Konjunktur Aufträge der deutschen Industrie ziehen unerwartet deutlich an

Dank der starken Nachfrage von Kunden aus dem Ausland stieg die Anzahl der Bestellungen bei der deutschen Industrie um 3,7 Prozent. Quelle: dpa

Um 3,7 Prozent stieg die Anzahl der Bestellungen für die deutsche Industrie im November, deutlich mehr als erwartet. Doch die Lieferengpässe bremsen die Produktion aus.

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Die deutsche Industrie hat sich im November dank der guten Auslandsnachfrage stärker als erwartet vom zuvor verzeichneten Auftragseinbruch erholt. Die Unternehmen zogen 3,7 Prozent mehr Bestellungen an Land als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 2,1 Prozent gerechnet. Im Oktober hatte es noch einen Rückgang von 5,8 Prozent gegeben. „Für die konjunkturellen Aussichten liefert dies einen positiven Impuls, wenngleich die wirtschaftliche Aktivität durch bestehende Lieferengpässe weiterhin belastet wird“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium dazu.

Auch Ökonomen geben noch keine Entwarnung. „Der Anstieg ist ein Reflex auf den äußerst schwachen Vormonat, er gleicht den dortigen Rückgang aber nicht aus“, sagte der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer weißt auf den ohnehin enormen Bestand nicht abgearbeiteter Aufträge hin. „Diesen Auftragsberg werden die Industrieunternehmen durch ein kräftiges Hochfahren ihrer Produktion abarbeiten, wenn sich die Materialengpässe ab dem Frühsommer mit sinkenden Corona-Zahlen deutlich entspannen“, sagte Krämer. Erste Anzeichen einer Entspannung gebe es etwa in der Autoindustrie.

Für das positive Abschneiden sorgte im November allein die anziehende Auslandsnachfrage: Die Aufträge von dort stiegen um 8,0 Prozent zum Vormonat. Dabei legten die Bestellungen aus der Euro-Zone mit 13,1 Prozent besonders deutlich zu, während die aus dem restlichen Ausland um 5,0 Prozent kletterten. Die Bestellungen aus dem Inland gaben dagegen um 2,5 Prozent nach. Positiv entwickelt haben sich im November auch die Umsätze in der Industrie: Sie lagen um real um 4,2 Prozent höher als im Vormonat, blieben aber um 3,4 Prozent unter ihrem Vorkrisenniveau von Februar 2020.



Die Industrie hat eigentlich genügend Aufträge, um ihre Produktion auf Hochtouren laufen zu lassen. Allerdings fehlen wichtige Vorprodukte wie beispielsweise Mikrochips, die in zahlreichen Gegenständen – von Autos bis Haushaltsgeräten – enthalten sind. „Problem bleibt derweil auch, dass die Früchte des rekordhohen Auftragsbestandes in Anbetracht des Materialmangels derzeit nicht geerntet werden können“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

Der Materialmangel in der Industrie hat sich Ende 2021 nochmals verschärft: 81,9 Prozent der Firmen klagten über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, so viele wie noch nie. Da die Probleme noch eine Weile anhalten dürften, wird der Aufschwung in diesem Jahr nach Prognose führender Institute kleiner ausfallen als bislang angenommen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa senkte seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandproduktes 2022 von 5,1 auf 4,0 Prozent. 

Mehr zum Thema: Häfen und Straßen sind verstopft, Frachtraum bleibt knapp. Vieles spricht dafür, dass das Chaos in den Lieferketten im kommenden Jahr anhalten wird. Unternehmen müssen sich radikal umstellen – und regionale Lieferstrukturen aufbauen.

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