Kosten der Nachrüstung Der große Diesel-Streit: Wer muss zahlen?

Diesel: Wer soll für die Nachrüstung zahlen? Quelle: imago images

Damit Besitzer ihre Diesel weiter uneingeschränkt nutzen können, müssen viele von ihnen den Wagen umrüsten. Doch wer soll dafür zahlen? Und sind Umrüstungen überhaupt immer möglich?

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Immerhin herrscht in einem Punkt Einigkeit: Fahrverbote für Diesel in deutschen Städten sollen vermieden werden. Das liegt weder im Interesse der Hersteller, noch der Politik, vertreten durch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) – und schon gar nicht in dem der Besitzer.

Umrüstsätze sollen die betroffenen Modelle flott machen für künftige Fahrten in mehr als 60 betroffene Städte. Allein – es ist unklar, wer die Kosten dafür tragen soll. 

Die CDU hatte am Montag den Einsatz von Steuergeld zur Lösung der Dieselkrise und Vermeidung von Fahrverboten nicht ausgeschlossen. Kanzlerin Angela Merkel kündigte für den 1. Oktober eine Entscheidung der Bundesregierung über den Kurs in der Dieselkrise an.

Das ist Scheuers Master-Plan in der Dieselkrise

Der Steuerzahlerbund und der Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbv) haben unmittelbar danach die große Koalition davor gewarnt, die Steuerzahler zur Lösung der Dieselkrise finanziell zu belasten. „Steuergeld zur Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen lehne ich ab – das ist Aufgabe der Automobil-Industrie“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, der „Rheinischen Post“ (Dienstag). „Ich appelliere an die Politik: Der Steuerzahler darf hier keine finanzielle Haftung übernehmen.“
Ähnlich äußerte sich vzbv-Chef Klaus Müller: „Die Kosten für die Hardware-Nachrüstung müssen die Hersteller tragen“, sagte er der Zeitung. Die Autoindustrie müsse endlich die Verantwortung übernehmen. „Die Hardware-Nachrüstung muss kommen – nicht nur für Busse und Nutzfahrzeuge, sondern für die vielen von Fahrverboten bedrohten privaten Diesel-Pkw. Daran führt kein Weg vorbei: für saubere Luft in den Städten und um Mobilität zu erhalten.“
Kabinett und Autoindustrie arbeiten derzeit an einem neuen Paket für bessere Luft in Städten, in denen Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden. Dieselabgase gelten als Hauptverursacher. Weitere Fahrverbote für Dieselautos sollen vermieden werden. Bei den Maßnahmen geht es dem Vernehmen nach auch um höhere Prämien der Hersteller, wenn Kunden einen neuen Diesel kaufen. Umstritten bleiben mögliche technische Diesel-Nachrüstungen für Pkw - und die Frage, wer diese bezahlt. 

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat ihren Kurs bekräftigt. Technische Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller seien der beste und gerechteste Ausweg aus der Dieselkrise, sagte Schulze der Deutschen Presse-Agentur. „Wer Fahrverbote vermeiden will, darf sich nicht nur auf Busse, Kommunalfahrzeuge oder Transporter beschränken. Ohne technische Nachrüstungen von Diesel-Pkw lässt sich das Problem nicht lösen.“ Zugleich sagte Schulze, sie sei froh, dass nun „endlich Bewegung“ in die Sache komme. 

Ihr Kabinettskollege Scheuer hatte nach einem Treffen mit den Chefs der deutschen Hersteller am Sonntag gesagt, oberste Priorität habe die Flottenerneuerung - also Anreize, damit mehr Besitzer alte Diesel abgeben und sich ein Auto mit weniger Schadstoffausstoß kaufen. Für Lieferdienste und Handwerker solle es ein Förderangebot für Umbauten an Motoren geben.
Die Konzernchefs haben sich nach Informationen des „Handelsblatts“ auf großzügigere Umtauschprämien gezeigt. „Jeder Hersteller rechnet jetzt Umtauschaktionen durch, die so attraktiv sind, dass die Kunden zugreifen“, zitierte das Blatt aus Regierungskreisen.
Umgerüstet werden sollten demnach nur Fahrzeuge, bei denen der nachträgliche Einbau von Stickoxidfiltern technisch sinnvoll sei. Das würde vor allem die Dienstwagenflotten mit den Modellen VW Passat, BMW 3er und Mercedes C-Klasse betreffen, schrieb das „Handelsblatt“. Hier sollten die Hersteller bei Umbaukosten von bis zu 3000 Euro 80 Prozent der Kosten übernehmen, so dass der Kunde höchstens 600 Euro selbst zahlt. Ein Zuschuss des Staates sei nicht vorgesehen. 

Scheuer reagiert am Dienstag auf den Bericht und machte deutlich, dass er bei einem Einbau von Katalysatoren die Diesel-Besitzer nicht mit Kosten belasten will: "Bei möglichen Hardware-Nachrüstungen für deutsche Diesel ist mein Ziel, die Selbstbeteiligung der Halter auf Null zu setzen", sagte er.

BDI-Präsident Dieter Kempf hat Vorbehalte gegenüber einer umfassenden Nachrüstung von Dieselfahrzeugen geäußert, damit diese die Abgas-Grenzwerte einhalten. „Ich glaube, dass man nach wie vor dieses Thema sehr technisch beurteilen muss und sehr sachlich beurteilen muss“, sagte er dem Deutschlandfunk am Dienstag. Er plädierte dafür, bei einer etwaigen technischen Nachrüstung von Diesel-Autos differenziert vorzugehen.
„Hardware-Nachrüstungen sind nicht bei jedem Automobil-Modell möglich“, sagte er. Zudem müsse, auch mit Blick auf die Übernahme von Kosten, unterschieden werden zwischen zwei Arten von Auto-Herstellern: denen, „die die Zulassung ihrer betroffenen Kraftfahrzeuge nicht rechtmäßig erworben haben und solchen, deren Fahrzeuge nach geltendem Recht zulassungsfähig waren und zugelassen wurden“. Er sei nicht sicher, ob man bei vielen Autos nicht mit schnell nachrüstbaren Software-Lösungen besser fahre.

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