Klimaschutz „Die BASF muss noch viel mehr große Innovationen wagen“

BASF soll zu einem grüneren Unternehmen werden. Quelle: Bloomberg

Wirtschaftlich geht es bei der BASF wieder aufwärts, wie die aktuellen Halbjahreszahlen zeigen. Aber wo steht das Unternehmen beim Klimaschutz? Konzernchef Martin Brudermüller hat dazu einiges versprochen.

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Die BASF schaut wieder optimistisch in die nähere Zukunft; Umsatz und Gewinn sind im zweiten Quartal jeweils deutlich gegenüber Vorjahr gestiegen. Für das Gesamtjahr 2021 erwartet der Chemiekonzern aus Ludwigshafen nun einen Umsatz zwischen 74 und  77 Milliarden Euro – bislang waren rund 70 Milliarden prognostiziert. Der bereinigte Gewinn vor Sondereinflüssen soll zwischen sieben und 7,5 Milliarden Euro liegen – die bisherigen Schätzungen des Managements beliefen sich auf fünf bis 5,8 Milliarden Euro.

Allerdings will sich Konzernchef Martin Brudermüller nicht nur an den Zahlen messen lassen. Der promovierte Chemiker, Mitglied im Wirtschaftsbeirat der Grünen, hat auch versprochen, die BASF zu einem grüneren Unternehmen zu machen und mehr für den Klimaschutz zu bewegen. Dafür bekommt er sogar etwas Anerkennung von Greenpeace. Allerdings könnte die BASF noch viel mehr für den Klimaschutz bewegen. Der Chemieprofessor Michael Braungart sagt: „Die BASF muss noch viel mehr große Innovationen wagen.“ Der Ludwigshafener Chemiekonzern hält zudem noch den Mehrheitsanteil am Öl- und Gasunternehmen Wintershall.

Etwas Lob von Greenpeace

Wenn BASF-Chef Martin Brudermüller über Klimawandel spricht, wirkt er dabei authentisch. Dass Überschwemmungen, zunehmende Trockenheit und schmelzende Gletscher eine gemeinsame Ursache haben, treibt ihn seit Jahren um. Solche Erkenntnisse sind mittlerweile in vielen Führungsetagen angekommen, sagt Jonas Ott, Klima-Experte bei Greenpeace: „Manche Top-Manager in den Konzernen haben schon verstanden, dass sie jetzt aufgrund der Erderhitzung und des politischen Drucks der EU handeln müssen. Es ist auf jeden Fall gut, dass die BASF sich in diese Richtung bewegt.“

von Nele Husmann, Stefan Hajek, Max Haerder, Martin Seiwert, Thomas Stölzel, Cordula Tutt, Silke Wettach

Brudermüllers Ziel: Bis 2050 will die BASF klimaneutral sein – und damit nur noch soviel Kohlendioxid ausstoßen, wie auch verarbeitet werden kann. Dem Greenpeace-Experten Ott reicht das nicht: „Klimaneutralität bis 2050 ist aber nicht ambitioniert genug. Europas größter Chemiekonzern sollte doch in der Lage sein, deutlich vorher klimaneutral zu werden.“ Bereits bis 2030 soll der Chemiekonzern seine Kohlendioxid-Emissionen um ein Viertel im Vergleich zum Jahr 2018 senken. Insgesamt sind Investitionen von bis zu vier Milliarden Euro geplant.

So sollen die Steamcracker – große Spaltöfen, in denen aus Rohbenzin chemische Grundstoffe entstehen – auf dem Werksgelände in Ludwigshafen künftig nicht mehr mit Erdgas, sondern durch nachhaltig erzeugten Strom betrieben werden. An dem Konzept arbeitet die BASF gemeinsam mit dem Gasekonzern Linde und dem saudi-arabischen Unternehmen Sabic. Eine Demonstrations-Anlage könnte 2023 fertig sein.

Grüner Strom für Ludwigshafen

Um mehr Grünstrom zu produzieren, hat die BASF zudem kürzlich zwei Verträge abgeschlossen. Gemeinsam mit dem Energiekonzern RWE kooperiert der Energie-Großverbraucher BASF beim Bau eines Windparks in der Nordsee – von dort soll ab 2030 das Stammwerk in Ludwigshafen mit grünem Strom versorgt werden. Das Windkraftwerk soll zwei Gigawatt liefern – so viel wie zwei Atomkraftwerke. Bereits ab 2023 soll der BASF-Standort in Antwerpen mit Grünstrom von der niederländischen Nordseeküste versorgt werden – BASF hat dazu eine Vereinbarung mit dem Energieunternehmen Vattenfall getroffen. Dazu sei auch noch einiges zu erwarten, erklärte Roland Merger, Leiter Erneuerbare Energien bei der BASF, kürzlich der WirtschaftsWoche: „Weitere Investitionen in Solar- und Windparks sollen folgen.“

von Mario Brück, Daniel Goffart, Max Haerder, Stefan Hajek, Christian Schlesiger, Dennis Schwarz, Silke Wettach

Greenpeace-Klimaexperte Ott sieht dann weitere Herausforderungen auf die BASF zukommen. Da Strom aus Wind und Sonne nicht zu jeder Zeit verfügbar ist, müsse die energieintensive Industrie entsprechend planen und ein „Demand Side Management“ betreiben: „Der nächste Schritt muss jetzt für Unternehmen wie die BASF darin bestehen, ihre Stromnachfrage an ihre eigene fluktuierende Erzeugung anzupassen und die Produktion entsprechend zu steuern.“

Ein völlig neues Denken und mehr Mut zu echten Innovationen fordert Chemieprofessor Braungart vom Chemie-Giganten BASF: „Warum arbeitet die BASF nicht daran, Plastik aus dem Kohlendioxid der Atmosphäre herzustellen? Für ein solches Projekt würde ich meine Studenten sofort nach Ludwigshafen schicken.“



Auf dem Weg zum grünen Unternehmen ist die BASF allerdings auch gerade erst dabei, sich von Öl- und Gasaktivitäten zu trennen. Der geplante Börsengang der Tochter Wintershall wurde allerdings verschoben, weil der BASF und dem Investor LetterOne die Aussichten noch zu mau erschienen. Statt in der zweiten Jahreshälfte 2021 ist nun ein Termin „nach 2021“ avisiert.

Mehr zum Thema: Die BASF und der Investor LetterOne haben den Börsengang der Öl- und Gastochter Wintershall Dea erstmal zurückgestellt. Doch nun könnten die Pläne wieder Fahrt aufnehmen. Der Grund: Die Einigung im Nord-Stream-2-Streit.

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