Kritik einfach weglächeln Das Erfolgsgeheimnis von Gwyneth Paltrow

Gwyneth Paltrow: Erfolgsgeheimnisse der Business-Frau Quelle: imago images

Gwyneth Paltrow ist nicht nur Schauspielerin. Sie ist auch Unternehmerin: Goop, ein Wellness-Blog mit angeschlossenem Shop, hat bei Investoren Millionen eingesammelt – und gilt als Musterbeispiel für gelungenes Marketing. Auf der SXSW verrät sie ihre wichtigsten Erfolgsgeheimnisse.

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Es gab da diese Momente, in denen sie in Meetings saß – und nicht wusste, was ein Software-as-a-Service-Business ist. Dann habe sie heimlich gegoogelt. Gwyneth Paltrow lächelt, als sie das erzählt. Sie hat allen Grund dazu: Paltrow hat mit Goop ein Unternehmen aufgebaut, das derzeit mit 250 Millionen Dollar bewertet wird. Sie musste dazu nicht wissen, was Software as a Service bedeutet.

Natürlich fühlt es sich für jeden, der im Publikum des Techfestivals SXSW sitzt, um von dieser Frau zu erfahren, wie man nach einer erfolgreichen Schauspiel-Karriere auch noch ein erfolgreiches Unternehmen aufbaut, gut an zu hören: Du musst nicht alles wissen. Paltrow wird grundsätzlich: „Wir brauchen mehr verletzliche Anführer.“ Eine Frage zu stellen, sei schließlich kein Zeichen für mangelnde Intelligenz.

Tosender Applaus.

Darum geht es in der neuen Welt von Oscar-Gewinnerin Gwyneth Paltrow: Vor elf Jahren hat sie von ihrem Küchentisch den Blog Goop gestartet. Es war ein Blick in ihren Alltag: Rezepte, Reisetipps, ein bisschen was zu dem, was in ihrem Kleiderschrank hing und wie sie sich fit hält. Den Newsletter, der nur für Freunde gedacht war, abonnierten bald auch Fans. Paltrow wurde Influencerin, ehe es Influencer gab. Bald baute sie einen Shop mit Wellness-Produkten um ihren Blog herum auf.

In dem charmanten Geständnis, heimlich in Meetings zu googeln, steckt eines ihrer vermutlich wichtigsten Erfolgsrezepte: Lächeln – und die Wissenslücke zur Tugend zu erklären.

So beliebt die Seite bei Frauen Mitte 30 mit einem üppigen Gehalt ist, sie ist auch umstritten: Manche Goop-Produkte wie etwa Flakons, auf deren Boden Kristalle schwimmen und die deshalb im wahrsten Wortsinne gute Laune versprühen sollen, halten die Kritiker nur für überteuert. Bei anderen, etwa Eiern aus Jade, die Goop in die Vagina einzuführen empfiehlt, um den Hormonhaushalt auszugleichen und auch Blasenschwäche zu lindern, warnen Ärzte sogar vor gesundheitlichen Schäden.

Paltrow hat ihren Weg gefunden, mit Kritik umzugehen: Sie lächelt sie weg. In Fernsehshows. Auf Instagram. Und nun eben auf der Bühne der SXSW.

Geschadet hat das der Marke kaum. Ganz im Gegenteil.

Paltrow, beige farbener Kaschmir-Pulli, die blonden Haare zum Zopf zusammengebunden, empfiehlt Entrepreneuren, Humor mit ins Unternehmen zu bringen. „Ich schere mich nicht mehr so sehr darum, was die Leute über mich sagen“, sagt sie weiter. Und spricht damit vielen ihrer Fans aus der Seele.

„Wir alle bringen unsere Traumata mit ins Büro“

Sie lobt ihren Mann dafür, dass er die Höhen und Tiefen ihrer Laune in den vergangenen vier Jahren mit seiner beständigen und zuverlässigen Art ausgeglichen hat. Sheryl Sandberg, bei Facebook fürs Tagesgeschäft zuständig und nebenbei noch Heldin für alle Karrierefrauen, sagte einmal, dass die Wahl des Partners die wichtigste berufliche Entscheidung sei. Ob Paltrow das auch so sehe, will die Moderation von ihr wissen.

Die Frau, die einst mit Brad Pitt und Ben Affleck zusammen und mit Chris Martin, dem Sänger der Band Coldplay, elf Jahre lang verheiratet war, lächelt einmal mehr. Selbst wenn man irgendwann feststelle, dass man den falschen Partner geheiratet habe, sei das doch trotzdem eine wunderbare Zeit gewesen. „Und wenn man auseinandergeht, hat man dadurch zumindest gelernt, wohin man will.“ Auch dies darf wohl nicht nur als Ratschlag für die eigene Beziehung verstanden werden – sondern auch für die Karriere.

Man kann all das, was Gwyneth Paltrow an diesem Nachmittag erzählt, als gutes Marketing abtun. Aber es sind eben auch wichtige Gedanken, die gut in eine neue Wirtschaftswelt passen. Eine Welt, die im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung unsicherer geworden ist. Eine Welt, in der auch diejenigen immer selbstbewusster ihren Platz in den Führungsetagen einfordern, die bislang zu kurz gekommen sind: Frauen und Einwanderer, Menschen mit einer Behinderung und Leute ohne Uni-Abschluss.

Paltrow präsentiert sich als Unternehmerin der neuen Art. Als Chefin, die sich verletzlich zeigt – und auch anderen zugesteht, sich verletzlich zu zeigen. „Menschen sind nun einmal Menschen. Wir alle bringen unsere Bürden und unsere Traumata mit ins Büro.“

Sie zitiert einen ihrer Mentoren mit dem Satz: „Deine Kultur ist dein Businessplan.“

Im August schließt ihr Unternehmen Goop für zwei Wochen. „Jeder soll die Chance bekommen, den Rechner runterzufahren.“ Denn natürlich sei es kein echter Urlaub, wenn ständig Slack-Nachrichten auf dem Smartphone landen. Jeder, der bei Goop arbeitet, kann zudem so viele freie Tage nehmen, wie er wolle. „Bislang hat das nur eine einzige Person jemals missbraucht.“

Und Paltrow präsentiert sich auch als wissbegierige Unternehmerin. In einem Interview mit dem Wall Street Journal hat sie einmal erzählt, dass sie manchmal einfach Leute, die sie bewundere, anschreibe, um etwas von ihnen zu lernen. Die Journalisten wollten damals wissen, ob mal jemand nicht zurückgerufen habe. Jeff Bezos, antwortete Paltrow. Kurz darauf hatte sie eine E-Mail in ihrem Postfach – von Jeff Bezos. Der Gründer und Chef von Amazon schrieb, dass er in der Zeitung gelesen habe, sie habe ein paar Fragen. Die beiden tauschten einige Nachrichten aus.

Sie bewundere, sagt Paltrow, dass Bezos mit seinem Unternehmen in immer neue Geschäftsbereiche dränge. „Ich wollte wissen, was die Psychologie, was der Antrieb dahinter ist.“ Ob sie Goop auch an Amazon verkaufen würde? Die Antwort kommt zügig – und natürlich mit einem charmanten Lächeln: „Ja, warum nicht?!“

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