Konzernumbau Henkel im Verteidigungsmodus

Das Waschmittel Persil von Henkel steht auf einem Leuchtband. Quelle: dpa

Die Coronapandemie belastet Henkel, auch die Kosmetiksparte schwächelt. Henkel-Chef Carsten Knobel will deshalb den Konzern umbauen. Doch er hat Probleme, Skeptiker von der neuen Struktur zu überzeugen.

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Es sind viele Fragen, die Carsten Knobel heute verneinen muss. Wird Henkel schwerfällig? „Nein“, sagt Knobel, „aus meiner Sicht das absolute Gegenteil“. Versteckt Henkel die Probleme der kriselnden Kosmetiksparte in der neuen Struktur, wird also weniger transparent? „Mitnichten.“ Rudert Henkel zurück? „Nein“, sagt Knobel wieder, „in keinster Weise“.

Vor vier Wochen hatte der Vorstandsvorsitzende von Henkel den Umbau des Konzerns angekündigt: Er will das schwächelnde Kosmetikgeschäft (Schwarzkopf, Schauma, Fa) mit den Wasch- und Reinigungsmitteln (Persil, Pril) zusammenlegen. Zehn Milliarden Umsatz hätte die neue Sparte namens „Consumer Brands“. Damit wäre sie ebenso umsatzstark wie das wesentlich erfolgreichere Klebstoffgeschäft.

Nun, bei der Pressekonferenz zum Geschäftsbericht 2021, verteidigt Knobel den geplanten Umbau. Kritik hatte es an den Plänen reichlich gegeben, insbesondere von Aktienanalysten: „Strategisch fragwürdig“, nannte etwa Pierre Tegner von Oddo BHF den Umbau. Eine Defensivmaßnahme, urteilte Christian Faitz von Kepler Cheuvreux. Tom Skyes von der Deutschen Bank warnte, dass der Umbau die Probleme noch verschärfen könnte. Andere sahen in dem Schritt eine Fokussierung Henkels auf das eigene Profil. Aber dennoch: Ist das wirklich der Befreiungsschlag, auf den der Konzern und seine Aktionäre warten?

Carsten Knobel hatte nicht viel Glück seit seinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender von Henkel im Januar 2020. Nur wenige Wochen später begann die Coronakrise. Sie traf Henkel schwer: Erst brach die Nachfrage der Industriekunden ein, Coronamaßnahmen erschwerten die Arbeit in den Produktionsstätten weltweit. Dann geriet die Logistik ins Chaos, Lieferketten brachen, zuletzt stiegen auch noch die Rohstoffpreise massiv an.

Die Corona- und Logistikkrise belastete auch im vergangenen Jahr die Geschäfte. Der Konzernumsatz lag mit 20,1 Milliarden Euro zwar wieder auf dem Niveau des Jahres vor der Coronapandemie, dort sorgte vor allem die Klebstoffsparte für Wachstum. Das bereinigte Betriebsergebnis (EBIT) erholte sich leicht, stieg um 4,2 Prozent auf insgesamt 2,7 Milliarden Euro, die Marge liegt weiterhin auf dem Niveau des Vorjahrs.

Im Vergleich zu Konkurrenten wie Unilever oder auch Beiersdorf aus Hamburg hängt Henkel weiterhin hinterher. Insbesondere bei der Kosmetik sind die Wettbewerber besser aufgestellt. Henkel zählt Schwarzkopf, Schauma oder Syoss zu seinen Marken. Aber das Geschäft wächst nicht aus eigener Kraft, gilt als zu klein, zu lokal. Einen großen Teil des Geschäfts macht Henkel in Europa mit Massenware. Dabei versprechen Premiummarken höhere Margen.

2021 sanken die Umsätze der Kosmetiksparte um zwei Prozent, das Ergebnis brach sogar um mehr als zwei Drittel ein. Grund dafür sei ein einmaliger Effekt, sagte Knobel, Henkel habe den Wert einer Technologie um 200 Millionen Euro nach unten korrigieren müssen. Auch die steigenden Rohstoffkosten und höhere Ausgaben für Werbemaßnahmen wirken sich auf den Gewinn aus.

Der Konzern will das Problem nun loswerden, in dem es sein Portfolio aufräumt. Im vergangenen Jahr hat Henkel bereits Produktgruppen mit einem Umsatzvolumen von 500 Millionen Euro abgestoßen oder zusammengestrichen – weitere Verkäufe sollen folgen.

Das Geld investiert Henkel in den Zukauf von Marken, die mehr Erfolg versprechen. So kündigten die Düsseldorfer erst vor wenigen Tagen an, dass sie das Asien-Geschäft der Premium-Friseurmarke Shiseido kaufen wollen. Das soll rund 100 Millionen Euro Umsatz bringen.

Doch das hilft Henkel nicht in Nordamerika. Es gibt keinen wichtigeren Markt für Konsumgüter, Henkel macht dort ein Viertel seines Umsatzes, schreibt allerdings kaum Gewinn. 2020 war das Betriebsergebnis sogar negativ, für 2021 verzeichnete Henkel immerhin ein EBIT von 27 Millionen Euro. Henkel „könne damit nicht zufrieden sein“, sagt Knobel. „Wir spüren vor allem die Folgen der Unterbrechung der Lieferketten“. Auch die steigenden Rohstoffkosten sind ein Problem. Konkurrenten gehen aggressiver in den Markt, da ist es schwierig, Preiserhöhungen durchzusetzen. Mit Gegenmaßnahmen und einem neuen Managementteam will Knobel das Unternehmen wieder auf Kurs bringen – wenn sich die Lieferketten in diesem Jahr denn nur wieder stabilisieren.

Mit dem Blick in die Zukunft tut sich Henkel weiter schwer. Für das kommende Jahr erwartet der Konzern nur ein Umsatzwachstum von zwei bis vier Prozent, die Marge könnte sogar sinken. Für seine Langfristziele will Henkel nicht mal einen Zeitraum festlegen.

Trotzdem soll der Umbau mehr Hoffnung auf die Zukunft geben. Ein gebündelter Geschäftsbereich für die Konsumgüter sei die „optimale Lösung“ für alle Beteiligten, so Knobel. Die Vorbereitung seien bereits getroffen, auch eine Struktur innerhalb der Sparte sei nun klarer: So soll es mit Laundry & Home Care (Waschmittel und Spülmittel) und Hair (Friseurgeschäft) künftig zwei global organisierte Produktbereiche geben. Die anderen Marken sollen regional geführt werden. Die erste Führungsriege stehe bereits fest, so Knobel. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen soll konzernweit von aktuell 38 Prozent in drei Jahren auf 50 Prozent steigen.

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Unklar ist dagegen, was der Umbau für die Angestellten bedeutet. Ein Teil der insgesamt 20.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollen gehen, so viel ist bereits angekündigt. Mehr will Knobel erst im Mai bekannt geben. Doch die Gespräche mit den Arbeiternehmervertretern seien „sehr konstruktiv“, beteuert der Konzernchef.

Spätestens Anfang 2023 soll der Umbau vollendet sein. Bis dahin muss sich Knobel noch weiter gegen Kritik wehren.

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