Nach vielen glanzvollen Jahren scheint es bei Knorr-Bremse zu knirschen. Mit Daimler streiten Sie sich angeblich um 150 Millionen Euro, die Sie von dem Autobauer verlangen, weil er nicht die vereinbarte Zahl an Lkw-Bremsen abgenommen hat.
Das ist so nicht richtig. Es gibt keine Schadensersatzforderungen gegenüber Daimler. Richtig ist, dass Gespräche mit Daimler im Rahmen unserer Geschäftsbeziehung geführt werden. Dies ist unter Geschäftspartnern normal, auch wenn man nicht in allen Fragen der gleichen Meinung ist. Wir sind seit über 80 Jahren Geschäftspartner.
Auch mit MAN läuft es angeblich nicht rund, weil sich der Lkw-Bauer über Qualitätsmängel ärgere?
Dies ist absolut falsch. MAN und Knorr-Bremse pflegen auf allen Ebenen eine außerordentlich gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Gerade erst dieses Jahr haben wir einen neuen Mehrjahresvertrag über das gesamte Liefervolumen geschlossen mit weiteren Wachstumsmöglichkeiten für die Zukunft. Für den Ausbau der Geschäftsbeziehungen haben wir eine strategische Partnerschaft vereinbart. Von Qualitätsmängeln bei unseren Produkten kann überhaupt keine Rede sein.
Für größte Verwirrung sorgen Sie zurzeit beim Lokomotiven- und Schienensystembauer Vossloh im sauerländischen Werdohl, wo Sie Aufsichtsratschef sind. Sie besitzen mehr als 25 Prozent der Aktien, liegen also knapp unter der 30-Prozent-Schwelle, von der an Sie den verbleibenden Aktionären ein Übernahmeangebot machen müssen. Was haben Sie vor?
Ich habe nicht die Absicht, Vossloh von der Börse zu nehmen. Ich habe auch nicht die Absicht, Vossloh mit Knorr-Bremse zu verschmelzen. Knorr-Bremse ist gar nicht beteiligt an Vossloh, das ist ein Engagement, das ich über eine Holding-Gesellschaft unmittelbar führe. Ich finde das Programm von Vossloh aber sehr interessant und glaube, dass ganz besonders der Infrastrukturbereich große Potenziale hat. Angesichts dessen, was in den kommenden 20, 30 Jahren in der Welt des Eisenbahnverkehrs an Infrastrukturprojekten zu erwarten ist, ist dieses Geschäft eine sinnvolle und entwicklungsfähige Ergänzung unseres Geschäftes mit rollendem Material...
...also mit den Loks und vor allem den Waggons, die Knorr-Bremse ausstattet.
So ist es. Allerdings können Sie beide Geschäfte nicht zusammenwerfen. Infrastruktur ist ein ganz anderes Arbeitsgebiet. Natürlich haben wir in vielen Fällen die gleichen Kunden, nämlich die Eisenbahngesellschaften dieser Welt. Ich bin mit deren Chefs ein-, zweimal im Jahr zusammen und kenne deren Ausbaupläne. Und ich informiere die auch darüber, dass ich mit meinem Engagement bei Vossloh meine Bahnaktivitäten stärken will, auch durch Akquisitionen.
Vossloh hat früher versucht, durch Übernahmen von Lokomotivfabriken zum Konkurrenten von Weltkonzernen wie dem US-Riesen General Electric aufzusteigen. Wollen Sie das rückgängig machen?
Ob das Lokomotivgeschäft langfristig alleine positiv entwickelt werden kann, wird bei Vossloh zurzeit geprüft. Wir sind dabei, zu definieren, welche Schritte wir tun können, um die Performance zu verbessern, und wie die Sparte auf größere Stückzahlen kommen kann. Bis Mitte 2014 werden wir eine Position zu dieser Frage erarbeiten.
Könnten Sie sich vorstellen, dass Vossloh sich von vom Lokomotivbau trennt oder diesen in ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem starken Partner einbringt?
Das sind mögliche Denkmodelle. Das Entscheidende ist, dass Standorte wie zum Beispiel Kiel eine nachhaltige Entwicklung nehmen und die Arbeitsplätze dort verbleiben. Ich bin kein Finanzinvestor, der im Regelfall kein langfristiges Interesse verfolgt, sondern seine finanziellen Interessen kurzfristig realisieren möchte.
Ein Analyst der BHF-Bank meint, Sie könnten mittelfristig Ihren Anteil an Vossloh auf mehr als 30 Prozent aufstocken und den übrigen Aktionären dann ein Übernahmeangebot machen. Das Geld dazu hätten Sie ja.
Es gibt keinen solchen Plan. Das wird auch für die absehbare Zukunft nicht anders sein. Ich habe nicht vor, meinen Anteil auf mehr als 30 Prozent zu erhöhen, auch nicht, nachdem anscheinend die Familienaktionäre von Vossloh für 200 Millionen Euro 22 Prozent der Aktien wohl bei institutionellen Anlegern platziert haben.