K+S Kaliriese unter gewaltigem Druck

K+S hat viele offene Flanken: Der weltweite Kalimarkt schwächelt und in Deutschland gibt es mächtig Ärger wegen der Versenkung von Salzabfällen. Der Rohstoffkonzern bereitet die Aktionäre auf sinkende Gewinne vor.

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K+S erwartet schrumpfende Gewinne. Quelle: dpa

Frankfurt Keine einfachen Zeiten für K+S-Chef Vorstandschef Steiner: Die Aktie verliert seit Monaten an Wert. Das Unternehmen muss in wenigen Tagen den Dax verlassen. Und dann gibt es noch die Anklage wegen Gewässerverunreinigung, die die Staatsanwaltschaft Meiningen gegen Steiner und andere K+S-Verantwortliche erhoben hat. Die Negativschlagzeilen häufen sich.

Da konnte der Umsatz- und Gewinnstieg, den das Unternehmen am Donnerstag verkündete, die Stimmung auch nicht herumreißen. Weil sich die Nachfrage auf dem Kalimarkt eingetrübt hat, rechnet das Unternehmen mit einem deutlich niedrigeren Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr. Das kommt bei den Anlegern nicht gut an: Die Aktie verlor vorbörslich bei Lang+Schwarz rund zwei Prozent.

Seit dem Übernahmevorschlag des kanadischen Wettbewerbers Potash im vergangenen Sommer hat sich der Blick der Märkte auf K+S massiv verändert. Von einem wenig aufregenden Rohstoffkonzern waren die Kasseler über Nacht zu einem begehrten Investment geworden. Wie bekannt, wies K+S aber das inoffizielle Potash-Angebot zum Preis von 41 Euro je Aktie als zu niedrig zurück, was einige Anleger, die auf das schnelle Geld gehofft hatten, sehr verärgerte.

Steiner versprach, zu liefern. „Wir sehen in der K+S als eigenständiges Unternehmen allein mit dem, was wir bisher auf den Weg gebracht haben, langfristig weitaus mehr Potenzial“, betont der 61-Jährige im am Donnerstag veröffentlichten Brief an die Aktionäre erneut.

An der Entwicklung des Aktienkurses ist das bislang jedenfalls nicht abzulesen. Der büßte seit Mitte vergangenen Jahres rund die Hälfte des Wertes ein. Das liegt aber auch daran, dass die Nachfrage auf den Kalimärkten schwächelt und viele Unternehmen der Branche massiv an Wert verloren haben. Hinzu kommen die allgemeinen Börsenturbulenzen zum Jahresanfang, die die Dax-Werte ins Trudeln gebracht haben.

Nicht zuletzt drücken bei K+S auch eine Menge Leerverkäufe den Kurs. Laut Bundesanzeiger haben allein in diesem Jahr Hedgefonds mehr als neun Prozent der K+S-Aktien als Netto-Leerverkaufsposition erworben. Leerverkaufsspekulanten setzen auf fallende Kurse und verstärken oftmals den Abwärtstrend einer Aktie.

Da hilft es wenig, dass K+S im abgelaufen Geschäftsjahr seinen Gewinn zweistellig steigern konnte und seine Gewinnprognose – wenn auch am unteren Ende – erreichte.


Wird das Legacy-Projekt ein Erfolg?

„K+S hat sich im vergangenen Jahr achtbar geschlagen“, kommentierte Steiner die am Donnerstagmorgen vorgelegten Jahreszahlen. Trotz des zunehmenden Preisdrucks auf den Rohstoffmärkten und globaler Konjunktursorgen habe das Unternehmen den Umsatz um neun Prozent auf 4,2 Milliarden Euro steigern können. Das operative Ergebnis ohne Sondereffekte (Ebit) kletterte um 22 Prozent auf 782 Millionen Euro. Wegen des deutlich verbesserten Konzernergebnisses schlägt das Unternehmen eine um 28 Prozent höhere Dividende von 1,15 Euro je Aktie für das Geschäftsjahr 2015 vor.

Was aber fehlt sind Impulse, die auch der Aktie neuen Aufwind geben könnten. K+S versucht seit Monaten, gegenüber Anlegern das Potenzial seiner zweiten Sparte, des Salzgeschäfts, herauszustellen. Deren Wert spiegelt sich nach Meinung der Firma längst nicht ausreichend im Aktienkurs wider. K+S ist seit der Übernahme des US-Salzherstellers Morton Salt im Jahr 2009 größter Salzproduzent der Welt. Ein nahezu weißer Fleck ist für die K+S-Sparte aber die Region Asien-Pazifik. Hier würde K+S gerne zukaufen, wie Spartenchef Mark Roberts im Dezember dem Handelsblatt sagte. Aber einen Abschluss konnte K+S bisher noch nicht verkünden.

