K+S Klartext statt "niedlicher Prosa"

Ergebniseinbruch, Entsorgungsprobleme und Prozessrisiken: K+S steht eine stürmische Hauptversammlung bevor.

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Dem Kaliproduzenten steht eine stürmische Hauptversammlung bevor. Quelle: dpa

Wenn K+S-Chef Norbert Steiner am Mittwoch auf der Hauptversammlung vor die Aktionäre  tritt, wird die Arbeit im hessisch-thüringischen Kalisalzbergwerk Werra des Kasseler Rohstoffkonzerns stillstehen. Die Ruhe unter Tage wird jedoch nicht der Andacht an ihren Chef geschuldet sein, sondern dem Entsorgungsnotstand von K+S. Weil das Unternehmen nicht mehr weiß, wo es seine Salzabfälle aus der Kaliproduktion entsorgen soll, schickte der Konzern vor wenigen Tagen erneut rund 950 Bergleute im Werk Werra auf unbestimmte Zeit in Kurzarbeit.

Doch nicht nur die Kumpel im Werk Werra warten auf klare Aussagen von Norbert Steiner. Bei den Aktionären dürfte sich in den vergangenen Monaten viel Unmut über das Treiben der Manager in Kassel aufgestaut haben: Der Aktienkurs hat sich seit vergangenem Sommer fast halbiert, den DAX musste der Konzern im März verlassen und eine Anklage der Staatsanwaltschaft Meinigen gegen Steiner, seinen Aufsichtsratschef Ralf Bethke und rund ein Dutzend weiterer teils ehemaliger K+S-Leute erschüttert den Konzern. Zwei Kleinaktionäre haben Gegenanträge gestellt und fordern, den Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Die Ergebnisse des ersten Quartals dürften dabei nicht eben zur Beruhigung der Aktionäre beitragen: Der Umsatz sackte im Vergleich zum Vorjahresquartal um ein Fünftel auf 1,1 Milliarden Euro ab. Das operative Ergebnis brach im ersten Quartal um 31 Prozent ein und liegt bei 218 Millionen Euro. Der bereinigte Gewinn liegt mit 147,9 Millionen Euro rund ein Viertel unter dem Verleichswert. Wegen des schwachen Kalipreises rechnet K+S für das Gesamtjahr zudem mit einem moderaten Umsatzrückgang und einer deutlichen Verringerung des operativen Ergebnisses.

Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, spricht zwar von einem „ordentlichen Ergebnis“, das K+S 2015 abgeliefert hat. Vom Vorstand erwartet er sich allerdings endlich Klartext. Besonders der abgewehrte Übernahmeversuch durch den kanadischen Konkurrenten Potash sorgt  bei vielen Aktionären nachträglich für Unmut: Noch im vergangenen Sommer hatte Potash einen Kaufpreis von 41 Euro je Aktie vorgeschlagen, was Steiner aber zurückwies, da das Angebot „den fundamentalen Wert von K+S nicht angemessen reflektiert.“ Nur: Die Aktie ist seitdem auf Sinkflug gegangen und notiert nun bei rund 22 Euro. „Ich warte auf eine Erklärung von Herrn Steiner, wie er auf seine Bewertung des Unternehmens kommt und warum der Markt so doof ist, diese nicht zu teilen.“

Auf Antworten von Steiner wartet auch der Vermögensverwalter und auf Hauptversammlungen gefürchtete Aktionär Karl-Walter Freitag. In dem von ihm gestellten Gegenantrag beklagt Freitag neben der „Kursvernichtung“ auch die „niedliche Prosa“ Steiners in Bezug auf das Prozessrisiko. Obwohl die Staatsanwaltschaft Meiningen eine Abschöpfung von Einnahmen in der Höhe von 325  Millionen Euro fordert, hat K+S keine Rückstellungen gebildet.

Zukunftshoffnungen und Phantasiezahlen

In seiner Quartalsmitteilung teilt K+S zu dem Prozessrisiko mit, dass das Unternehmen „unverändert“ der Überzeugung sei, dass die strittige Genehmigung zur Versenkung von Salzabwässern unter der thüringischen Gemeinde Gerstungen in den Jahren 1999 bis 2007 rechtmäßig gewesen sei. Zudem habe eine Prüfung durch eine externe Kanzlei ergeben, dass keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten vorliegen würden. Ob das Landgericht Meiningen die Anklage zulässt, wird das Gericht in den kommenden Wochen bekannt geben. Derzeit erarbeitet K+S eine Stellungnahme zur Anklage.

Für Anlegerschützer Hechtfischer ist die Anklage der Staatsanwaltschaft Meiningen kein Grund dem Vorstand die Entlastung zu verweigern: „Ich sehe das formaljuristisch. Der Vorwurf bezieht sich auf den Zeitraum von 1999 bis 2007. Um diesen Zeitraum geht es bei der Entlastung allerdings nicht.“ Was Hechtfischer im Sinne der Anleger allerdings erfahren will, sind die Gründe, mit denen die externe Kanzlei in ihrem bislang unveröffentlichten Gutachten die angeklagten Manager entlastet.

Antworten erwartet sich Hechtfischer auch zur Zukunftshoffnung von K+S, der Kali-Mine Legacy in der kanadischen Provinz Saskatchewan. Im Sommer 2016 soll die Mine in Betrieb gehen. Das Investitionsbudget von 4,1 Milliarden kanadischen Dollar wird laut K+S eingehalten. Doch angesichts des schwachen Kalipreises ist Hechtfischer skeptisch: „Angesichts des Kalipreises kann Legacy nur langfristig profitabel werden.“ Zudem verweist der Anlegerschützer darauf, was Potash mit der Legacy-Mine gemacht hätte: „Potash hätte Legacy bei einer Übernahme nicht weitergebaut, um keine Überkapazitäten auf dem Kalimarkt zu schaffen.“

Der Aktionär Freitag beklagt in seinem Gegenantrag die „Phantasiezahlen“, die K+S an Legacy knüpfen würde. Doch nicht nur die Aktionäre dürften auf Steiners Aussagen am Mittwoch gespannt sein. Auch die Bergleute im Kalisalzbergwerk Werra wollen erfahren, wie es mit ihrer Grube weitergeht.

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