Klaus Kleinfeld Der Klinsmann der deutschen Wirtschaft

Als Alcoa-Chef ist Klaus Kleinfeld der Jürgen Klinsmann der deutschen Wirtschaft. Kommt der frühere Siemens-Chef eines Tages nach Deutschland zurück?

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huGO-BildID: 34799386 Klaus Kleinfeld, Chairman and Chief Executive Officer of Alcoa attends a session at the annual meeting of the World Economic Forum (WEF) in Davos January 23, 2014. REUTERS/Ruben Sprich (SWITZERLAND - Tags: POLITICS BUSINESS) Quelle: REUTERS

Für seine Schwalben war der Stürmer Jürgen Klinsmann, jetzt Fußballtrainer des US-Teams, weltbekannt. In England wurde er „The Diver“ genannt. Eine Schwalbe hat auch Klaus Kleinfeld hinter sich. Bei Siemens ging er zu Boden. Aber nicht wie ein Boxer, der ausgezählt wird, sondern wie ein Fußballer, der sich theatralisch fallen lässt.

Kleinfeld war mal Siemens-Vorstand, bis er 2007 vom Aufsichtsratschef Gerhard Cromme dazu genötigt wurde, Siemens zu verlassen. Kleinfeld hatte sich im Korruptionsskandal bei Siemens nichts zu Schulden kommen lassen. Aber sein Abgang geriet zum Symbol für den mächtigsten Manager Deutschlands, nicht mehr länger unter Cromme und in der völlig verunsicherten Siemens-Welt arbeiten zu wollen. Kleinfeld wechselte binnen weniger Wochen zum US-Aluminiumhersteller Alcoa, der gerade mit roten Zahlen kämpfte. Kleinfeld brachte zwar kein Alu-Wissen mit, kannte aber als ehemaliger US-Chef von Siemens die amerikanische Denkweise bis ins Detail.

Klinsmann und Kleinfeld – beide punkten in den USA. Klinsmann wird von Nike-Chef Parker über den Klee gelobt, obwohl das US-Team im Achtelfinale ausschied: „Ich finde, dass Klinsmann einen tollen Job macht, er arbeitet sehr diszipliniert und setzt auf Teamwork“, sagte Parker kürzlich.

Dasselbe wird über Kleinfeld bei Alcoa gesagt. Der Aluminiumhersteller kehrte im zweiten Quartal in die Gewinnzone zurück und wird dafür von US-Analysten gefeiert. Denn wenn es Alcoa gut geht, dann ist das ein Frühindikator für die amerikanische Konjunktur. Wenn viel Aluminium gebraucht wird, dann ist das ein Zeichen für Aufschwung. Kleinfelds Strahlkraft steigt.

Und Kleinfeld hat Alcoa nicht nur saniert, sondern er kauft jetzt auch zu. So erwarb der Hersteller für 2,8 Milliarden Dollar einen international aufgestellten Motorenbauer. Das ist der Trend, den Kleinfeld einleitete, das Geschäft wendet sich vom reinen Materialzulieferer zum Produzenten von Bauteilen, bei denen höhere Margen möglich sind. Die Wende bei Alcoa zeigt dies.

"Ihr müsst ja nicht unbedingt Weltmeister werden"

Kommt Kleinfeld als amerikanisierter deutscher Topmanager eines Tages nach Deutschland zurück? Warum sollte er, fragen sich viel, wo er doch bei Alcoa ein Vielfaches von dem verdient, was ihm beispielsweise als Chef von ThyssenKrupp oder als Lenker eines deutschen Automobilkonzerns zustehen könnte. Und in den USA wird er gerade so hoch gelobt, dass der gebürtige Bremer keinen Veranlassung sehen könnte, in die deutsche Wirtschaft zu wechseln.

„Es könnte ihn dennoch reizen“, sagt ein Siemensianer, der ihn aus engerer Umgebung von früher kennt. Denn die Schwalbe bei Siemens war unbefriedigend für einen deutschen Topmanager, der  vom keineswegs immer erfolgreichen Aufsichtsratschef bei Siemens fallen gelassen wurde.

Solche Prestige-Überlegungen aber sind es nicht, die Kleinfeld noch nach Deutschland locken könnten. Denn mehr als Siemens-Chef kann er hierzulande ja nicht werden. Aber einem Multiaufsichtsrat Ulrich Lehner könnte er schon auffallen, Kleinfeld könnte ihn sogar ersetzen, denn beide trennen fast zwanzig Lebensjahre.

Kleinfeld aber denkt nicht daran, sich als amerikanischer Manager auf Abruf und mit Rückflugticket nach Deutschland abstempeln zu lassen. Im Gegenteil, er grenzt sich beispielsweise von Siemens-Chef Joe Kaeser offen ab, indem er die Teilnahme am Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Mai wegen der Ukraine-Krise absagte. Joe Kaeser dagegen hatte zuvor demonstrativ Putin besucht und hatte dafür weltweit viel Prügel einstecken müssen.

Dennoch: Es fällt auf, wie sich Kleinfeld eine Tür nach Deutschland stets offen hält. So lobt er die deutsche Mitbestimmung und das langfristige Denken und grenzt sich somit auffällig von seinen Kollegen in USA ab. Auch Klinsmann betont seine deutsche Denkungsart im erfolgssüchtigen Amerika. „Ihr müsst ja nicht unbedingt Weltmeister werden“ soll er zum US-Team gesagt haben, um den Stress aus der Mannschaft herauszunehmen. Der Schwabe Klinsmann hält den Ball flacht, ebenso Kleinfeld, der angesprochen auf das Erfolgsmodell USA nur bremisch nüchtern sagt: „Amerika wird besser“.

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