Große Hoffnungen setzt Vorstandschef Steiner, der das Unternehmen seit 2007 führt, außerdem auf das Legacy-Projekt in Kanada. Die Kalimine war Hauptgrund für Potash, eine Übernahme von K+S ins Auge zu fassen. Denn mit der Mine wird K+S den Kanadiern ab diesem Jahr sozusagen vor der Haustür Konkurrenz machen, um von dort aus neue Kunden auch in Asien zu beliefern. Die Kasseler hoffen darauf, dass die Märkte mit dem erfolgreichen Start der Produktion im Verlauf dieses Jahres den Wert des Projektes erkennen und die Aktie wieder Aufwind bekommt.

Eine neue Übernahmeofferte könnte den Papieren natürlich auch neue Impulse geben. Zwischendurch kamen wieder Spekulationen hoch. Potash-Chef Tilk allerdings hat das Übernahmethema erst im Januar erneut abgetan: „Das ist Geschichte!“ sagte er vor Analysten. Man beschäftige sich jetzt mit anderen Dingen. Schließlich haben auch die Kanadier mit der nachlassenden Kalinachfrage zu kämpfen und im Januar eine teuer produzierende Mine in Sussex auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Was K+S noch zu schaffen machen könnte, ist das Thema Abfallversenkung.


Kommt es in Thüringen zum Prozess?

Bei der Gewinnung von Kaliumchlorid fällen Salzabfälle an, die teilweise im Boden versenkt werden. Wegen des Verdachts der unerlaubten Abfallbeseitigung hat die Staatsanwaltschaft im thüringischen Meiningen kürzlich Anklage gegen Norbert Steiner sowie seinen Vorgänger und jetzigen Aufsichtsratschef Ralf Bethke erhoben. Angeklagt sind außerdem zwölf weitere Manager bei K+S sowie zwei jetzige und ein ehemaliger Mitarbeiter des Thüringer Landesbergamtes. Das Landgericht Meiningen muss nun entscheiden, ob die Anklage zum Prozess zugelassen wird.

Ausgangspunkt des Verfahrens ist eine Strafanzeige der thüringischen Gemeinde Gerstungen aus dem Jahr 2008. Sie wirft K+S vor, von 1999 bis 2007 insgesamt 9,5 Millionen Kubikmeter Salzlauge und andere Abfallstoffe in unterirdische Gesteinsschichten der Gerstunger Mulde versenkt zu haben. Die wasserrechtliche Erlaubnis für K+S erteilte damals das Thüringer Landesbergamt.

Das Unternehmen hält die Vorwürfe deshalb für unbegründet und stellt heraus, dass auch die fortlaufende Prüfung durch eine externe Kanzlei im Auftrag des Unternehmens in den vergangenen Monaten ergeben habe, dass keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten vorliegen. K+S sieht vor diesem Hintergrund auch keine Notwendigkeit, finanzielle Vorsorge – beispielsweise in Form von Rückstellungen – zu treffen.

Ein weiteres Thema ist die Versenkung der Salzabfälle in Hessen. K+S hat eine Übergangsgenehmigung vom Regierungspräsidium Kassel bis zum Jahresende erhalten. Wie es danach weiter geht, muss noch abschließend entschieden werden. Die aktuelle Erlaubnis ermöglicht nur eine eingeschränkte Versenkung von salzhaltigen Abwässern, weswegen K+S temporäre Produktionseinschränkungen im Werk Werra nicht ausschließt.

So oder so wird 2016 also ein Jahr der Herausforderungen für Konzernchef Steiner. Auch, weil unklar ist, wie sich die Nachfrage und damit das Preisniveau auf den internationalen Kalimärkten entwickelt. Großabnehmer Indien hat seine jährliche Bestellung wegen voller Läger erst einmal ausgesetzt. Und China wird nach den Erwartungen der Analysten der Citigroup wohl einen kräftigen Preisabschlag fordern. Der Gegenwind im Markt dürfte die Kurse der Kalihersteller noch einmal belasten, erwartet Analyst Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe.

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