „Kultur tiefverwurzelter Arroganz“ vor, gegen die ein Exempel statuiert werden solle. Quelle: Reuters

Washington/Albany Volkswagen drohen wegen des Abgasbetrugs in den USA weitere Strafen. Der Generalstaatsanwalt von New York, Eric Schneiderman, stellte am Dienstag in Washington eine der Klagen von insgesamt drei Bundesstaaten vor, in der "hunderte Millionen Dollar" an zusätzlichen Strafen für die Wolfsburger gefordert werden. Der Klage zufolge sollen Dutzende VW-Mitarbeiter und Manager an dem Abgasbetrug beteiligt gewesen sein. Der frühere Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sei früh über die Abgasmanipulation informiert gewesen. Winterkorn und der damalige Vertriebsvorstand Christian Klingler hätten bereits im Frühjahr 2014 von der Existenz einer illegalen Abschalteinrichtung gewusst. Ein Volkswagen-Sprecher sagte, man wolle die Vorwürfe zunächst prüfen und sich später dazu äußern.

Die Niedersachsen hatten sich erst im Juni mit US-Behörden und Privatklägern auf einen bis zu 15,3 Milliarden Dollar (umgerechnet 13,8 Milliarden Euro) teuren Vergleich geeinigt, um den Abgasskandal beizulegen. Gut zehn Milliarden Dollar sind für den Rückkauf von 475.000 manipulierter Dieselautos mit 2,0-Liter-Motoren vorgesehen. Weitere fast fünf Milliarden soll Volkswagen in zwei Umweltfonds einzahlen. Zudem fließen mehr als 600 Millionen Dollar an 44 US-Bundesstaaten. Darunter sind auch die drei US-Staaten, die jetzt weiter klagen. Volkswagen hat 16,2 Milliarden Euro zur Seite gelegt, um die Lasten des Dieselskandals weltweit zu schultern. Der Konzern hat mehrfach erklärt, dass nach aktuellem Stand keine weiteren Rückstellungen geplant seien.

In der in Albany eingereichten Klage bezieht sich der Generalstaatsanwalt von New York unter anderem auf eine E-Mail an Winterkorn. Darin schreibt der damalige Leiter des Qualitätsmanagements von Volkswagen, Frank Tuch, im Mai 2014, eine detaillierte Erklärung für die dramatisch hohen Stickoxidemissionen könne den Behörden nicht gegeben werden. Volkswagen hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, eine illegale Software eingesetzt zu haben. Diese erkennt, ob ein Wagen auf dem Prüfstand steht und nur dann hält er auch die Grenzwerte ein. Im normalen Verkehr auf der Straße ist der Schadstoffausstoß um ein Vielfaches höher. Das Unternehmen ist deshalb mit zahlreichen Klagen und Schadensersatzforderungen konfrontiert.

In Kanada drohen Volkswagen ebenfalls finanzielle Lasten. Dort verhandelt der Konzern noch mit den Behörden über einen Vergleich zur Beilegung des Dieselskandals. Würde das US-Entschädigungsmodell auf den nördlichen Nachbarn der USA übertragen, müsste VW womöglich mit einer weiteren Belastung in Milliardenhöhe rechnen. Das "Handelsblatt" berichtete, Volkswagen müsste dann etwa zwei Milliarden Dollar für seine Kunden bereitstellen. In Kanada sind rund 130.000 Fahrzeuge mit 2,0-Liter-Motoren betroffen, fast ein Viertel der Wagen, die in den USA mit einer illegalen Software unterwegs sind. VW äußerte sich nicht. Anleger reagierten verunsichert. Das Papier verlor zeitweise mehr als zwei Prozent an Wert, grenzte die Verluste später jedoch ein und schloss 0,7 Prozent im Minus.

Das Bezirksgericht in San Francisco will am kommenden Dienstag entscheiden, ob es den Dieselgate-Vergleich vorläufig annimmt. Danach folgt eine Frist, in der die Kläger Widerspruch einlegen können. Mit einer Umsetzung des Kompromisses wird nicht vor Oktober gerechnet. Im Streit um die Reparatur von 85.000 Dieselfahrzeuge mit Drei-Liter-Motoren steht eine Einigung in den USA noch aus. Sollte ein Vergleich erzielt werden, könnte auch dieser auf Kanada übertragen werden. Dort sind rund 28.000 Fahrzeuge mit dem größerem Dieselmotor betroffen.

Auch in anderen Ländern könnten Entschädigungen fällig werden. In Europa, wo rund 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen sind, wurden bereits Forderungen nach einer ähnlichen Wiedergutmachungen für Kunden wie in den USA laut. VW lehnt dies ab und verweist darauf, dass die Wagen hierzulande repariert würden. In den USA gebe es dagegen keinen von den Behörden genehmigten Plan zur Umrüstung. In Deutschland sind zudem Schadensersatzforderungen von Anlegern anhängig.

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